Kategorie Innovation & Technologie - 22. Oktober 2019
Verschlüsselung mithilfe von Satelliten ist möglich
Sicherheitsforscher der FH St. Pölten nutzen bestehende Satelliten, um Verschlüsselungen über weite Distanzen abhörsicher zu machen. Dies ist kostengünstiger und schneller einsetzbar als die Quantenverschlüsselung.
Die sicherste Methode der Kryptografie war bisher, dass man den Schlüssel auf einen Memory-Stick speichert und diesen selbst dorthin bringt, wo die Verschlüsselung gelöst werden soll, erzählt Ernst Piller von der FH St. Pölten. Sein Team hat nun die weltweit ersten Patente eingebracht, die ähnlich sicher sind wie eine persönliche Lieferung, aber über weite Distanzen funktionieren.
„Wir nennen es Satellitenkryptografie, da es sich um eine physikalische Verschlüsselung handelt, die mithilfe des Einsatzes von Satelliten durchgeführt wird“, sagt Piller. Sein Team testete im Projekt „KIF – Kryptografie für kabellose Kommunikation“, unterstützt von der Forschungsförderungsgesellschaft FFG, wie weit die Messung von „Funkkanaleigenschaften“ in der Kryptografie einsetzbar ist.
Diese Eigenschaften ergeben sich auf dem Weg eines Signals von der Erde zum Satelliten und zurück: Die Lage von Sender und Empfänger, Umwelteinflüsse und die Bewegung des Satelliten führen zu Veränderungen des Signals, die nur direkt am Ort des Senders und des Empfängers ident sind. Aus den Signalveränderungen lassen sich Zufallsdaten erzeugen für einen kryptografischen Schlüssel.
Der Inhalt kann von jemandem, der an einem anderen Ort sitzt, nicht abgehört werden, die Zufallsdaten sind nur beim Sender und beim Empfänger gleich. „Bisher basieren Verschlüsselungen auf mathematischen Methoden, mit der Annahme, dass man so schwer lösbare mathematische Probleme nutzt, die kein Angreifer lösen kann“, sagt Piller.
Nicht zu knacken
Doch bei großen Firmen und staatlichen Institutionen schwingt stets die Sorge mit, dass vielleicht doch jemand die mathematischen Verschlüsselungen knacken könne – oder bereits geknackt hat. „Dann wären alle geheim gesendeten Daten öffentlich“, so Piller, der auch meint, dass Quantencomputer in Zukunft die heute verwendeten mathematischen Verschlüsselungen problemlos knacken werden.
Eine sehr elegante physikalische Methode ist freilich auch die Quantenkryptografie, bei der man die „spukhafte Fernwirkung“, wie Einstein es nannte, nutzt, die zwei Teilchen über weite Distanzen verschränkt. „Das ist hochsicher, aber noch in weiter Zukunft. Man müsste neue, teure Satelliten ins All schicken, um die Quantenkryptografie über weite Distanzen zu ermöglichen, und benötigt sehr teure Endgeräte.“
Pillers Team hingegen setzt auf Satelliten, die bereits über der Erde fliegen. „Wir konnten mit der Gruppe von Otto Koudelka an der TU Graz zusammenarbeiten“, erzählt Piller. Die Experten für Satellitenkommunikation bestätigten mit dem Prototyp der FH St. Pölten: Experiment geglückt.
Die weltweit ersten Patente
Eine 256-stellige Zahl, die als Schlüssellänge gewählt wurde, konnte nach der Reise der Signale zum Satelliten und zurück an beiden Orten durch Messungen mit kostengünstigen Endgeräten identisch ermittelt werden. „Wir haben nun gezeigt, dass es ohne große Kosten möglich ist, Satelliten für eine physikalische Erzeugung und Verteilung von Schlüsseln zu nutzen. Vielleicht sind wir unserer Zeit voraus, denn es hat uns sehr verwundert, dass wir weltweit die Ersten waren, die diese Methode zum Patent angemeldet haben“, sagt Piller. Das Land Niederösterreich erkannte jedenfalls die Wichtigkeit der Technologie und zeichnete Anfang Oktober Pillers Team mit dem Innovationspreis NÖ aus.
Veronika Schmidt, Die Presse