Kategorie Innovation & Technologie - 13. Januar 2020

Europas größte Flughalle für die Drohnenforschung steht in Klagenfurt

Es ist eine Halle beeindruckenden Ausmaßes und erinnert fast an einen Hangar für größere Fluggeräte. In dem 150 Quadratmeter großen und bis zu 10 Meter hohen Raum sollen jedoch die kleinsten Flieger in die Luft gehen. Die Rede ist von Drohnen, deren Ortung und Flugverhalten Drohnenforscherinnen und -forscher in einer eigens entwickelten Flughalle an der Universität Klagenfurt testen können. Hoch moderne Forschungsinfrastruktur, die den Drohnenhub Klagenfurt in neue Sphären heben soll.

 

„Die Entwicklung technologischer Innovationen braucht entsprechende Infrastruktur. Die Drohnenforschung steht vor großen logistischen und technologischen Herausforderungen, ist der Luftverkehr hierzulande doch besonders engmaschig gestaltet und Testflüge sind vielerorts nur schwer möglich“, so Stephan Weiss, Professor am Institut für Intelligente Systemtechnologien der Universität Klagenfurt.

Es bräuchte also geschützte Räume wie diese bis zu 1.300 Kubikmeter große Drohnenflughalle, die seinem Forschungsteams optimale Bedingungen zur Erprobung neuer Technologien bietet. Weiss leitet die Gruppe Control of Networked Systems, in welcher an neuen Drohnenflugtechnologien, unter anderem an der kamerabasierten Navigation (ohne GPS) geforscht wird.

 

Zentral ist bei dieser Forschung: Man muss Drohnen und deren Lage möglichst genau erfassen und lokalisieren können. In der Klagenfurter Drohnenhalle wird dies über 37 hochpräzise Kameras erfolgen, die mit Hilfe von Infrarot-LEDs jede Bewegung im gesamten Volumen der Halle verfolgen.

Er ist überzeugt, dass eine solche Infrastruktur nicht nur für Lehre und Forschung an der Universität Klagenfurt unentbehrlich ist, sondern auch viele Möglichkeiten für andere Institutionen und Firmen bieten kann: „Die Öffnung der Halle zur Nutzung für Externe wird für alle Beteiligte wertvolle Einsichten und Erfahrungen bringen, sodass wir die Drohnen-Technologie der Zukunft gemeinsam definieren können“, so Weiss.

Seit über zehn Jahren wird in Klagenfurt intensiv an neuen Technologien für Drohnen und Drohnenschwärme geforscht. So wurde beispielsweise in Kooperation mit Einsatzkräften wie der Feuerwehr an der Weiterentwicklung von Übersichtsbildern gearbeitet, die von Drohnen aufgenommen (und entsprechend zusammengesetzt) werden müssen. Ein anderer Schwerpunkt beschäftigt sich mit der Koordination zwischen Drohnen, also der Idee, Drohnen – ähnlich einem Vogelschwarm in der Natur – selbstorganisiert und ohne zentrale Programmierung fliegen zu lassen.

Schwer einzufangende Dimensionen. © aau/Daniel Waschnig

Mit den Studienzweigen „Autonomous Systems and Robotics” und „Networks and Communications“ im Masterstudium „Information and Communications Engineering“ bietet die Universität Klagenfurt darüber hinaus ein Masterprogramm für interessierte Informationstechnikerinnen und -techniker an.

AIRlabs Austria

Auch das Verkehrsministerium (BMVIT) unterstützt im Rahmen des Luftfahrtprogramms Take Off, dem nationalen FTI-Programm für die zivile Luftfahrt, den Aufbau und Betrieb von Testinfrastrukturen für Drohnen. Seit 2018 wurde dazu ein Innovationslabor im Wettberwerbsverfahren über Take Off ausgeschrieben. Im Sommer 2019 wurde im Rahmen von AIRlabs Austria beschlossen, ein österreichweit neuartiges Innovationslabor für autonomes Fliegen aufzubauen.

Ein Konsortium um die FH Joanneum erhielt den Zuschlag für das 5-jährige Projekt. Das Siegerkonsortium überzeugte vor allem durch sein einzigartiges Multisite-Konzept über sechs Stufen, das Forschung und Entwicklung, Validierung sowie Einsatz in Realumgebung über alle Technologiereifegrade hinweg abdeckt. Es bringt namhafte Partner aus Industrie, Forschung und Bedarfsträgern zusammen.

Dies erlaube ein Testen verschiedenster Drohnenanwendungen wie beispielsweise flugdynamischer Eigenschaften bei herausfordernden Wetterbedingungen im alpinen Bereich, den Flugbetrieb in Städten aber auch die Überwachung kritischer Infrastrukturen wie zum Beispiel Energienetze, betonten die Projektverantwortlichen.

Zudem kommt diese Entscheidung in Hinblick auf die neue EASA-Drohnenverordnung (siehe unten) zum rechten Zeitpunkt: Die Infrastrukturen ermöglichen es dem BMVIT nun in kontinuierlicher Abstimmung mit Vertreterinnen und Vertretern aus Forschung und Wirtschaft die Rahmenbedingungen für die nationale Umsetzung der Verordnung, wie zum Beispiel die Definition der geforderten Sperrzonen, zu schaffen.

