Kategorie Innovation & Technologie - 7. Januar 2021

Erfolgreiche kommunale Klimaschutzpolitik über die österreichischen e5-Gemeinden

e5 lautet der schlichte Name eines Programms, welches seit über 20 Jahren Städte und Gemeinden dabei unterstützt, energie- und klimapolitischen Maßnahmen umzusetzen. Wie kaum eine andere Initiative kann es auf Gemeindeebene einen ähnlich erfolgreichen Schritt zur Etablierung einer Nachhaltigkeits-Liga vorweisen und gilt in Österreich als ein Paradebeispiel für die erfolgreiche Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Gemeinden: Der Bund unterstützt das Programm durch seine österreichweite Klimaschutz-Mitmachbewegung klimaaktiv, die Länder stehen als Träger des e5-Programms vor Ort zur Seite und in den Gemeinden werden die Maßnahmen umgesetzt.

Die „e“ stehen hier synonym wie bei Hotel- oder Restaurantguides für Sterne, die Städte und Gemeinden bei erfolgreicher Umsetzung möglicher Energieeffizienzmaßnahmen – von einem bis maximal fünf „e“- verliehen bekommen.

Photovoltaik Dachanlage in Griffen, einer e5-Gemeinde in Kärnten.

Das e5-Programm ermuntert und unterstützt so Österreichs Gemeinden ihre Energie- und Klimaschutzpolitik zu modernisieren, Energie und damit Kosten zu sparen und verstärkt auf erneuerbare Energieträger zu setzen. Die Gemeinden bilden somit das Fundament für die Energiewende und ihr Engagement ist ein wesentlicher Beitrag zum Klimaschutz in Österreich, Europa und der Welt.

Derzeit nehmen österreichweit bereits 240 Gemeinden und Städte aus 7 Bundesländern am e5-Programm teil, darunter 4 Landeshauptstädte. Über 19,2 Prozent der österreichischen Bevölkerung lebt bereits in einer e5-Gemeinde.

Angelehnt an Qualitätsmanagementsysteme ist das e5-Programm als ein Prozess zu verstehen, in dem Schwachstellen aufgedeckt und Verbesserungspotenziale identifiziert, Verbesserungsprozesse in Gang gesetzt sowie Strukturen und Abläufe zur erfolgreichen Umsetzung von Energieprojekten aufgebaut respektive verstärkt werden sollen. Das alles passiert unter aktiver Mitgestaltung der Bevölkerung an energiepolitischen Entscheidungen und Aktivitäten sowie mit regelmäßigen Auszeichnungen der Gemeinden entsprechend ihrem Erfolg.

Gemeindezentrum in Ludesch, einer e5-Gemeinde in Vorarlberg.

Eine Mitgliedschaft im e5-Programm bietet also einen vielfältigen Nutzen für die Gemeinde und deren Einwohnerinnen und Einwohner. Neben materiellen Vorteilen (z.B. Kosteneinsparung durch Energieeffizienzsteigerung) sind es vor allem die Strukturen und Arbeitsmethoden, die e5-Gemeinden von anderen Gemeinden unterscheiden – und den energiepolitischen Erfolg ausmachen.

Das europäischer Äquivalent des e5-Programms ist der European Energy Award (eea) an die Teilnehmenden am e5-Programm automatisch partizieren. Mit der Erreichung des dritten (von maximal fünf) „e“ bekommen die Gemeinden die europäische Zertifizierung European Energy Award, mit dem fünften dann den European Energy Award in Gold verliehen.

29 Gemeinden sind Energie-Champions

Am European Energy Award als internationales Qualitätsmanagement- und Zertifizierungsinstrument für kommunalen Klimaschutz nehmen aktuell 12 Nationen und mehr als 1.400 Städte und Gemeinden mit 40 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern teil.

Auch 2020 wurden die Awards vergeben und erneut konnten zahlreiche österreichische Gemeinde ihre Positionen im Spitzenfeld halten: 13 Gemeinden wurden mit dem eea Award in Gold prämiert.

