Kategorie Energie - 20. Oktober 2021

Energiewende »Made in Austria« – Zwischenbilanz für die Klimafonds-Vorzeigeregionen Energie

Fit for 55 – unter diesem Motto hat die Europäische Kommission das Ziel ausgerufen, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 55 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren. Um es zu erreichen und langfristig klimaneutral zu werden, fördert das Klimaschutzministerium (BMK) über den Klima- und Energiefonds Lösungen für eine fossilfreie Zukunft – und zwar im großen Stil in drei österreichweiten Vorzeigeregionen. Bereits mehr als 230 Partner:innen entwickeln grüne Technologien „Made in Austria“, zur Verfügung stehen insgesamt 120 Millionen Euro.

Speichertechnologien für die industrielle Abwärmenutzung, Einsatzmöglichkeiten von erneuerbarem Wasserstoff oder smarte Anbindung von Nutzer:innen an ein nachhaltiges Energiesystem – die Zwischenbilanz des Programms Vorzeigeregion Energie kann sich sehen lassen: In 63 Projekten mit mehr als 230 Partner:innen, von der großen Forschungseinrichtung bis zum KMU, wird an Innovationen für die Energiewende gearbeitet – Klimawirkung inklusive.

„Wir stellen gerade die Weichen für eine nachhaltige Zukunft. Der Umstieg auf 100 Prozent erneuerbare Energie und der CO2-Preis stellen unsere Wirtschaft auf eine neue Basis und sorgen für klimafreundliches Wachstum“, so Klimaschutzministerin Leonore Gewessler bei der Jahresveranstaltung zu den Vorzeigeregionen Energie in Graz. „Mithilfe von heimischer Spitzentechnologie schaffen wir Green Jobs zuhause, positionieren Österreich als Vorreiter am Weltmarkt und gestalten gemeinsam die Zukunft.“

Klima- und Energiefonds Co-Geschäftsführerin Theresia Vogel: „Österreich zeigt wie’s geht! Auf dem Weg zur Klimaneutralität sind die Innovationen aus unseren Vorzeigeregionen ein echter Booster. Gemeinsam mit Profis aus der Praxis und Expert:innen aus der Wissenschaft liefern wir umsetzbare Lösungen in den Bereichen Energiewende, nachhaltige Industrie und klimaschonende Mobilität.“

Green Energy Lab

Das Green Energy Lab ist das größte jemals genehmigte Innovationsprojekt für Entwicklung und Demonstration grüner Energietechnologien am Weg zu 100 Prozent erneuerbarem Strom und Wärme in Österreich. Die Vorzeigeregion Energie des Klima- und Energiefonds umfasst vier Bundesländer, über 100 Unternehmens- und Forschungspartner in rund 30 Teilprojekten und es werden 150 Millionen Euro investiert. Dieses einzigartige Innovationsprojekt wird von Energie Burgenland, Energie Steiermark, EVN und Wien Energie getragen sowie von der Energie- und Umweltagentur Niederösterreich und dem Green Tech Cluster unterstützt.

Die vier Bundesländer Burgenland, Niederösterreich, Steiermark, Wien schaffen mit der Vorzeigeregion Energie „Green Energy Lab“ eine großflächige Testregion für innovative Systemlösungen. In der Region gibt es schon jetzt den bei weitem höchsten Anteil an fluktuierender erneuerbarer Energieerzeugung in Österreich wie Wind, PV oder Solarthermie. Gleichzeitig deckt sich dieser noch zu wenig mit dem Bedarf der Region bzw. der Städte wie Wien und Graz.

Um diese Rolle weiter auszubauen und neue Green-Tech-Jobs zu schaffen, werden die Einzellösungen zu integrierten Gesamtlösungen für die flexible Erzeugung und Speicherung von Strom und Wärme mit intelligenter Einbindung von Konsument:innen weiterentwickelt.

Energie-Vorzeigeregion WIVA P&G

Die Energie-Vorzeigeregion WIVA P&G verfolgt aus einer Vielzahl an ökologischen und ökonomischen Gründen (wie der Dekarbonisierung des Energiesystems, der Notwendigkeit von Langzeitenergiespeicher, dem Bedarf an alternativen Energietransportlösungen etc.) das Ziel der Demonstration der Umstellung der österreichischen Volkswirtschaft auf eine weitestgehend CO2-neutrale Struktur mit einer dafür auch signifikant notwendigen Transformation auf ein stark Wasserstoff-basiertes Energiesystem. Erneuerbarer Wasserstoff bildet somit die zentrale Komponente, wobei die Möglichkeiten zu dessen Herstellung und Speicherung, die chemische Umsetzung zu Methan und anderen Kohlenwasserstoffen, die jeweilige Verbrennung und Rückverstromung in einer Vielzahl an verschiedenen Anwendungsfeldern und -prozessen analysiert, realisiert, weiterentwickelt und demonstriert werden. Dadurch wird die gesamte Wertschöpfungskette in der österreichweiten Vorzeigeregion dargestellt und beforscht.

