Kategorie Innovation & Technologie - 23. August 2019

Immer wieder Alpbach: Innovationsmotor im Hochbetrieb

Immer wieder Alpbach. Seit 1945 steht das kleine Örtchen in den Kitzbüheler Alpen jeden Sommer aufs neue im Mittelpunkt der europäischen Wissenschaft, Wirtschaft und Politik. Teilnehmende aus aller Herren Länder, Expertinnen und Experten sowie Hochschüler kommen beim Europäischen Forum Alpbach zusammen, um aktuelle Fragen der Zeit zu diskutieren und interdisziplinäre Lösungsansätze zu finden.

 

Als vor 74 Jahren, exakt am 25. August 1945, in der Tiroler Gemeinde Alpbach erstmals Wissenschaftler und Studierende zusammenfanden, suchten und diskutierten sie gemeinsam den Geist von Europa. Fortan trafen sich dort die Geistesgrößen des Kontinents und das Who’s who des Wissenschaftsbetriebes – namhafte Nobelpreisträger inklusive.

Waren es anfangs gerade an die 80 Vortragende und Zuhöhrer, so wuchs das Forum im Laufe der Jahre zu einer Veranstaltung mit rund 4.500 Teilnehmenden an. Alpbach sei „der andere Zauberberg“, wie Gründer Otto Molden es ausdrückte.

Weitsicht und Inspitation liefern Symposien und Natur bis heute, die Gratlspitze in exponierter Lage als anregender Freiraum quasi über den Wolken, im Tal eine wohl weltweit einzigartige Begegnungszone, mit ungewohnten Möglichkeiten zum Austausch zwischen Nachwuchs und Koryphäen so vieler Disziplinen.

In das Europäische Forum Alpbach sind auch die Technologiegespräche eingebettet. Heuer bereits zum 36. Mal. Organisiert werden sie vom AIT Austrian Institute of Technology und dem ORF (Radio Ö1).

TECXPORT zur Technologievermarktung

Bahnbrechende Technologien und Strategien für Österreich als Innovation Leader im europäischen Rahmen standen dort am Beginn im Mittelpunkt eines FTI-Talks, der von Verkehrs- und Innovationsminister Andreas Reichhardt, Sektionschef Florian Frauscher (Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort), Industriellenvereinigung-Generalsekretär Christoph Neumayer, Sektionschefin Barbara Weitgruber (Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung) und Forschungsrats-Chef Hannes Androsch bestritten wurde.

Im Gepäck von Bundesminister Reichhardt für die österreichische Forschung und Industrie: Die neue Online-Plattform TECXPORT zur Unterstützung der Vermarktung österreichischer Innovationen auf dem Weltmarkt. „Österreichische Technologie ist weltweit gefragt und der Technologieexport ein wichtiger Motor unserer Wirtschaft. Mit dem neuen Angebot stellen wir Technologieanbietern eine Plattform für eine weltweite Vermarktung ihrer Lösungen zu Verfügung“, so Reichhardt bei der Präsentation.

Die Präsentation der Platform TECXPORT. © FFG

Weiters sollen Unternehmen gezielt bei der Kontaktaufnahme mit potentiellen Kunden im Ausland unterstützt werden. Die Vermarktung österreichischer Innovationen zu unterstützen sei ein  besonderes Anliegen des BMVIT, daher die „Einladung an alle Technologieanbieter, diese kostenlose Möglichkeit zur Präsentation ihrer Produkte zu nutzen“.

Die Onlineplattform wird im Rahmen der TECXPORT-Initiative des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) und der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) in Zusammenarbeit mit der Außenwirtschaftsorganisation der Wirtschaftskammer Österreich (WKO) umgesetzt. Die Mittel für TECXPORT werden vom Österreichfonds bereitgestellt.

Die Neugestaltung der digitalen Welt

Unter dem Eindruck der rasanten technologischen und gesellschaftlichen Entwicklungen widmen sich die Technologiegespräche in diesem Jahr in zahlreichen Plenarveranstaltungen und Arbeitskreisen dem Thema Freiheit und Sicherheit.  Nichts weniges als die Neugestaltung der digitalen Welt steht somit auf der Agenda.

