Kategorie Innovation & Technologie - 9. März 2020
Frauentag 2020: Der Kampf gegen die Klimakrise ist weiblich
Zum 109. Mal wurde er nun bereits begangen: Der internationale Frauentag, traditionell am 8. März eines jeden Jahres gefeiert. Doch auch nach Jahrzehnten der Gleichstellungspolitik gibt es noch immer gewaltige Unterschiede zwischen den Geschlechtern und es macht nach wie vor einen Unterschied, ob eine Person als Mann oder Frau geboren wurde.
Die große Mehrheit der Menschen weltweit hat einer Studie der UNO-Entwicklungsagentur UNDP zufolge noch immer Vorurteile gegenüber Frauen. Ein Grund, warum gleiche Rechte für Frauen selbst heutzutage in allen Bereichen des Lebens nach wie vor vehement eingefordert werden müssen und die Gleichstellung von Frauen in der Gesellschaft noch lange keinen Abschluss gefunden hat.
Im Jahr 1911 fand der Internationale Frauentag zum ersten Mal in Dänemark, Deutschland, Österreich, der Schweiz und den USA statt, seit 1921 wird er jährlich am 8. März gefeiert. Im Laufe der Zeit hat sich die rechtliche Situation, wie auch die kulturelle und ökonomische Situation für Frauen deutlich verbessert. Dennoch ist auch im Jahr 2020 eine Gleichstellung von Frauen und Männern auf allen sozialen, kulturellen, ökonomischen, politischen Ebenen noch lange nicht erreicht.
Zwar sei in gewissen Bereichen eine Angleichung gelungen, wirkliche Gleichstellung gibt es aber in keinem einzigen Land der Erde. In 50 Ländern hätten Frauen zwar eine bessere Bildung als Männer, sie erhalten aber durchschnittlich 39 Prozent weniger Einkommen – obwohl sie mehr Zeit für die Arbeit aufwenden, zeigt der Index der geschlechtsspezifischen Ungleichheit (Gender Inequality Index) auf, der Faktoren wie Zugang zu politischer Macht, Arbeitsmarktchancen und reproduktive Gesundheit berücksichtigt. Auf diesem Index befindet sich Österreich auf dem 14. Platz (Stand 2018).
Wie groß die Lohnscherere zwischen Männern und Frauen weiterhin ist, zeigen auch die Zahlen der Arbeiterkammer: Um auf das mittlere Einkommen eines Mannes von 2.500 Euro brutto pro Monat zu kommen, müssten Frauen nämlich neun Stunden pro Woche mehr arbeiten als Männer. Frauen würden für den selben Lohn also 48 Wochenstunden arbeiten, Männer nur 39.
Auch der Global Gender Gap Report 2020 des Weltwirtschaftsforums (Österreich im Ranking auf Platz 34) hält eine ernüchternden Bilanz parat: Die globale Gleichstellung der Geschlechter wird laut diesem erst in 257 Jahren erreicht.
Klimawandel verstärkt Diskriminierung
Ein bezeichnendes Ungleichgewicht, welches im Fall der Bezahlung mit sehr plastischen Zahlen belegt werden kann. Wie sieht es aber dagegen mit dem Kampf für Klimagerechtigkeit aus? Die globale Erderwärmung und der vom Menschen verursachte Klimawandel führen dazu, dass dieser auch immer häufiger in Form von Naturkatastrophen und verheerenden Notlagen zu Tage tritt. Die Vereinten Nationen konstatieren, dass weltweit Frauen stärker vom Klimawandel betroffen sind als Männer. Besonders fatal ist das in ländlichen Regionen des Globalen Südens. Die Belastungen und Vorteile des Klimawandels und seiner Auswirkungen werden demnach nicht gerecht aufgeteilt.
Soziale Gerechtigkeit und das Recht auf gleiche Entwicklung und Bildung sind Faktoren, die in einer Diskussion um den Klimawandel oft vernachlässigt werden. Nur mit Geschlechtergerechtigkeit lässt sich jedoch auch Klimagerechtigkeit schaffen. Frauen erfahren aufgrund von gesellschaftlich, kulturell und sozial geprägten Geschlechterrollen ohnehin Diskriminierung, der Klimawandel verschärft diesen Zustand zusätzlich.
