Kategorie Klima- & Umweltschutz - 22. April 2024

Jahr der Extreme: 2023 war es in Europa um 2,5° wärmer als vor der Industrialisierung

Copernicus-Bericht: 1,6 Millionen Menschen von Überflutungen betroffen – Wetter- und klimabedingte Schäden auf über 10 Milliarden Euro geschätzt

In Europa steigen die Temperaturen seit den 1980er Jahren fast doppelt so schnell wie im globalen Durchschnitt, geht aus dem aktuellen Bericht „European State of the Climate 2023“ („ESOTC“) des EU-Klimabeobachtungsdienstes Copernicus hervor. Zurückzuführen sei das unter anderem auf den Anteil der Arktis – der sich am schnellsten erwärmenden Region der Welt – sowie auf Veränderungen der atmosphärischen Zirkulation, die häufigere sommerliche Hitzewellen begünstigen würden.

In den vergangenen fünf Jahren war es nach Angaben von Copernicus in Europa durchschnittlich 2,2 Grad wärmer als in der vorindustriellen Zeit, weltweit waren es 1,2 Grad. Die drei wärmsten Jahre, die für Europa aufgezeichnet wurden, datieren alle nach 2020, die zehn wärmsten nach 2007.

Viele Menschen in Europa waren im Vorjahr mit extremen Wetterbedingungen und ihren Folgen konfrontiert. So seien 2023 so viele Tage mit enormer Hitze wie nie seit Beginn der Aufzeichnungen registriert worden. Insgesamt sei das vergangene Jahr – je nach Datensatz – das zweitwärmste oder zusammen mit 2020 das wärmste Jahr in Europa gewesen. Die Folgen für die öffentliche Gesundheit sind beträchtlich und werden sich bei fehlender Anpassung im Gesundheitswesen noch verschärfen.

„2023 war ein komplexes und vielschichtiges Jahr, was die Klimagefahren in Europa angeht“, sagte der Direktor des Copernicus Climate Change Service (C3S), Carlo Buontempo. „Wir wurden Zeuge von weitverbreiteten Überschwemmungen, aber auch von extremen Waldbränden mit hohen Temperaturen und schweren Dürren.“ Diese Ereignisse hätten nicht nur die natürlichen Ökosysteme belastet, sondern auch die Landwirtschaft, die Wasserwirtschaft und die öffentliche Gesundheit vor große Herausforderungen gestellt.

Dem Bericht zum Zustand des Klimas in Europa (ESOTC) zufolge waren im vergangenen Jahr rund 1,6 Millionen Menschen von Überflutungen betroffen, mehr als eine halbe Million Menschen von Stürmen. Die wetter- und klimabedingten Schäden werden auf weit mehr als 10 Milliarden Euro geschätzt. „Leider ist es unwahrscheinlich, dass diese Zahlen in naher Zukunft kleiner werden“, sagte Buontempo mit Blick auf den fortschreitenden Klimawandel.

Über ganz Europa gemittelt waren im vergangenen Jahr elf Monate überdurchschnittlich warm. Der September sei sogar der wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1940 gewesen. Insgesamt sei ein Rekordwert an Tagen mit sogenanntem extremen Hitzestress registriert worden, also gefühlten Temperaturen von über 46 Grad. Die Zahl der hitzebedingten Todesfälle sei in den vergangenen 20 Jahren im Schnitt um 30 Prozent gestiegen.

Insgesamt fiel im vergangenen Jahr sieben Prozent mehr Regen als im Durchschnitt. Es sei eines der nassesten bisher registrierten Jahre gewesen, heißt es in dem Bericht. In einem Drittel des Flussnetzes in Europa seien Wassermengen verzeichnet worden, die die Hochwasserschwelle überschritten. So gab es schwere Überflutungen unter anderem in Italien und Griechenland, Ende des Jahres waren Teile Norddeutschlands betroffen.

Die Meere rund um die europäischen Küsten waren im Mittel so warm wie nie zuvor seit mindestens 1980. Auch auf den Gletschern war es viel zu warm. „Nach dem Rekord-Eisverlust im Jahr 2022 war es ein weiteres außergewöhnliches Verlustjahr in den Alpen“, schreiben Copernicus und WMO. In diesen beiden Jahren verloren die Gletscher in den Alpen demnach rund zehn Prozent ihres Volumens.

Gleichzeitig waren die Bedingungen für die Herstellung von Ökostrom im Jahr 2023 dem Bericht zufolge sehr günstig, sein Anteil am gesamten Strommix lag mit 43 Prozent so hoch wie nie zuvor.

10. Monat in Folge: Weltweit wärmster März seit Beginn der Aufzeichnungen