16. Mai 2023
Klimastatusbericht 2022 warnt vor Folgen massiven Gletscherschwunds
Hohe Temperaturen, wenig Schneefall kombiniert mit einer starken Strahlung führten 2022 zu massivem Gletscherschwund. Die österreichweite Durchschnittstemperatur von 8,1 Grad Celsius plus entspricht einer Abweichung von plus 2,3 Grad zum Bezugszeitraum 1961 bis 1990. Ein Minus von zwölf Prozent gab es hingegen beim Niederschlag, während rund 1.750 Sonnenstunden ein Plus von 14 Prozent ergeben. Das sind einige Details aus dem Klimastatusbericht 2022.
Der jährlich erscheinende Bericht wird im Auftrag des Klima- und Energiefonds sowie der Bundesländer durch das Climate Change Centre Austria (CCCA) in Zusammenarbeit mit Geosphere Austria (ehemals ZAMG) und der Universität für Bodenkultur (BOKU) Wien erstellt. „Der Bericht verdeutlicht erneut, dass wir jedes Jahr und auf allen Ebenen ambitionierten Klimaschutz brauchen“, lautete das Resümee von Klimaschutzministerin Leonore Gewessler.
„Die Auswirkungen der Klimakrise sind bereits heute deutlich spürbar: Extremwettereignisse, Dürreperioden, Gletscherschwund – dafür ist die Klimakrise verantwortlich. Steigen die Temperaturen in den Bergen noch weiter, schmilzt das Eis noch schneller“, so Gewessler.
Tatsächlich war 2022 im Gebirge der viertwärmste Sommer seit Beginn der Messungen, eine geringe Schneedecke und hohe Mengen an Saharastaub sorgten für eine rasche Gletscherschmelze. Die österreichischen Gletscher verloren im Jahr 2022 im Mittel drei Meter Eisschicht, das war in etwa doppelt so viel Masse wie im Schnitt der vergangenen 30 Jahre. Die Schmelze und auftauende Permafrostböden führen zu Steinschlägen, Felsstürzen und Murenabgängen und gefährden dadurch den (Ski-)-Tourismus, die alpine Infrastruktur sowie die Sicherheit im alpinen Raum.
Gletscher werden in 20 Jahren halbiert
Der Gletscherschwund wirkt sich weiters auf den Wasserkreislauf, die Biodiversität, die Schifffahrt bis hin zur Energiewirtschaft aus. Rasche Anpassungsmaßnahmen – insbesondere in den Bereichen Wasserwirtschaft, Katastrophenschutz und Tourismus – seien daher nötig: „Wir müssen davon ausgehen, dass sich die Gletscher in den nächsten 20 Jahren – ganz unabhängig, von welchem Szenario man ausgeht – halbieren werden. Wir können das nicht mehr verhindern. Nun ist es wichtig, sich mit dem totalen Verlust der Gletscher auseinanderzusetzen, um die Auswirkungen so gering wie möglich zu halten“, so Herbert Formayer, wissenschaftlicher Leiter des Berichts und Professor am Institut für Meteorologie und Klimatologie (BOKU Wien).
2022 war im Mittel über Österreich hinter 2018 das zweitwärmste Jahr seit Messbeginn 1767, besonders im Westen und Süden war es teilweise sogar das wärmste Jahr. Mitte Juli sorgte eine Hitzewelle für Temperaturen von bis zu 38 Grad Celsius (Seibersdorf, Niederösterreich). In Wien verursachte die Hitze um 300 Rettungseinsätze mehr pro Tag als üblich. Sommer und Herbst waren die viertwärmsten Jahreszeiten der jeweiligen Vergleichsreihe, der Oktober bilanzierte als wärmster der Messgeschichte, in dem erstmals auch eine sogenannten Tropennacht verzeichnet worden ist.
Die Jahressumme des gemessenen Niederschlags wird im österreichischen Flächenmittel auf rund 940 mm geschätzt. Jedoch gib es ein extremes Ost-West-Gefälle, denn am wenigsten regnete und schneite es am Neusiedler See und im Marchfeld, wo sich über das Jahr nur etwa 380 mm summierten. Am anderen Ende des Landes, nämlich für Hochlagen des Bregenzerwaldes, werden hingegen bis zu rund 2.400 mm Niederschlag angenommen. Neben Hitze und Trockenheit war das Jahr von einzelnen schweren Unwettern mit Murenabgängen und Überschwemmungen geprägt.
Am 28. Juni verursachten in Arriach und Treffen (Kärnten) heftige Unwetter das größte Hochwasser der vergangenen drei Jahrzehnte und sorgten für Beschädigung und Zerstörung mit Gesamtschäden von rund 100 Mio. Euro in der Landwirtschaft. Während Mitte August im Westen (Rheintal) extremer Starkregen Straßen und Gebäude überflutete, verursachte die anhaltende Trockenheit im Osten niedrige Pegelstände von Seen und Grundwasser. Der Neusiedler See (Burgenland) erreichte seinen tiefsten Wasserstand seit 1965. Zur Gänze ausgetrocknet ist 2022 der ebenfalls im Burgenland gelegene Zicksee.
Am 18. August zog dann eine vor einer Gewitterlinie auftretende Böenfront über Unterkärnten, die Steiermark und Teile des Most- und Waldviertels. Windspitzen von bis zu 170 km/h (Lackenhof, Niederösterreich) sorgten für verheerende Schäden und forderten fünf Todesopfer. Das Jahr endete mit einem außergewöhnliches Tauwetter im letzten Monatsdrittel des Dezember: Die hohen Temperaturen sorgten für erheblichen Schneemangel in vielen Skigebieten. In manchen Gebieten öffnete man touristische Angebote des Sommerbetriebes wie Sommerrodelbahnen oder Liftfahrten für Wanderer und Wanderinnen, heißt es im „Klimastatusbericht 2022″.