Kategorie Informationen & Tipps - 30. November 2021

Biodiversität: AI soll lernen, Vögel an ihrem Gesang zu erkennen

Wissenschaftler:innen wollen mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) zum ersten Mal den Stand der biologischen Vogelvielfalt einheitlich erfassen. Damit das System Vogelstimmen von überall auf der Welt auf Aufnahmen möglichst bald passend zuordnen kann, braucht es jedoch Unterstützung von geübten Beobachtenden. Die Forschenden rufen daher auch Österreicher:innen zum Mitmachen auf. Überprüft wird das maschinelle Können u.a. anhand von Aufnahmen aus Wien, Oberösterreich und Tirol.

Vögel an ihrem Gesang zu erkennen, war bis vor Kurzem Menschen mit vogelkundlichem Wissen vorbehalten. Im Projekt LIFEPLAN lernen erstmals Maschinen, Vogelstimmen aus aller Welt zuzuordnen. An der Datenbasis können alle mitwirken, die erkennen, wer da zwitschert, pfeift und tiriliert.

Im Projekt LIFEPLAN wird der Stand der biologischen Vielfalt erstmals weltweit nach einheitlichen Standards erfasst. Um die Vogelarten rund um den Globus zu erheben, entwickelt das Projektteam eine neue Technik für die automatisierte Erkennung von Vogelgesängen. Damit die Maschinen lernen, Vogelstimmen zuzuordnen, braucht es Trainingsdaten und menschliche Hilfe. Als Trainingsdaten nutzt das LIFEPLAN Team Aufnahmen aus dem weltweit größten Archiv von Tiergeräuschen, der US-amerikanischen Macaulay Library.

Wer zwitschert denn da?

Damit die Maschinen lernen, Vögel zu erkennen, braucht es den Menschen. Zunächst werden typische Klangmerkmale verschiedener Vogelarten identifiziert. Dabei ist das Wissen aller gefragt. Vogelbeobachter:innen auf der ganzen Welt können sich auf dem Online-Portal “Bird Sounds Global” anmelden, typische Ausschnitte aus den Tonaufnahmen auswählen und Zuordnungen überprüfen. Ein Algorithmus lernt dann auf Basis dieser Zuordnungen, Vögel zu erkennen. In der Praxis wird die neue Technik an den Aufnahmen von den über 200 LIFEPLAN Forschungsstandorten aus aller Welt getestet. Wöchentlich werden dafür seit dem Frühjahr 2021 große Datenmengen im Projekt LIFEPLAN gesammelt, unter anderem vom Zöbelboden, einer der größten Forschungsstationen Österreichs. Er wird vom Umweltbundesamt mit der Unterstützung von den Österreichischen Bundesforsten (ÖBf) und dem Nationalpark Kalkalpen im Reichraminger Hintergebirge betrieben.

Wer sich beteiligen und beim Aufbau der automatisierten Vogelerkennung mitwirken will, kann über das Portal Bird Sounds Global zehn Aufnahmen pro Spezies zuordnen oder überprüfen. Wer mindestens 100 Vogelgesänge bearbeitet, wird als Mitautor:in in einer wissenschaftlichen Fachzeitschrift genannt, in der über die neue LIFEPLAN Technik berichtet wird.

LIFEPLAN: Erstes globales Inventar zur Biodiversität

Im Projekt LIFEPLAN wird unter der Leitung der Universität Helsinki erstmals die biologische Vielfalt weltweit nach einheitlichen Standards gemessen, überwacht und analysiert. Österreich beteiligt sich mit drei Standorten. Das Umweltbundesamt und der Nationalpark Kalkalpen stellt die Daten vom Forschungsstandort Zöbelboden und vom nahegelegenen urbanen Messstandort Molln zur Verfügung, die Universität Wien und die Gemeinde Wien steuern Untersuchungen im Botanischen Garten und im Lainzer Tiergarten bei. Die Tiroler Landesmuseen und der Naturpark Karwendel betreuen mit Unterstützung des Landes Tirol einen Standort in Hall bzw. im Karwendelgebirge. Die Daten, die in den drei Gebieten erhoben werden, sind nicht nur ein wichtiger Beitrag zur weltweiten Biodiversitätsforschung, sondern auch eine wichtige Grundlage für Analysen auf nationaler und lokaler Ebene.

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