Kategorie Innovation & Technologie - 30. Oktober 2019

IMAGINE19: Mit KI gegen Fake News & zur optimalen Betonmischung

Künstliche Intelligenz (KI) soll unsere Gesellschaft nachhaltig zum Positiven verändern – von selbstfahrenden Autos über die Steuerung des Energiesystems und selbstlernende Überwachungssysteme bis hin zu automatisierten Finanztransaktionen und präzisen medizinischen Diagnosen.

KI, die besser Artifizielle Intelligenz (AI) (von englisch artificial intelligence) genannt werden sollte, hat jedoch vielfach ein Imageproblem, fordert sie doch ihren Schöpfer genau auf dem Gebiet heraus, auf dem sich dessen Identität gründet – dem Denken.

 

Doch wie sehen Österreichische Spitzenleistungen in Forschung, Entwicklung und Anwendung im Bereich Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) eigentlich aus?

Seit 2014 gibt es dazu im Rahmen des Förderprogramms IKT der Zukunft des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) eine jährlich stattfindende Plattform namens IMAGINE. Die Konferenzreihe soll Innovationen, Visionen und Trends auf interaktive und kreative Weise vermitteln. Die IMAGINE19 widmete sich dem Thema Künstliche Intelligenz (KI), wobei besonders ihr Einfluss auf Medien, Arbeitswelten und Smart Cities im Mittelpunkt stand.

Stets schwingt die Frage mit, wie sichergestellt werden kann, dass diese intelligenten Systeme nicht missbraucht werden und so konzipiert sind, dass sie uns nützen und in gesellschaftlichen und technologischen Entwicklungen sinnvoll unterstützen.

Gemeinsam mit den Technologieplattformen des Ministeriums sowie zahlreichen Teilnehmenden aus Forschung und Industrie wurden in Talks, Workshops und Diskussionen der neueste Stand sowie Methodik und neue Wege rund um Technologien der Artificial Intelligence erörtert. Im Ausstellungsbereich hatten Start-ups und Firmen aus dem Bereich die Möglichkeit, Prototypen, Produkte und Ideen zu präsentieren, das Publikum konnte diese in Live-Demos erproben oder einfach die Möglichkeit zur Vernetzung mit Expertinnen und Experten vom Fach nutzen.

Michael Wiesmüller, Leiter der Abteilung Schlüsseltechnologien für industrielle Innovation: IKT, Produktion und Nanotechnologie im BMVIT, schaute angesichts der erfolgreichen Konferenz freudig auf Bilanz und in die Zukunft: „Besonders die Diskussionen zu AI for Good auf der heurigen IMAGINE konnten einen wesentlichen Input zur kommenden Ausschreibung von IKT der Zukunft leisten, die Mitte November eröffnet wird.“

AI for Good, also der Dialog über die vorteilhafte Nutzung künstlicher Intelligenz durch die Entwicklung konkreter Projekte müsse daher weiterhin konsequent gefördert werden. Der Diskurs in der Forschung mit KI liefert auch hier reichlich Grundlagen aktionsorientierter Gipfeltreffen und Symposien.

Was macht KI in den Redaktionen?

Anwendungen, die allgemeinhin mit KI in Zusammenhang gebracht werden erscheinen vielen Menschen trotzdem dubios: Etwa in Systemen zur Gesichtserkennung im öffentlichen Raum oder beim Einsatz von undurchsichtigen Algorithmen, die auf Social Media-Plattformen gehörig dabei mitreden, welche Informationen welche Nutzer erreichen.

Fokus Medien Was sind aktuelle Forschungsfragen bezüglich Künstlicher Intelligenz in den Medien? Wie sehen Möglichkeiten und Gefahren für Nutzerinnen und Nutzer aber auch Journalistinnen und Journalisten in diesem Bereich aus? In den meisten Redaktionen, Verlagen und Nachrichtenagenturen unterstützt KI bereits heute beim seichten Content-Mangement, bei der Moderation von Foren, beim raschen Fact-Checking, beim automatisierten Schreiben von Standardtexten, dem Testen von Präferenzen, der Personalisierung von Inhalten und im Anzeigengeschäft.

Doch wie kann die Technologie helfen, Fake News in Print, Video und Audio zu erkennen? Welche Einsatzmöglichkeiten von KI im Bereich der Medien gibt es generell? Beispiele gibt es genügend: Einer der unermüdlichsten Sportreporter aus dem Medialab der APA heißt Egon und fasst Fußballergebnisse in vorgefertigten Textmodulen zusammen. Bei der Washington Post heißt ein enger Verwandter Heliograf und liefert Spielberichte für Football bis hinunter in die High-School-Liga. Bei Bloomberg wiederum verfasst Cyborg kurze Rundschauen zu Quartalsberichten von der Börde. KI ist in den Redaktionen präsent, künftig soll sie auch bei aufwendigeren investigativen Projekten eine größere Rolle spielen.