„Die vielen und sehr engagierten Gemeinden sind wichtige Multiplikatoren, Kommunikatoren und Vorreiter in Sachen Klimaschutz. Es freut mich daher sehr, dass so viele unserer Gemeinden im Spitzenfeld der europäischen Vorreiter der Energiewende sind“, so Klimaschutzministerin Leonore Gewessler zu den Auszeichnungen. „Das zeigt, es sich lohnt in Sachen Klimaschutz an einem Strang zu ziehen.“

Eine Auszeichnung wird verliehen, wenn die Gemeinde mehr als 50 Prozent aller möglichen Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz, zur Versorgung mit erneuerbaren Energien und zum Klimaschutz umsetzt. Insgesamt wurden heuer 46 österreichische Gemeinden und Städte prämiert.

Verkehrssparende Siedlungsentwicklung in Mank

Seit 2004 wird in Mank in NÖ größtes Augenmerk auf eine verkehrssparende Siedlungsentwicklung sowie die Förderung von Aktiver Mobilität (Radfahren und Zufußgehen) gelegt. Wie das genau aussieht, seht ihr hier! ??

Posted by klima:aktiv on Thursday, December 17, 2020

Setzt eine Gemeinde sogar mehr als 75 Prozent aller möglichen energie- und klimarelevanten Maßnahmen um, wird sie mit dem European Energy Award in Gold ausgezeichnet. Acht Gemeinden haben im Zuge von Gold-Audits in den Jahren 2019 und 2020 ihre bereits in vorherigen Jahren erlangte hohe Zertifizierung durch eine weiterhin erfolgreiche Klimaschutzarbeit bestätigt: Villach, Trebesing, Kötschach-Mauthen, Weiz, Wörgl, Feldkirch, Götzis und Großes Walserstal. Neu in die Familie der eea Gold-Gemeinden sind weitere 5 Gemeinden: Velden, Rennweg am Katschberg, Baden, Wieselburg und Volders. Insgesamt zählt Österreich mittlerweile 29 Gemeinden, die ein e5 Gold-Audit bestanden oder gar verteidigt haben.

Kleinwasserkraft im großen Stil

Das Große Walsertal gehört zum illustren Kreis an e5-Gemeinden, die sich mit fünf „e“ schmücken dürfen und ist seit nun mehr 20 Jahren auf dem Weg zur Energieautonomie. Seit 2014 wird in der Region mehr Strom produziert als verbraucht und damit jenes Ziel erreicht, das sich Vorarlberg im Maßnahmenplan zum 2019 ausgerufenen „Climate Emergency“ bis 2030 gesetzt hat. Aufbauend auf einer über 50-jährigen Tradition privater Initiativen zur privaten Kleinwasserkraft erlebte das Tal 2005 mit der Revitalisierung des Kraftwerks Rothenbrunnen frischen Schwung, der die installierte Leistung binnen weniger Jahre verdoppelte.

Als zweites Standbein gilt im Tal die Nutzung der Sonnenenergie. Allein in der ersten Photovoltaik-Hochphase zwischen 2002 und 2005 wurden PV-Anlagen mit einer Gesamtleistung von 1.000 kWp installiert. Zum Vergleich: Eine klassische PV-Anlage auf einem Einfamilienhaus leistet 5 kWp.

 

„Wir haben – als Klima- und Energiemodellregion und mit großer Unterstützung der Gemeinden und durch das e5-Programm – immer intensiv die Leute angesprochen. Persönlich oder im Rahmen von Veranstaltungen“, erklärte der Energiemanager Albert Rinderer das Kampagnenengagement. Nur einen Flyer an alle Haushalte verschicken bringe kaum mehr etwas.

Weiterhin sei der Ausbau der Solarenergie und die verstärkte Nutzung regionaler Biomasse geplant. Vorarlbergs erste und bislang einzige große Freiflächen-PV-Anlage ist bereits im Einsatz und die illwerke vkw als größter Energieversorger in Vorarlberg erproben im Großen Walsertal Innovationen im Strombereich. „Da in den Nullerjahren mehrere kleine Wasserkraftwerke entstanden sind, stieß das 30kV-Bestandsnetz an seine Grenzen. Um die Projekte nicht wirtschaftlich zu verunmöglichen, wurden im Rahmen eines mehrjährigen Forschungsprojektes mit einer „intelligenten Netzregelung“ neue Lösungswege erschlossen“, so der illwerke-Vorstand Helmut Mennel. „Seit 2012 konnten damit vier weitere Kleinkraftwerke ohne Netzausbauten angeschlossen werden“.