WIVA P&G zeigt, dass Österreich eine perfekt geeignete Region für den Umstieg auf ein System mit grünem Wasserstoff, welcher wiederum einen fundamentalen Baustein für den Transformationsprozesses des Energiesystems darstellt. In WIVA P&G stehen hierbei drei Segmente bzw. drei generelle Innovationsfelder im Fokus: (1) Grüne Energie (2) Grüne Industrie (3) Grüne Mobilität.

NEFI – New Energy for Industry

Eine weitere Vorzeigeregion ist ein Innovationsverbund aus Wissenschaft, Technologieanbietern und Unternehmen, der den Weg zur Dekarbonisierung der Industrie skizziert und in die PRaxis bringt. Der Umstieg auf erneuerbare Energien zur Erreichung der europäischen Klimaschutzziele stellt die österreichische produzierende und energieintensive Industrie vor eine große Herausforderung. Gleichzeitig bietet sich für österreichische Technologieanbieter aber auch die Chance, ihre Marktführerposition weltweit auszubauen. NEFI – New Energy for Industry ist ein einzigartiger Innovationsverbund zwischen Technologieanbietern, Industrie, Wissenschaft, Politik und Öffentlichkeit. Gemeinsam soll bis 2025 der Weg zum vollständigen Ausstieg aus fossilen Energien in der produzierenden Industrie demonstriert werden. Die industriestarken Bundesländer Oberösterreich und Steiermark stehen hinter dem Programm und sind bereit die Entwicklung zu unterstützen. Mit fortschreitender Innovation wird sich die Mitgliederzahl erhöhen.

 

In den NEFI Sub-Projekten werden Schlüsseltechnologien zur Dekarbonisierung des industriellen Energiesystems entwickelt und demonstriert. Eine zentrale Rolle spielt die fortschreitende Digitalisierung, die neue Möglichkeiten zur Flexibilisierung des Energiesystems und der Industrieprozesse schafft. NEFI setzt auf sechs Innovationsfelder (siehe Grafik) und verfolgt einen systemischen Ansatz, in dem das Unternehmen wichtiger Teil eines integrierten Energieverbundes ist. Dadurch ergeben sich auch neue Geschäftsfelder.

Blockchain Grid

Beim Jahresevent der Vorzeigeregionen stand auch die auch die südsteirische Gemeinde Heimschuh. Sie ist Schauplatz eines Weg zu den für die Energiewende wesentlichen Energiegemeinschaften und demonstriert seit 2017 in außergewöhnlichen Test-Projekten, wie sich der Energiemarkt künftig entwickeln könnte. Nach der Erprobung eines „zentralen Gemeinschaftsspeichers“ für Photovoltaik-Strom von Privathaushalten von 2017 bis 2019, wurde in den vergangenen zwei Jahren noch ein Schritt weiter gemacht.

Im Forschungsprojekt Blockchain Grid haben zwölf Haushalte einen sogenannten Insel-Handel von Sonnenstrom in der Praxis getestet. Das bedeutet: Wer mit der eigenen Photovoltaikanlage zu viel Strom erzeugt, kann den Überschuss direkt an seine Nachbarn verkaufen oder in den Gemeinschaftsspeicher einspeichern. Möglich wird das durch den Einsatz des gemeinsamen Batteriespeichers und die Blockchain-Technologie. Heimschuh ist dadurch eine der ersten lokalen Energiegemeinschaften in Europa. Das Ziel solcher Energie-Inseln ist es, lokal erzeugte Energie auch vor Ort zu speichern und zu verbrauchen – und somit weitgehend unabhängig von externen Stromquellen zu werden.

„Wir erwarten einen Zuwachs an privaten Photovoltaik-Anlagen, deren Anschaffung sich durch die positiven Effekte der Energiegemeinschaft noch schneller rentiert als bisher. So haben BürgerInnen und Kommunen nicht nur die Chance Geld zu sparen, sondern auch aktiv zur grünen Energiewende beizutragen“, so die Energie Steiermark Vorstände Christian Purrer und Martin Graf.

Die Ergebnisse des Projekts belegen die Potenziale: Durch den Einsatz des Gemeinschaftsspeichers und des Insel-Handels konnte der Eigennutzungsgrad der Photovoltaik-Energie von 48 Prozent auf 73 Prozent erhöht werden. Dies bedeutet eine große Entlastung, sowohl für das Stromnetz als auch für die Konsument:inne: Jeder Haushalt kann so bis zu 500 Euro an Netzgebühren, Steuern und Abgaben pro Jahr sparen. Voraussetzung dafür war auch die Implementierung von Energiegemeinschaften im neuen Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) der Bundesregierung.

Dass Innovationsförderung von staatlicher Seite ein richtiges Mittel für effektiven wichtigen und sozial gerechten Klimaschutz ist, bestätigte auch Tom Krebs, Professor für Makroökonomik und Wirtschaftspolitik an der Universität Mannheim und Berater des deutschen Finanzministeriums in wirtschaftspolitischen Fragen, in seiner Keynote anlässlich der Zwischenbilanz zu den Vorzeigeregionen Energie.