Kategorie Klima- & Umweltschutz - 27. August 2021
Folgen des Klimawandels: Extreme Regenfälle werden wahrscheinlicher
Der Klimawandel erhöht die Wahrscheinlichkeit extremer Regenfälle und damit auch von Hochwasserkatastrophen. Steigen die Temperaturen weiter, würde sich der gefährliche Trend fortsetzen.
Ein internationales Forschungsteam hat Frankreich, Westdeutschland, den östlichen Teil von Belgien, die Niederlande, Luxemburg und den Norden der Schweiz als Region analysiert und untersucht, wie wahrscheinlich extremer Starkregen in diesem Gebiet ist und inwiefern dies durch weltweit steigende Temperaturen beeinflusst wird.
Die Eintrittswahrscheinlichkeit solcher Katastrophen hat sich demnach in dieser Region bereits um einen Faktor zwischen 1,2 und 9 erhöht, die maximale Regenmenge ist zwischen 3 und 19 Prozent größer als früher. Ein Beispiel: Wenn die Wahrscheinlichkeit um den Faktor 5 erhöht sei, bedeute dies, dass ein Ereignis im Durchschnitt anstelle alle 2000 alle 400 Jahre auftrete. Eine wärmere Atmosphäre kann mehr Wasser speichern – nicht nur die Häufigkeit, auch die Intensität des Starkregens steigt in Folge des Klimawandels.
Dass der Faktor nicht genauer angegeben werden könne, liege unter anderem daran, dass verschiedene Klimamodelle zugrunde gelegt worden seien, deren Vorhersagen sich unterschieden, erklärte Frank Kreienkamp vom Deutschen Wetterdienst (DWD). Die Zahlen zeigen eine sehr klare Tendenz in Richtung häufigeren Extremwetters durch den Klimawandel.
Bewusstsein für Risiken schärfen
Die Auswirkungen könnten die früherer Unwetter weit übersteigen, sagte Kreienkamp. „Die lokalen und nationalen westeuropäischen Behörden müssen sich dieser wachsenden Risiken durch Starkregen bewusst sein, um besser auf mögliche künftige Extremwetterereignisse vorbereitet zu sein“, erklärte der Leiter des Regionalen Klimabüros Potsdam des DWD.
In der Region um die Flüsse Ahr und Erft waren den Angaben zufolge pro Tag durchschnittlich 93 Liter Regen pro Quadratmeter gefallen – ein Höchststand seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Bei den Überschwemmungen auch um den Fluss Maas in Belgien starben den Angaben zufolge insgesamt mindestens 220 Menschen.
Die Arbeit, für die Wetteraufzeichnungen und Computersimulationen analysiert wurden, entstand im Rahmen der World Weather Attribution Initiative, die mögliche Auswirkungen des Klimawandels auf extreme Wetterereignisse untersucht. Die Auswirkungen des heutigen Klimas wurden mit dem Ende des 19. Jahrhunderts verglichen, als die globale Durchschnittstemperatur 1,2 Grad weniger betrug.
Studie untersucht Murenabgänge
In den vergangenen sechs Jahrzehnten haben Starkregen-Ereignisse auch als typische Auslöser von Muren zugenommen. Gleichzeitig drangen Siedlungen immer weiter in exponierte Lagen hervor. Ein Team der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik und der Universität für Bodenkultur Wien untersuchte nun Daten von rund 12.000 Wildbachereignissen, die im Zeitraum 1961 bis 2017 in Österreich Schäden verursachten. Diese wurden mit den Daten zur Siedlungstätigkeit, der Verbauung von Wildbächen und der Entwicklung von 15 Klimaindizes, wie zum Beispiel für die Häufigkeit und Intensität von Starkregen, verglichen.
„Viele der Klimaindizes zeigen eine Zunahme von Starkregenereignissen in den letzten Jahrzehnten. Zudem zeigen die Daten der Bebauung eine Zunahme von Gebäuden, die in exponierten Lagen errichtet werden und somit durch Muren gefährdet sind“, erläuterte Projektleiter Matthias Schlögl. „Zum Beispiel nahm seit 1961 der Anteil am jährlichen Niederschlag, der als Starkregen fiel, zu und die Zahl der Gebäude in exponierten Lagen hat sich fast verdreifacht.“
Trotzdem zeigt die Zahl der Schaden verursachenden Muren in den untersuchten 56 Jahren keine Trends zu mehr oder intensiveren Ereignissen. Durch die Klimaerwärmung sei zu erwarten, dass Muren früher im Jahr ein Thema werden, da die Zeit der Gewitter und auch die Schneeschmelze früher beginnen. „Was jedoch die Zahl der Muren betrifft, die Schäden verursachen, sehen wir zumindest bisher keinen Trend zu immer früheren Ereignissen. Wir sprechen hier aber rein von schadbringenden Murenereignissen. Muren ohne Schäden werden in Österreich nicht erfasst, daher können wir dazu auch keine Aussagen machen“, betonte Schlögl.
Schutzbauwerke zeigen Wirkung
Der scheinbare Widerspruch liegt im massiven Ausbau von Schutzanlagen. Seit den 1960er-Jahren hat sich die vom forsttechnischen Dienst der Wildbach- und Lawinenverbauung errichtete Zahl derartiger Bauten in Österreich nahezu verdreifacht. Dadurch wurde eine Zunahme von Schaden verursachenden Muren verhindert. Die Verbauung kompensierte somit die steigende Exposition und den Einfluss des Klimawandels.
„Für die Zukunft lassen sich aus unserer Studie zwei Schlüsse ziehen“, sagte der Projektleiter. „Erstens muss das hohe Niveau an Schutzbauten sowie die effektive Schutzwirkung bestehender Bauwerke in Österreich aufrechterhalten werden, da die meisten Untersuchungen für die nächsten Jahre und Jahrzehnte eine weitere Zunahme an Starkregenereignissen erwarten lassen.“ Bezüglich Siedlungstätigkeiten in gefährdeten Bereichen stehe neben technischen Schutzbauwerken mit dem raumplanerischen Konzept der Gefahrenzonenplanung ein weiteres wichtiges Instrument zur Verfügung. „Zweitens muss der weltweite Ausstoß an Treibhausgasen massiv und möglichst rasch reduziert werden, damit die Zunahme an extremen Wetterereignissen langfristig gedämpft wird“, forderte Schlögl.