Grpahic Recording zur IMAGINE19 © lanalauren.design

Bisher ist sie allerdings hauptsächlich im Einsatz, um geringfügigen Content zu erstellen, der auf einfachen Daten basiert und sehr einfach zu erfassen ist, wie etwa regionale Wahlergebnisse oder regionale Sportereignisse. Zur Nationalratswahl am 29. September 2019 startete die APA etwa den Echtbetrieb von „Automated Content“. Usern wurden so die Wahlergebnisse von mehr als 2.000 heimischen Gemeinden in automatisiert erstellten Kurzberichten zur Verfügung gestellt und damit zusätzlich zur regulären Wahlberichterstattung maßgeschneiderte Texte für News-Sites und andere digitale Kanäle geliefert. Aufbereitet wurden die Meldungen aus großen Datenmengen, die zuvor nur in Tabellenform vorgelegen sind.

Da ein immer größerer Hunger nach Informationen evident ist und Leserinnen und Leser immer schneller mit immer neuen Informationen versorgt werden wollen, wird dieser automatisch generierte Content künftig im größeren Maßstab produziert werden, auch wenn dafür noch einiges mehr an Grundlagen des Deep Learnings und auch neue Qualitätsstandards im Medienbetrieb benötigt werden. Wesentlich dafür ist auch die Ausbildung in digitalen Kompetenzen.

Wichtiges Werkzeug sollen KI-basierte Untersuchungen in diesen Zeiten zur Bekämpfung von Fake News werden. Sie können bereits jetzt die Verbreitung von – oft bewusst lancierten – Falschmeldungen in Social Media anhand sehr spezieller Muster erkennen. Mit diesen Mitteln kann aber auch recht schnell vorhergesagt werden, ob eine Information viral wird oder nicht.

Fokus Arbeitswelten Geht es nach der EU-Kommission, dann muss gerade Europa im Hype rund um die Entwicklung von Künstlicher Intelligenz mit vertrauenswürdiger KI punkten. Ethische Leitlinien wurden durch eine Expertengruppe längst präsentiert, ein wichtiger Schritt zur Umsetzung der KI-Strategie der österreichischen Bundesregierung. Die etwa 150 Expertinnen und Experten sprechen sich darin unter anderem für ein gesamtheitliches KI-Gesetz aus.

Die Arbeitswelt in Unternehmen ist vom Einsatz Artificial Intelligence basierter Technologien ebenfalls betroffen und ein Feld in dem ethische Maßstäbe beim Einsatz von KI ganz besonders zu berücksichtigen sind. KI-Instrumente oder lernende (Arbeits-)Systeme entwickeln die Arbeitswelt zu nächsten Stufe, wobei hier der Fokus von der vernetzten Digitalisierung und der Flexibilisierung von Arbeitsort, -zeit, -organisation sowie Handlungsfreiheit, mit dem Einsatz intelligenter Assistenten, lernenden Robotern und benutzeroptimierter Informationsbereitstellung ergänzt werden soll.

Ist das für die User und Beschäftigten Ausdruck von mehr Flexibilität? Können anspruchsvollere Tätigkeiten oder monotone Routinearbeiten erleichtert werden? Wie sieht der Einsatz in der Pflege von Alten und Kranken aus? Heikle Fragen, die auch nach dem ExpertInnen-Papier wichtige ethische Aspekte mit den Fragen Recht, Nutzbarkeit und Sicherheit in Einklang bringen soll. Dabei werden die Bereiche Datenschutz, Privatsphäre und Berücksichtigung sozialer Auswirkungen hervorgehoben. KI, die ethischen Ansprüchen folgt bzw. die nachvollziehbar arbeitet, könne dabei zum Alleinstellungsmerkmal Europas werden.

 

Auch im Bereich der österreichischen Forschungs- und Unternehmensförderung sollen dafür eigenständige KI-Programme und ein international sichtbares KI-Zentrum etabliert, Stiftungsprofessuren und ein nationales Headhunting-Board für KI-Spitzenforscher eingerichtet werden. Darüber hinaus brauche es eine verbesserte Infrastruktur sowie verstärktes Engagement in Aus-und Weiterbildung, (rechts-)sichere Daten-Plattformen oder mehr Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft, Forschung und Verwaltung in dem Bereich, auch um sicherzustellen, dass es nicht zu systematischen Diskriminierungen kommt.

Datenwirtschaft

Ohne Big Data ist natürliche auch keine Künstliche Intelligenz denkbar: Einmal mehr konnte auf der IMAGINE19 die Data Market Austria-Initiative des BMVIT beleuchtet werden, die Unternehmen unterstützt, künftig Daten über eine Onlineplattform sicher und sinnvoll handeln zu können.