Die Errichtung von Photovoltaikanlagen wird weiterhin vom Bund großzügig unterstützt. Zudem gibt es für Privatpersonen im Energieinstitut neben dem immer verfügbaren kostenlosen Energietelefon eine spezielle PV-Beratung, in der vor Ort eine Bestandsaufnahme, Potential- und Kostenabschätzung erfolgt.

Klimawandelanpassung für einen Wald

Lassee ist eine e5-Gemeinde in Niederösterreich und nimmt dort mit seinem Waldbewirtschaftungsplan eine absolute Vorreiterrolle ein. Die vom Klimawandel besonders betroffenen Wälder, die auf viele Veränderungen nicht kurzfristig reagieren können, stehen hier im Mittelpunkt eines Konzeptes für den gemeindeeigenen Wald , um diesen auf zukünftige Klimaveränderungen vorzubereiten und anzupassen. Ziel ist eine nachhaltige Bewirtschaftung unter ökologischen, ökonomischen und sozialen Gesichtspunkten. Neben der Verjüngung der Bestände mit standortgerechten Baumarten werden durch angepasste Pflegemaßnahmen vitale Bestände im Alter gesichert.

Neben der Arbeit am sogenannten klimafitten Wald wurde auch ein vorbildhaftes Nutzungskonzept, welches ganz im Zeichen der Lasseer Kreislaufwirtschaft steht, erarbeitet. Alle öffentlichen Gebäude, die nicht an die Nahwärme angeschlossen sind, werden mit Hackschnitzel aus dem eigenen Wald versorgt.

Energieeffiziente Volksschule

In Lebring-St.Margarethen, einer weiteren e5-Gemeinde, wurde die Volksschule energieeffizient und ökologisch saniert mit dem Ziel, die 1929 erbaute und 1968/1979 erweiterte Volksschule nicht einfach neu zu verputzen, sondern zum Vorzeigeprojekt für eine ganze Region werden zu lassen. Durch ein innovatives Sanierungskonzept wurde mit Hilfe einer erstklassigen thermischen Sanierung der Gebäudehülle der Heizwärmebedarf um volle 80 Prozent gesenkt. Statt bisher 135 Kilowattstunden (kWh) pro m2 und Jahr braucht man künftig gerade noch 24 Kilowattstunden (kWh), was zudem eine Einsparung von rund 10.000 Euro an Energiekosten pro Jahr für die Schule bedeutet.

Im Zuge der Erneuerung wurde ein Pflichtenheft ausgearbeitet, das für alle Beteiligten bindend war: Die Haustechnik, von der Regeltechnik bis zur Lüftung wurde alles erneuert, eine hauseigene Photovoltaikanlage soll künftig mehr als 38.000 kWh Strom jährlich erzeugen, weit mehr als die Schule selbst verbraucht.

Im selben Jahr hat sich die Marktgemeinde mit den Gemeinden Hengsberg, Lang, Stocking, Wildon und Weitendorf zur Kleinregion Hengist zusammengeschlossen und im Zuge dieser Kooperation ein kleinregionales Entwicklungskonzept erarbeitet. Die Wärmeversorgung der gemeindeeigenen Gebäude erfolgt großteils auf Basis erneuerbarer Energieträger und seit einigen Jahren sind Photovoltaikanlagen für die Stromerzeugung in der Kommune im Einsatz. So wird beispielsweise der Betrieb der Trinkwasserpumpwerke und der Kläranlage durch Sonnenstrom unterstützt.

Auch das Thema Mobilität wird in Lebring- St. Margarethen großgeschrieben. Unter anderem hat man am Mobilitätsprojekt „Gut zu Fuß“ teilgenommen, für den Bauhof ein eigenes E-Fahrzeug angeschafft und ein E-Carsharing-Modell etabliert.

INFObox: klimaaktiv ist die Klimaschutzinitiative des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK). Mit der Entwicklung und Bereitstellung von Qualitätsstandards, der Aus- und Weiterbildung von Profis, mit Beratung, Information und einem großen Partnernetzwerk ergänzt klimaaktiv die Klimaschutzförderungen und -vorschriften.