Dabei ist die progressive Mitgestaltung der Gesellschaft ohne Frauen undenkbar und die Gleichstellung der Geschlechter nicht nur eine Frage der Fairness, sondern eine Notwendigkeit für eine nachhaltige Entwicklung, damit wirtschaftlicher Wohlstand und Wachstum erreicht werden können. Fortschritt definiert sich dabei auch über gesellschaftsrelevante Innovationen. Dabei gehen nicht nur wichtige Erfindungen und Pionierleistungen der Geschichte auf das Konto weiblicher Schaffenskraft. Die Avantgarde zum ökologischen und nachhaltigen Wandel der Gesellschaft, zu Mobilitäts- und Energiewende, ist längst weiblich.
Eine ganze Generation an jungen Klimaschützenden orientiert sich an weiblichen Vorbildern. Klimaschutz trägt heute vielerorten ein weibliches Antlitz. Der Kampf für Klimaschutz wird von vielen Frauen und Mädchen angeführt. Dass die starken Galionsfiguren dieser aktiven Bewegung mehrheitlich weiblich sind, scheint eine logische Konsequenz, wenn die Opfer des Klimawandels mehrheitlich weiblich sind. Es kann jedoch nur als Beginn eines Lernprozesses verstanden werden, an dem sich beide Geschlechter beteiligen müssen.
Seit Jahresbgeinn steht auch an der Spitze des Klimaschutzministeriums (BMK) eine Frau. Längst keine Selbstverständlichkeit. Mit Leonore Gewessler führt erst die vierte Frau das Ministerium, welches unter ihr zu den Agenden Mobilität, Innovation und Technologie nun auch mit Umwelt und Klimaschutz gewichtige Ressorts im Programm hat und als Superministerium firmiert. Als Klimakämpferin hat sie reichlich Erfahrung. Sie leitete die europaweit tätige NGO Green European Foundation in Brüssel und war als Politische Geschäftsführerin von Global 2000 – Friends of the Earth Austria in Österreich tätig.
„Carson, Shiva, Maathai, Caceres, Meissner-Blau, Thunberg. Die Umweltbewegung hat unzählige Pionierinnen. Frauen, die nicht locker gelassen haben, die nach vorne gegangen sind, die ihre Stimme erhoben haben. Frauen, die damit vieles riskiert haben. Es gibt in meiner Geschichte viele Frauen, die mich inspiriert haben, selbst aktiv zu werden. Sie alle kämpfen jeden Tag darum, dass Frauen selbstverständlich einen gleichberechtigten Platz in der öffentlichen Debatte haben, dass ihre Stimmen gleich stark und mächtig sind“, so Gewessler anlässlich des Frauentags. Im Mobilitäts-, im Technologiebereich, in der Innovation – auch da gäbe es ihrer Meinung nach immer wieder ein Bild: Frauen, die bewegen. „Und ich finde das gibt Kraft. Nicht nur am 8. März. Sondern in unser aller tagtäglichem Einsatz für ein ökologisch und sozial gerechteres Österreich.“
Auch das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) setzt Maßnahmen, um Chancengleichheit zu fördern. Das BMK fördert zahlreiche Projekte und Initiativen, um den Frauenanteil in der Forschung zu erhöhen und zeichnet mit der FEMtech-Expertin des Monats bereits seit 2005 besondere Leistungen von Frauen in Forschung und Technik aus. Auch im Bereich der Mobilität hat sich das BMK das Ziel gesetzt, die Gendergerechtigkeit sowie einen gleichen Zugang von Frauen und Männern zu allen Verkehrsdienstleistungen sicherzustellen und im Rahmen der wirkungsorientierten Verwaltung und des Gender Budgeting entsprechende Maßnahmen zu setzen.