Bereits jetzt ist Österreich bei der Etablierung von Plattformen zum legalen und transparenten Austausch von Daten in Europa führend. Unter anderem hat Österreich sich im Projekt Data Market Austria (DMA) seit 2016 zum Ziel gesetzt, Rahmenbedingungen zu schaffen, die eine Wertschöpfung aus Big-Data-Sammlungen möglich machen.

Auf Initiative des BMVIT wurde der Data Market nun am 18. September auf einer Konferenz des Ministeriums mit ersten Ergebnissen, internationalen Referenzprojekten und -produkten, potentiellen Innovationssprüngen für Datenanbieter, Dateninfraanbieter, Startups sowie Datenverwerter präsentiert und ließ mit dem Ziel aufhorchen, mit dem Data Market eine Art Online-Kontaktbörse zu schaffen, die Angebot und Nachfrage von nutzbaren Daten sinnvoll verbinden soll.

Smart Cities gründen auf KI

Fokus Smart Cities Wie macht KI die Smart Cities erst richtig smart? Was bedeutet es aber konkret, wenn Städte „smart“ sind? Smart steht zunächst dafür, dass immer mehr Objekte über das Internet verbunden werden und auf Daten oder Ereignisse aus ihrer Umgebung reagieren können. Ein klassicher Fall für die entsprechende Nutzung der generierten Datenmengen und wie Big Data mitsamt möglichst vieler Datenpunkte Künstlicher Intelligenz in einer vernetzten Stadt eine Schlüsselrolle zuweisen. Intelligentes Parken, Smart Mobility und Smart Grids, adaptive Signalsteuerung sowie Abfallmanagement sollen so die Stadt der Zukunft bilden.

 

Geht man einen Schritt zurück, wird der Bedarf an technischen Innovationen aber auch in der Baubranche deutlich. Zum Bau dieser Städte oder Stadtteile sollen künftig auch Zement- und Betonherstellern mit Künstlicher Intelligenz anwendungsarmen Beton produzieren können. Hersteller können Schwankungen von Kalkstein und Zement ausgleichen und somit die Produktion von punktgenauem, anwendungsspezifischem Beton für ihre Kunden ermöglichen.

Mit einer solchen Software hat das Start-up Mixteresting den Ideenmarathin der IMAGINE19 in einem Publikumsvoting gewonnen. Es setzt mit seiner Software auf effizientere Betonmischungen, indem sie vorhandene Mischungen virtuell optimieren oder mit neuen Materialien simulieren kann. Mixteresting reduziert Zeit und Kosten für die Produktion neuer Betongemische um bis zu 90 Prozent. Das sind herrausragende Werte, auch in Hinblick eines nachhaltigen Bausektors mit einem großen Potential an CO2-Einsparungen.

Der Ideenmarathon wurde das erste Mal auf der IMAGINE Konferenz veranstaltet und hatte zum Ziel, konkrete Ideen für bestehende oder künftige Projekte im Bereich der künstlichen Intelligenz zu präsentieren, in denen der Mensch im Mittelpunkt steht und welche die gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit adressieren. Außerdem sollen die Akzeptanz von Künstlicher Intelligenz im Alltag erhöht und über Gefahren und Chancen aufgeklärt werden.

Generell soll die IMAGINE Konferenzreihe bei der frühzeitigen Identifikation von IKT-relevanten Herausforderungen inklusive der gesellschaftlichen Aspekte helfen und eine Diskussion im Kontext europäischer Entwicklungen und Trends ermöglichen. Zielgruppen sind Forschungsinstitutionen, Unternehmen, Startups, Universitäten, Fachhochschulen, Studierende und Schüler.

Auch bei der heurigen IMAGINE waren Schülerinnen und Schüler auf der Konferenz, um in kurzen Speeddatings und kleinen Workshops von Fachleuten aus Forschung und Wirtschaft über die Möglichkeiten und Berufsbilder des wichtigen Zukunftsthemas Künstliche Intelligenz unterrichtet zu werden.

INFObox: Die Zukunft der Informations- und Kommunikationstechnologie am Standort Österreich ist einer der strategischen Schwerpunkte des BMVIT. Mit dem Programm IKT der Zukunft fördert das BMVIT forschungsintensive Innovation und Technologieentwicklung auf dem Gebiet der Informations- und Kommunikationstechnologie in Verschränkung mit Anwendungsfeldern und gesellschaftlichen Fragen. Im Fokus stehen die Kooperation von Unternehmen mit Forschungseinrichtungen in Projekten der Industriellen Forschung und Experimentellen Entwicklung und je nach Ausschreibung auch Sondierungsprojekte, Leitprojekte und F&E-Dienstleistungen auf diesem Gebiet.