Kategorie Klima- & Umweltschutz - 3. Februar 2023
Klimawandel verstärkt Wasserknappheit mehr als bisher gedacht
Die Auswirkungen des Klimawandels auf die Wasserverfügbarkeit könnten laut einer neuen Studie unter der Leitung des Hydrologen Günter Blöschl von der Technischen Universität (TU) Wien bisher deutlich unterschätzt worden sein. Die im Fachjournal „Nature Water“ erschienene Analyse auf Basis von Messdaten aus über 9.500 hydrologischen Einzugsgebieten auf der ganzen Welt zeigt, dass die Flusssysteme empfindlicher auf die Änderungen reagieren als bisher gedacht.
Das weitverzweigte Team um Blöschl und Yongqiang Zhang von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften trug Messdaten zum Wasserabfluss aus allen Weltgegenden zusammen. Das Ziel war es, diese Informationen mit Daten zu den Niederschlägen, zur Sonneneinstrahlung und anderen meteorologischen Einflussfaktoren großflächig zu vergleichen. Das wurde bisher so noch nicht durchgeführt, erklärte Blöschl im Gespräch mit der APA.
„Die Neuerung ist, dass man nicht einfach aus dem Niederschlag mit einem vorgegebenen Modell ausrechnet, wie viel Abfluss es dann am Ende dieses Jahrhunderts geben wird. Wir befragen die Messungen selbst“, so der Wissenschafter vom Institut für Wasserbau und Ingenieurhydrologie der TU Wien. In Klimamodellen auf physikalischer Basis, an denen sich auch der Weltklimarat IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) orientiert, werde direkt aus den Regen- auf die Wasserabflussmengen geschlossen. Zwischen diesen beiden Punkten liegen aber viele Einflussfaktoren.
Viele Einflussfaktoren bisher nicht berücksichtigt
Einfach einen Wert für alle Regionen anzunehmen, funktioniere nicht, da etwa die Speicherfähigkeit der Böden oder die lokale Vegetation starken Einfluss auf die Bilanz hat. Auf Basis ihrer umfassenden Daten darüber, was welche Änderung regional in der Vergangenheit bewirkt hat, stellen die Wissenschafter nun Prognosen bis zum Jahr 2050 an.
Dabei zeigte sich, dass im Schnitt mit weniger verfügbarem Wasser in Flüssen zu rechnen ist, als es die Klimamodelle vorhersagen. So lasse sich darauf schließen, dass viele Systeme deutlich sensibler auf Veränderungen reagieren als angenommen. „Unsere Schätzung weist auf die Möglichkeit hin, dass eine zukünftige Wasserkrise schwerwiegender sein könnte als erwartet“, schreibt das Team in der Arbeit.
Wahrscheinlichkeit von Wasserkrisen in Nordamerika bisher unterschätzt
Während die neuen Erkenntnisse für Europa ein gegenüber bisherigen Prognosen kaum verändertes Bild zeichnen, wurde die Wahrscheinlichkeit von Wasserkrisen vor allem in Nordamerika, in Teilen Asiens, in Afrika und Australien bisher unterschätzt: Die Abweichungen betragen im Schnitt rund zehn Prozentpunkte. Prognostiziert der IPCC also für eine Region ein Minus von um die zehn Prozent bei den Abflussmengen, sind es sehr vereinfacht ausgedrückt den neuen Analysen zufolge eher 20 Prozent. „Das tut dann viel mehr weh“, betonte Blöschl.
Für Europa kommt auch in der aktuellen Studie die oft prognostizierte Abnahme des verfügbaren Wassers in der Mittelmeerregion heraus. „Der Mittelmeerraum ist generell ein Hotspot“, sagte Blöschl.
In Österreich wird sich die Niederschlagsmenge in der Jahres-Gesamtbilanz voraussichtlich nicht so stark verändern – auch wenn es Verschiebungen über die Jahreszeiten hinweg, wie etwas weniger Regen im Sommer, geben wird. Der wichtigste Faktor für die Wasserverfügbarkeit sei aber die weitere Zunahme der Verdunstung vor allem in den flachen Regionen im Osten und Südosten von Österreich durch die Temperatur- und Sonneneinstrahlungsanstiege.
In den vergangenen 50 Jahren alleine stieg die gemessene Verdunstung landesweit um 17 Prozent an. Diese jährlich fehlende Menge entspreche dem gesamten Wasser, das weltweit pro Jahr von Menschen getrunken wird, betonte Blöschl, der damit rechnet, dass sich diese Entwicklung bis zum Jahr 2100 noch verstärken wird: „Das ist ungeheuer viel Wasser, das weg ist.“
Für den Forscher ist klar, dass sich für zukünftige Abschätzungen Hydrologen und Klimaforscher und -modellierer besser vernetzen sollten, um zu belastbareren Daten zu kommen. „Was das Wasser im Boden tut“, müsse in die Berechnungen eingehen.
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