Auch das BMVIT war erneut mit einer Breakout Session vertreten. Bei Artificial Intelligence – FIT für den Industriestandort Österreich ging es in hochkarätiger Runde um Investitionen in FIT (Forschung, Innovation, Technologie) durch das BMVIT, um den Industriestandort Österreich zu stärken und somit Sicherheit und modernste Infrastruktur zu gewährleisten. Wie wird die nationale Artificial Intelligence (AI)-Strategie Österreich in die Zukunft navigieren, Wie ebnet die Politik den Weg, um verantwortungsvoll positive Auswirkungen der AI in Europa zu erzielen? Welche Evolution steht den Infrastrukturen wie 5G, Verkehr und Energie bevor? Die KI-Strategie baut auf den höchst anerkannten nationalen Forschungskompetenzen und den Stärken der österreichischen Industrie auf

Eine Schlüsseltechnologie für Österreich: Das automatisierte Fahren. Schon jetzt gilt Österreich als führend an der Forschungsspitze, wenn es um die Zukunft der Mobilität, insbesondere das High Tech des fahrerlosen Autos, geht.

Der steigende Einsatz von KI-Lösungen zieht aber auch gehörige gesellschaftliche Verantwortung nach sich. Von volkswirtschaftlichen Auswirkungen durch den weitreichenden Wandel des Arbeitsmarkts, demokratiepolitische Bedrohungen wie die Beeinflussung öffentlicher Meinung durch Verbreitung von Inhalten, die durch KI generiert wurden, Diskriminierungen durch fehlerhafte Daten, automatisierte und zielgerichtete Desinformationskampagnen oder neuen Gefahren aus dem Bereich Cyberkriminalität. Etwaige ethische Rahmenbedingungen für die Einführung bzw. Regulierung von KI-Technologien wurden heuer bereits vom österreichische Rat für Robotik und KI, aber auch durch angestossene Prozesse auf europäischer Ebene definiert und bestimmten die Debatte über KI in Alpbach.

Von der Medizin bis zur Datenanalyse: Künstliche Intelligenz verspricht in vielen Lebensbereichen revolutionäre Möglichkeiten. Die digitale Vernetzung der Welt birgt aber auch viele Gefahren für Sicherheit und Freiheit. Cyber Security stand daher im Mittelpunkt eines Plenums, das in Kooperation mit dem Europäischen Forschungsrat (ERC) gestaltet wird.

Dessen Präsident Jean-Pierre Bourguignon diskutierte mit der Cyber-Sicherheitsexpertin Anne-Marie Chun Witt, Sepp Hochreiter, Spezialist für Machine Learning an der Linzer Johannes-Kepler-Universität, und Stefan Mangard, Leiter der Gruppe für Sichere Systeme an der TU Graz, neueste Entwicklungen und Lösungsansätze.

Das Vordringen der Robotik in Produktion und Alltagsanwendungen und ihre Verzahnung mit anderen Systemen künstlicher Intelligenz bildeten einen weiteren Schwerpunkt zum Auftakt der Technologiegespräche mit den Vortragenden Tamar Makin, Leiterin des Plasticity Lab am Londoner University College, und Stefan Roth, Leiter des Visual Inference Lab der TU Darmstadt.

Die Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren ist seit vielen Jahren wissenschaftlicher Themenpartner der Technologiespräche und bringt in diesem Jahr neue Ansätze der Diskussion über Führungskräfteentwicklung in Wissenschaft und Wirtschaft nach Alpbach. Daniel Zajfman, Präsident des israelischen Weizmann Institute of Science, war dabei Keynote-Speaker zu diesem aktuellen Schlüsselthema für Unternehmen und Forschungseinrichtungen.

If you could read my mind: Einblicke in die Zukunft der Gehirnforschung präsentierte Jack L. Gallant, Psychologe an der University of California, mit seinem brain decoder. Ob es der computergestützten Neurowissenschaft gelingen wird, nicht nur komplexe Vorgänge des Gehirns besser zu verstehen und darzustellen, sondern auch Gedanken und Erinnerungen zu decodieren und lesbar zu machen, ist ein Thema, das nicht nur in der Fachwelt besonderes Interesse weckt.