#Frauen spielen auch bei der #Energiewende eine zentrale Rolle. Beim #OETF haben wir Frauen aus der E-Wirtschaft vor den Vorhang geholt. #frauenpower #Weltfrauentag pic.twitter.com/LFCm6HFKEJ
— Oesterreichs Energie (@OeEnergie) March 5, 2020
Starke Frauen-Netzwerke gibt es von Expertinnen im Mobilitäts- und Energiebereich. Sichtbar werden diese auch durch die Initiative FEMtech, mit der das BMK Chancengleichheit in der industriellen und außeruniversitären Forschung fördert. Unter Chancengleichheit werden in diesem Zusammenhang gleiche Rahmenbedingungen und Erfolgschancen für Frauen und Männer in Forschung und Technologie verstanden. Mit den FEMtech Praktika für Studentinnen wird vom BMK zudem Chancengleichheit in der Forschung unterstützt. Dabei sollen Nachwuchswissenschaftlerinnen für die angewandte Forschung im naturwissenschaftlich-technischen FTI-Bereich (Forschung, Technologie und Entwicklung) gewonnen und beim Einstieg in eine Forschungskarriere unterstützt werden. Die Studentinnen lernen berufliche Ein- und Aufstiegswege kennen und erhalten einen fundierten Einblick in die angewandte Forschung und Entwicklung.
In diesem Zusammenhang auch hervorzuheben: Das aktuelle Regierungsprogramm beinhaltet die Förderung nach Gleichstellung von Frauen am Arbeitsmarkt. Das Ziel einer 40prozentigen Frauenquote in jedem einzelnen Aufsichtsrat von Unternehmen in öffentlicher Hand mit mehr als 50 Prozent Beteiligung steht darin festgeschrieben. Der Bund soll so mit gutem Beispiel für die Privatwirtschaft vorangehen.
MINT für Mädchen
Trotz eines leichten Anstiegs von jungen Frauen in MINT-Ausbildungen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) ist es in den Bildungswegen besonders notwendig, Strategien und Maßnahmen zum Abbau der stereotypen Geschlechtertrennung zu entwickeln, welche auch Strukturen und Organisationskulturen in den Blick nehmen. Frauen sind in Wissenschaft und Forschung weiterhin unterrepräsentiert. In einer Eurostat Erhebung über den Frauenanteil in Wissenschaft und Technologie liegt Österreich mit einem Frauenanteil von knapp 46 Prozent über dem EU-Durchschnitt und auf dem 10. Platz.
Eine genauere Betrachtung der Situation in Österreich macht aber große Unterschiede in den einzelnen Fächergruppen deutlich. So macht der Anteil der Absolventinnen naturwissenschaftlicher Fächer in Österreich insgesamt 38 Prozent aus, variiert aber zwischen den einzelnen Fächern stark. Die Biowissenschaften (66,6 Prozent) schneiden am besten ab, mit deutlichem Abstand folgen Mathematik & Statistik (33,2 Prozent) sowie Exakte Naturwissenschaften (31,4 Prozent), und deutliches Schlusslicht ist die Informatik (15,2 Prozent).
Puncto Frauenanteil ist man auch im Ministerium selbst weiter vorangekommen: Die Ministerin hat ihr Kabinett mit vielen Frauen besetzt. Gruppenleiterinnen halten im BMK drei von fünf Positionnen. Abteilungsleiterinnen machen im neu formierten BMK einen Anteil von nahezu 50 Prozent aus. Einziger Schönheitsfehler im Gleichstellungsprofil: Die Sektionsleitungen sind momentan allesamt männlich besetzt.
Das Anliegen, bereits Mädchen Einblicke in die Bereiche Klimaschutz, Mobilität, Energie, Forschung, Technik und Raumfahrt zu ermöglichen, wird auch wieder anlässlich des Girls‘ Days in den Vordergrund gerückt. Am Donnerstag, 23. April 2020, lädt die Bundesministerin interessierte Mädchen ins BMK, um Berufsfelder der Ressorts kennen zu lernen und sich generell zu technisch-naturwissenschaftlichen Berufsfeldern zu informieren.