Kategorie Innovation & Technologie - 20. April 2021

Erfolgreicher Mars-Hops von Ingenuity: »Wir haben Geschichte geschrieben«

Er flog drei Meter hoch und fotografierte seinen eigenen Schatten auf der Marsoberfläche: Der Mars-Helikopter Ingenuity hat seinen ersten Flug erfolgreich absolviert

Die NASA sprach von einem „Wright Brothers Moment“, in Anspielung an den historischen ersten Motorflug der Gebrüder Wright 1903. Und da die NASA traditionell auf symbolische PR setzt, hatten Ingenieur:innen ein Relikt dieser historischen Leistung unter den Solarpaneelen des Mars-Helikopters befestigt: Ein winziges Faserstück von dem Stoffmaterial, mit dem die Gebrüder Wright die Flügel ihres ersten Motorflugzeugs, des Wright Flyers, bespannt hatten. Ein Flug für die Geschichte also – im doppelten Sinne.

 

„Wir haben Geschichte geschrieben“ – mit diesen Worten kommentierte auch der an der Universität Klagenfurt tätige Schweizer Forscher Stephan Weiss den historischen Erstflug des Mars-Hubschraubers Ingenuity. Er habe noch nie in seinem Leben derart gebannt auf eine Grafik geschaut, wie heute auf die Aufzeichnung des Höhen-Sensors der Drohne, die den ersten Flug auf einem anderen Planeten belegt, sagte Weiss, Leiter des Instituts für Intelligente Systemtechnologien der Uni Klagenfurt am Montag im Gespräch mit der APA.

Der Flug ging nur drei Meter hoch und währte nur 30 Sekunden. Trotzdem ist der Flug der Forschungsdrohne auf dem Mars historisch. Die Technologie funktioniert und es ist das erste Mal, dass ein von Menschen gebauter Helikopter auf einem fremden Himmelskörper abgehoben hat. Um 12 Uhr 50 mitteleuropäischer Zeit vermeldete die US-Weltraumbehörde Nasa den erfolgreichen Flug im Jezero-Krater auf dem Mars. In einem Livestream waren die zuständige Projektmanagerin MiMi Aung vom Jet Propulsion Laboratory (JPL) im kalifornischen Pasadena und ihr Team jubelnd zu sehen. Gezeigt wurde auch eine Aufnahme, die den Schatten des fliegenden Helikopters auf der Marsoberfläche zeigt.

Die mehrfachen Verschiebungen des Fluges haben Weiss im Vorfeld ordentlich nervös werden lassen. Dass es etwas gedauert hat, sei aber als Zeichen dahin gehend zu werten, dass die Kollegen vom Jet Propulsion Laboratory (JPL) des California Institute of Technology (Caltech), wo Weiss zwischen 2012 und 2015 einer der Entwickler der technologischen Grundlagen des Erfolges war, „die Sache wirklich ernst nehmen“.

Die Vorsicht und Akribie „hat sich geloht, denn der Flug ist ja soweit erfolgreich gewesen“. Der weiterhin in das spektakuläre Projekt involvierte Wissenschafter hat den Algorithmus zur Orientierung von Ingenuity auf Basis von Kameraaufnahmen entscheidend mitentwickelt. Dass es nun tatsächlich geklappt hat, sei „ein ganz, ganz spezieller Moment“, betonte Weiss.

Vor dem ersten Bild, das den Flug letztlich bezeugte, zeigte schon ein Plot der Sensor-Aufzeichnungen, dass der Abflug erfolgt ist: „Ich habe in meinem Leben noch nie so gespannt und erfreut auf einen so einfachen Graphen geschaut. In diesem Moment passiert dann das ganze Projekt so ein bisschen Revue.“ Ein erster großer Höhepunkt war die Frage des damaligen JPL-Chef Charles Elachi in Richtung des nunmehrigen Professors an der Uni Klagenfurt: „Können wir das auf dem Mars fliegen?“ Dies könne man jetzt endgültig mit einem „Ja“ beantworten.

Die Ideen für weitere Flüge bekommen nun entsprechend Auftrieb. Zusätzliche Tests sollten jetzt ausloten, wie stabil am Roten Planeten geflogen werden kann. „Man hat auch im Video gesehen, dass der Helikopter aus meiner Sicht doch merklich hin und her geschwankt ist“, so Weiss. Auf die Erklärungen dieses Effekts sei der Forscher nun sehr gespannt. „Dann muss man natürlich langsam vorgehen“ und die nächsten Manöver sorgfältig planen.

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INFObox: Das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) ist zugleich auch Weltraumministerium und investiert jährlich rund 70 Millionen Euro in den Weltraumsektor. Unter Einrechnung der EU-Flagschiffprogramme Copernicus, Galileo/EGNOS und H2020 liegt Österreichs Beitrag bei etwa 100 Millionen Euro pro Jahr. Österreich finanziert Programme der ESA mit und ermöglicht österreichischen Betrieben so, sich für Aufträge im Rahmen der ESA-Missionen zu bewerben.