Zusätzlich zu den Plenarveranstaltungen gab es 13 Arbeitskreise, ebenfalls mit dem Schwerpunkt KI mit den Feldern Künstliche Intelligenz und Governance: Freiheit, Vertrauen, Sicherheit, Cybersecurity, Privatsphäre, Ethik – Chancen und Risiken für eine Digitale Gesellschaft, Artificial Intelligence – FIT für den Industriestandort Österreich, (Warum) Braucht es Kunst zur Innovation? oder Mixed Reality – die reale Welt digital dargestellt im virtuellen Haus der Digitalisierung.

Auch der TU Austria Innovations-Marathon ging erneut an den Start: 24 Stunden Produktentwicklung nonstop, acht Aufgaben, acht Studierenden-Teams und 24 Stunden Zeit. In diesem spielerischen Wettbewerb wurden Lösungskonzepte für reale Aufgabenstellungen in Unternehmen entwickelt und präsentiert.

Auszug aus dem Portfolio der Marathon-Challanges: Bessere Verpackungen für Arzneimittel, die kindersicher sind, aber auch von älteren Personen leicht aufbekommen werden sollen; Wie kann mit intelligenten Kühlschränken Abfall vermieden werden? Dazu: Schwere Bohrmaschinen, mit denen es sich angenehmer arbeiten lässt, neue E-Ladestationen, Ladungssicherung für Lkw und vieles mehr.

Patente Cocktail als Auftakt

Traditionell am Vorabend der Technologiegespräche: Der Patente Cocktail, vom Österreichischen Patentamt und dem BMVIT als Auftakt veranstaltet. Auch dort: KI in aller Munde! Das Österreichische Patentamt nahm das heuer wörtlich und überraschte mit einem von einer KI kreierten Drink – speziell entwickelt auf Basis der individuellen Wünsche der Gäste.

Bekannte Größen der heimischen Technologieszene, wie Sabine Seidler, Rektorin der TU Wien, Franz Fischler, Präsident des Forums Alpbach, Christoph Neumayer von der Industriellenvereinigung, AIT-Geschäftsführer Anton Plimon, Siemens Digital Factory-Chef Kurt Hofstädter, der Präsident des österreichischen Wissenschaftsfonds Klement Tockner und viele Studierende konnten persönlich testen, ob KI auch ihren Geschmack traf.

Professor Sepp Hochreiter, KI-Pionier, erklärte den staunenden Gästen, wie KI auch kulinarisch funktioniert, aber auch wo ihre Grenzen liegen. Sepp Hochreiter: „Wenn wir uns fragen: Was wird KI nicht können? Dann bleibt bald nicht viel übrig, was sie in Zukunft nicht können wird. Dinge wie vollständiges Autonomes fahren sind möglich und bald ganz alltäglich. Zutiefst Menschliches, wie Empathie empfinden und Empathie zeigen, das wird eine künstliche Intelligenz wohl nie können.“

Gastgeber des Events waren Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie, Andreas Reichhardt und Patentamtspräsidentin, Mariana Karepova. Bundesminister Reichhardt: „Zu sagen, KI kommt und wir bereiten uns vor, das war gestern. KI ist längst da und steckt bereits in vielen Dingen. Künstliche Intelligenz kann Krankheiten diagnostizieren, Fahrzeuge steuern, das Wetter vorhersagen, meisterhaft Schach und Go spielen und eben auch Cocktails mixen. Gemeinsam mit der versammelten Technologie-Community stoßen wir mit unserem KI-Cocktail auf eine gute Zukunft an.“

Patentamtspräsidentin Mariana Karepova: „Was ist das Geheimnis hinter unserem Cocktail? Wir haben die Gäste gefragt, welche Cocktails sie am liebsten trinken, und mit dem Ergebnis die KI gefüttert. KI hat tausende Rezepte analysiert und einen optimalen Drink kreiert. Genauso funktioniert künstliche Intelligenz – gleich ob bei High-Tech oder Low-Tech. Dass KI immer häufiger in Erfindungen steckt, sehen wir an den steigenden Patentzahlen.“

INFObox: Das Österreichische Patentamt ist als nachgeordnete Dienststelle des BMVIT die Zentralbehörde für den gewerblichen Rechtsschutz in Österreich mit Sitz in Wien. Im Patentamt kümmern sich über 200 Expertinnen und Experten um die Absicherung von Erfindungen, Mustern (Designs) und Marken.