Kategorie Klima- & Umweltschutz - 25. September 2024

Extremregenfälle durch Klimawandel doppelt so wahrscheinlich

Der extreme Regen, der Teile Österreichs überschwemmte, ist ein klares Symptom der Klimakrise. Die Wahrscheinlichkeit für solche Katastrophen hat sich laut jüngsten Analysen verdoppelt.

Noch nie seit Beginn der Aufzeichnungen hat es in Zentraleuropa so viel geregnet wie vom 12. bis zum 16. September, mindestens 24 Personen kamen infolge der sintflutartigen Niederschläge in Zentral- und Osteuropa ums Leben, Tausende musste ihre Häuser verlassen, Brücken, Verkehrsverbindungen und Energieinfrastruktur wurden beschädigt. Bis alle Spuren der Verwüstung beseitigt sind, wird es noch Monate dauern. Betroffen war eine ungewöhnlich große Region von Deutschland über Österreich bis Rumänien, deutlich größer als bei den historischen Fluten 1997 und 2002.

Durchschnittliche Tagesmengen an Niederschlag (Schattierung) und Luftdruck (Konturen) über Mitteleuropa vom 12. bis 15. September 2024 im ERA5-Modell.

Wie hängen Extremregen und die folgenden Überschwemmungen von Mitte September mit dem Klimawandel zusammen? Wetter ist nicht Klima und vice versa, war eine gern herumgereichte Phrase schon während der Katastrophe. Die Zusammenhänge bleiben jedoch komplex. Expertinnen waren sich schnell einig, dass zwar ein Einzelereignis selbst nicht vollständig durch den Klimawandel verursacht wird, sich die menschengemachte Erderhitzung bei den gerade erlebten Unwettern aber deutlich verschärfend ausgewirkt hat.

Wie sehr, haben Forscherinnen und Forscher der „World Weather Attribution“ nun mit Messdaten unter anderem aus Österreich untersucht. Das Ergebnis: Der „Fingerabdruck“ des Klimawandels und damit auch des Menschen ist klar messbar, wie es in der soeben im Fachmagazin „Scientific Reports“ erschienenen Studie heißt.

Spannbreite von 7 bis 20 Prozent

Festgestellt hat man das, indem man die Welt, wie sie heute ist – mit einer aktuellen durchschnittlichen Erwärmung um 1,3 Grad Celsius -, mit einem Modell verglichen hat, wie die Welt ohne diese Erwärmung aussehen würde. Nicht nur diese Modellrechnung stützt die Aussage, dass die jüngsten Ereignisse den Einfluss des Klimawandels zeigen, sondern auch die Physik: Schon seit dem 19. Jahrhundert ist mathematisch belegt, dass eine wärmere Atmosphäre mehr Feuchtigkeit aufnehmen kann, was man auch bei den aktuellen Niederschlägen sah.

Laut dem Team um Joyce Kimutai vom Imperial College London sind derartig extreme viertägige Regenereignisse wie das jüngste durch den menschengemachten Klimawandel heute doppelt so wahrscheinlich wie in einer Welt ohne menschlichen Einfluss. Alle Modelle zeigen, dass sowohl die Wahrscheinlichkeit solcher Ereignisse als auch ihre Intensität in einer wärmer werdenden Welt zunehmen. Die Intensität ist laut den aktuellen Berechnungen um mindestens sieben Prozent gestiegen, es könnten sogar noch mehr sein, bis zu 20 Prozent.

„Das deckt sich sehr gut mit der in Österreich beobachteten statistisch signifikanten Zunahme der größten gemessenen fünftägigen Niederschlagssummen in den Bundesländern Niederösterreich und Wien um rund 20 Prozent seit 1961“, so Co-Autor Klaus Haslinger von GeoSphere Austria in einer Aussendung.

Auslöser für das Extremwetter war eine Vb-Wetterlage. Sie entsteht, wenn kalte Polarluft über den Alpen auf warme Luft aus Südeuropa trifft. Solche Wetterlagen sind selten, aber mit starken Regenfällen in Mitteleuropa verbunden. Sie sind laut der Studie mit der Erwärmung nicht häufiger geworden. Unklar ist laut Haslinger außerdem weiterhin, woher die Feuchtigkeit stammte, also ob und welchen Einfluss das warme Mittelmeer und das Schwarze Meer hatten. Dazu brauche es noch Folgestudien.

Schutzmaßnahmen wirken besser

In einem Zukunftsszenario, in dem die globale Temperatur um zwei Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau liegt, sagen Klimamodelle noch schwerere Regenfälle voraus, warnen die Attributionsforscherinnen und -forscher.

Die Intensität könnte um weitere fünf Prozent zunehmen, und die Wahrscheinlichkeit solcher Ereignisse könnte um 50 Prozent steigen. „Bis Öl, Gas und Kohle mit erneuerbarer Energie ersetzt sind, werden Sturmtiefs wie ‚Boris‘ noch schlimmere Regenfälle und zerstörerische Fluten auslösen“, betont Kimutai.

Etwas Positives hat die aktuelle Untersuchung aber einmal mehr belegt: Die Schutzmaßnahmen haben dieses Mal besser funktioniert. Während beim Hochwasser 2002 in Mitteleuropa noch 232 Menschen ums Leben gekommen waren, waren es heuer 24. Die Opfer und die enormen Schäden sind aber trotzdem ein Hinweis, noch mehr in Sachen Klimaschutz und Anpassung zu tun, so die Forscherinnen und Forscher.

apa/orf/red

Wie das Hochwasser in Österreich mit dem Klimawandel zusammenhängt