„Das Testen unterschiedlichster Anwendungen für Unmanned Aerial Systems (UAS) wird nun möglich und neue Lösungen aus F&E Vorhaben können sowohl in Labor- als auch in Echtumgebungen realisiert werden. Besonders erfreulich ist es, dass sich ein ausgewogenes Konsortium mit 24 namhaften Partnern aus Wissenschaft, Wirtschaft und der Bedarfsträger aus ganz Österreich für dieses Vorhaben gebildet hat“, betont Klaus Pseiner, Geschäftsführer der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft FFG anlässlich der Bewilligung des Projektes.

Bundesländerübergreifende Testgebiete

Dies wird nun mit dem vom BMVIT (über die österreichische Forschungsförderungsgesellschaft FFG) und den 24 Konsortialpartnern getragenen Projekt AIRlabs möglich: Entsprechende Testgebiete werden österreichweit (aus-)gebaut. Diese sollen dann auch allen Partnern für Forschungs- und Entwicklungszwecke zur Verfügung stehen. In Kärnten wird es neben der 1400m³ großen Drohnenflughalle, die derzeit im Lakeside Park entsteht (Eröffnung im Winter 2019), ein mehrere Hektar großes Gebiet in Oberkärnten geben, das den Test großer Drohnenanwendungen ermöglicht.

© Austro Control

Die Klagenfurter Forscherinnen und Forscher arbeiten zu vielerlei Anwendungsfeldern mit Drohnen. Dies reicht von der Optimierung von Lieferdiensten, der Navigation in GPS-freien Gebieten (wie beispielsweise in der Raumfahrt) bis hin zum Einsatz von Drohnen in Katastrophenfällen und in der Industrie.

Eckpunkte des neuen Drohnenregulativs

Bereits am 11. Juni 2019 wurde eine neue EU-Drohnenverordnung publiziert. Drohnen sollen demnach künftig nach Größe und maximaler Flughöhe in die Kategorien open, Specific und Certified eingeteilt.

Drohnen zwischen 250 g und 25 kg müssen zukünftig registriert werden. Eine behördliche Bewilligung ist nicht mehr erforderlich, sofern das Gerät in Sichtverbindung betrieben wird, eine Flughöhe von 120 m nicht überschritten wird und ein sicherer (je nach Gewicht des Gerätes entsprechend großer) Sicherheitsabstand zu Menschen eingehalten wird (open Kategorie).

Erforderlich wird auch die Absolvierung eines Online-Trainings inklusive Test zum Nachweis der erforderlichen Kenntnisse sein.

Abhängig vom Gewicht der Drohnen (Unmanned Aircraft Sytem, UAS) werden diese in weitere Sub-Kategorien unterschieden:



  • A1 sind UAS <250g die nicht über Menschenansammlung betrieben werden dürfen.

  • A2 sind UAS <4kg die in einem Mindestabstand zu Personen von 30m bzw. im low-speed mode 5m aber nicht über Menschenansammlungen betrieben werden dürfen.

  • A3 sind UAS <25kg die nicht über Menschenansammlungen bzw. im Nahbereich von Menschen (Mindestabstand 150m) betrieben werden dürfen.

Behördliche Bewilligungen braucht man künftig dann nur mehr für das Fliegen mit Drohnen in der Specific oder der Certified Kategorie, also für Geräte die schwerer als 25kg sind, die außerhalb einer Sichtverbindung betrieben werden oder die für spezielle Einsätze vorgesehen sind.

Es wird für die Staaten auch die Möglichkeit geben, Zonen festzulegen, wo auf keinen Fall geflogen werden darf, wie beispielsweise in der Nähe von Flughäfen.

© apa

In Zukunft können jedoch in Österreich registrierte Drohnen der open Kategorie auch im EU-Ausland betrieben werden. Das war bisher nicht der Fall und man brauchte für die meisten Länder eine entsprechende Bewilligung des Fluggerätes.

Dem Verkehrsministerium (BMVIT) obliegt es nun, gemeinsam mit Vertretern der Forschung und der Industrie Rahmenbedingungen für die Umsetzung der Verordnung zu kreieren, so Swen Göring von der Stabsstelle Sicherheitsmanagement im BMVIT.

Die zuständige Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) hat nun eine EU-Verordnung ausgearbeitet, mit der das Fliegen mit Drohnen in der EU einheitlich geregelt wird. Nach einer einjährigen Übergangsfrist wird das neue Regulativ ab Juli 2020 für Österreich zur Anwendung kommen. Bis dahin gelten noch die derzeitigen österreichischen Drohnen-Regeln. Für Drohnen der Kategorie open werden zwei Jahre für die Umsetzung der Vorgaben gewährt.

Das neue europäische Drohnen-Regulativ hat sich in vielen Punkten das derzeit in Österreich geltende Regelwerk zum Vorbild genommen. Expertinnen und Experten von Austro Control und des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) haben sich in die Entwicklung der europäischen Regeln mit Ihrer Expertise und Ihren Erfahrungen eingebracht.

Der Betrieb über Städten und Dörfern und vor allem bei Menschenansammlungen bei Veranstaltungen, Sportevents, Konzerten und Unfällen ist aus Sicherheitsgründen freilich weiterhin verboten, nur mit besonderer Bewilligung im Einzelfall möglich. Strengstens verboten ist auch der Betrieb in der unmittelbaren Nähe von Flughäfen.

Service: Mehr Infos zu Drohnen.