12. Oktober 2020
Auf dem Weg zum emissionsfreien Fliegen
Lebt damit der Traum vom grünen Fliegen oder erklingt hier weit entfernte Zukunftsmusik? Die Ankündigung von Airbus ließ nicht nur die derzeit arg gebeutelte Luftfahrtbranche ordentlich aufhorchen: In 15 Jahren will der europäische Luftfahrtkonzern ein Passagierflugzeug mit Wasserstoffantrieb herstellen. „Unser Ehrgeiz ist es, eine solche Maschine als erster Hersteller 2035 in Betrieb zu nehmen“, sagte Konzernchef Guillaume Faury Ende September gegenüber französischen Medien.
Bisher wurden luftfahrtbasierte Wasserstoffantriebe zumeist im kleineren Rahmen und in Projekten wie mit dem viersitzigen Wasserstoffbrennzellen-Flugzeug vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) erprobt. Airbus‘ Ansage, das erste mit Wasserstoff betriebene Verkehrsflugzeug der Welt zu entwickeln, zeigt, dass der Einsatz von Wasserstoff als Bestandteil synthetischer Treibstoffe wie auch als Hauptenergielieferant für Flugzeuge durchaus das Potenzial hat, die Klimaauswirkungen des Luftverkehrs auch im großen Ausmaß zu reduzieren.
In den nächsten fünf Jahren soll laut Airbus die Technologie entwickelt werden, die Suche nach Produzenten und Zulieferern nehme zwei weitere Jahre in Anspruch, und ab 2027 würden das Wasserstoffflugzeug wie auch die gewaltige Infrastruktur auf dem Boden gebaut.
Wasserstoff gilt als wichtiger Baustein für eine klimafreundliche Energieversorgung. Bei der Nutzung entstehen keine Treibhausgase, aber für die Klimabilanz entscheidend ist hierbei, in Herstellungsverfahren den Wasserstoff CO2-frei zu produzieren. Über klimaneutrale Energiezufuhr, also vor allem Strom aus regenerativen Quellen wie Sonne, Wind oder Wasser, kann der gemeinhin als grüner Wasserstoff bezeichnete Rohstoff gewonnen werden.
In Österreich wurde die Entwicklung und Förderung von klimaschonenden Treibstoffalternativen für die Luftfahrt als wesentlich erkannt und als solche auch im aktuellen Regierungsprogramm festgehalten. Das Klimaschutzministerium (BMK) fördert deshalb nationale Initiativen und unterstützt europäische Bestrebungen, die eine zukunftsorientierte, klimaneutrale Luftfahrt ermöglichen. Zu den klimaschonenden Treibstoffalternativen zählen biobasierte und synthetische Kraftstoffe, sowie alternative Antriebssysteme die beispielsweise mittels Wasserstoff betrieben werden. Das BMK hat sich zum Ziel gesetzt, die Markteinführung alternativer Kraftstoffe sowie den Aufbau industrieller Anlagen zur Herstellung synthetischer Kraftstoffe voranzutreiben.
Das österreichische FTI-Förderungsprogramm für die Luftfahrt namens TAKE OFF stellt das Hauptinstrument zur Entwicklung CO2-freier Kraftstoffe und alternativer Antriebe für die Luftfahrtbranche in Österreich dar. Das Programm wurde bereits 2002 ins Leben gerufen und setzt mit der kommenden Ausschreibung diesen Herbst 2020 einen neuen Schwerpunkt, bei dem Anwendungspotentiale von Wasserstoff für die österreichische Luftfahrt untersucht werden sollen. Ziel ist es, alle österreichischen Akteure für die Mitgestaltung der neuen, emissionsarmen oder gar -freien Flugzeuggeneration fit zu machen. Die Entwicklung neuer wasserstoffbetriebener Luftfahrtkonzepte steht auch auf der Forschungsagenda der Europäischen Kommission. Im Rahmen der Horizon Europe Partnerschaftsinitiative Clean Aviation bilden sie die Förderungsschwerpunkte der nächsten Jahre.
Darüber hinaus existiert auf europäischer Ebene auch die Vision, bis 2050 einen gänzlich CO2-neutralen Luftverkehr zu verwirklichen. Unter anderem mittels der geplanten Initiative ReFuelEU Aviation, welche dazu beitragen soll das Angebot und die Nachfrage alternativer Treibstoffe in der EU zu fördern. Biobasierte und synthetische Treibstoffe stellen besonders kurz- und mittelfristig eine attraktive Möglichkeit dar, den CO2-Ausstoß im Luftverkehr nachhaltig zu reduzieren.
Zum einen existieren bereits jetzt biobasierte Treibstoffe, welche dem Kerosin bis zu einem Anteil von 50 Prozent beigemischt werden können. Experten gehen davon aus, dass synthetische Kraftstoffe in den nächsten Jahren den Markteintritt schaffen können und eventuell in fünf bis sieben Jahren kostendeckend produziert werden können. Zum anderen sind für diese Art Treibstoffe keine technischen Anpassungen am Flugzeug erforderlich. Bodenseitige Maßnahmen vom Flughafen sind ebenso kaum notwendig, da dieser hauptsächlich für die Bereitstellung biobasierter und synthetischer Treibstoffe sorgen muss.
Festzustellen ist aber, dass der Einsatz neuer Antriebssysteme im Passagierverkehr sich zur Zeit noch auf einer niedrigeren Entwicklungsstufe befindet und auch einer grundlegend neuen Infrastruktur bedarf. Flughäfen benötigten dann eine Zusatzinfrastruktur mit Ladestationen und einem System an Pipelines, die den Flüssigwasserstoff herbeischaffen. Zur Schaffung dieser in den europäischen Mitgliedsstaaten soll auch die vorhandene EU-Richtlinie zu Alternatives Fuels Infrastructure überarbeitet werden. Auch wenn der anfängliche Aufwand bei wasserstoffbetriebenen Flugzeugen höher sein wird, hat dieses im Endeffekt ein größeres Potential Emissions zu reduzieren, wie auch folgende Grafik unterstreicht:
Der Traum vom CO2 -freien Fliegen bleibt uns also erhalten, insofern der klimafreundliche Wasserstoff – der sogar die markanten Kondenzstreifen vom Himmel verschwinden ließe – selbst auch klimafreundlich produziert wird. So könnte künftig beim Fliegen mit der Wasserstofftechnologie nur mehr Wasserdampf emittiert werden, dessen Klimawirkung bis zu zehn Mal geringer ist als die von CO2.