Kategorie Klima- & Umweltschutz - 6. Juli 2023

LIFE-Boat: So läuft die Rettung bedrohter Störarten in der Donau

Die letzten Störarten bewahren und ihre Lebensräume schützen – das sind die Ziele des EU-Projekts mit nationalen und internationalen Partner:innen unter der Leitung der BOKU.

Störe leben seit mehr als 200 Millionen Jahren auf der Erde und sind trotzdem die am stärksten bedrohte Tierfamilie der Welt. Die Menschheit hat sie in den vergangenen, lediglich 200 Jahren an den Rand des Aussterbens gebracht.

In der Donau soll sich die Situation nun mit dem EU-Projekt LIFE-Boat 4 Sturgeon zum Besseren wenden. Ziel des Projektes: Die letzten Störarten bewahren und ihre Lebensräume schützen. Die Vorarbeiten dazu haben bereits begonnen.

In Europa sind alle Störarten vom Aussterben bedroht. Auch in der Donau sind bereits zwei von sechs Arten nicht mehr vorhanden. Die verbleibenden vier Arten können sich aus eigener Kraft nicht erholen und sind laut jüngster WWF-Analyse auch durch Wilderei massiv bedroht.

Mit dem EU-Projekt LIFE-Boat 4 Sturgeon haben der Bund, die Stadt Wien sowie Institutionen aus Ungarn, Slowenien, Rumänien, Bulgarien, Slowakei und Ukraine unter der Leitung der Universität für Bodenkultur  (BOKU) Wien Rettungsmaßnahmen begonnen. Bis 2030 sollen die Störarten Sterlet, Waxdick, Sternhausen und Hausen durch eine Reihe von Maßnahmen vor dem Aussterben bewahrt werden. Störe reagieren laut BOKU sehr empfindlich auf Umwelteinflüsse und sind daher auch wichtige Indikatoren für ein gesundes Flusssystem.

„Unser gemeinsames Ziel ist es, den einzigartigen Lebensraum an der Donau zu erhalten und zu schützen. Wenn wir sehen, dass Tierarten vor dem Aussterben stehen, braucht es unser entschlossenes Handeln. Ich freue mich, dass im Zuge dieses breit angelegten Projekts alles unternommen wird, um vier Störarten das Überleben zu sichern“, so Klimaschutzministerin Leonore Gewessler.

Schwimmende Aufzuchtstation am Donauufer

Herzstück der Maßnahmen ist der Aufbau einer schwimmenden Fischaufzuchtstation an der Donau in Wien. viadonau stellt das ehemalige Steintransportschiff MS Negrelli, die Fachabteilung Stadt Wien – Wiener Gewässer den Liegeplatz am donauseitigen Ufer der Donauinsel.

Innerhalb der Projektlaufzeit sollen bis 2030 etwa 1,6 Millionen Störe auf dem Schiff nachgezüchtet und Jungtiere in unterschiedliche Donauabschnitte ausgewildert werden und somit zum Erhalt der genetischen Vielfalt beitragen. Die Planungen für den Umbau des Schiffs haben bereits begonnen und erste 3D-Modelle der schwimmenden Aufzuchtstation liegen vor.

Auch die im Vorgängerprojekt errichtete und betriebene Sterlet-Aufzuchtstation auf der Donauinsel wurde Mitte April 2023 wieder in Betrieb genommen. Die ersten Sterlet-Eier befinden sich bereits in den Erbrütungsgläsern und werden demnächst schlüpfen. Die Hoffnung: Bereits mit diesem Nachwuchs aus der Aufzuchtstation eine selbstreproduzierende Population auszubilden.

Genetische Vielfalt als Schlüssel zum Erfolg

Um die genetische Diversität der Elterntiere für die Nachzucht zu sichern, werden vor Anschaffung der Fische Genproben genommen und auf Herkunft und Verwandtschaftsverhältnisse getestet. Mithilfe einer Genetik-Datenbank möchte das Stör-Projektteam einen diversen Genpool aufbauen. „Mit der schwimmenden Aufzuchtstation wollen wir einen wichtigen Beitrag zum Schutz der Störe und zur Erhaltung der genetischen Vielfalt leisten“, so Projektleiter Thomas Friedrich von der BOKU Wien.

Das Projekt läuft bis 2029, das Projektvolumen beträgt insgesamt 11,8 Mio. Euro, wovon 67 Prozent das EU-Programm LIFE übernimmt. Das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft und viadonau tragen jeweils 1 Million Euro zur Kofinanzierung bei, die Stadt Wien unterstützt mit 500.000 Euro. Weitere Beiträge kommen unter anderem von den Landesfischereiverbänden aus Niederösterreich, Oberösterreich und Wien sowie vom Nationalpark Donauauen.

Ein zusätzlicher Bedrohungsfaktor für die Stör-Population ist laut einer aktuellen Analyse des WWF die Wilderei besonders in der unteren Donau. Verstöße gegen Fangverbote, Verwendung illegaler Fanggeräte, verbotener Handel mit Stören und Störprodukten setze die Population der gefährdeten Fische stark unter Druck. 337 Fälle illegaler Aktivitäten seien laut WWF zwischen 2016 und 2022 im Zusammenhang mit Stören registriert, in diesem Zeitraum zudem über 950 illegal gefangene Störe beschlagnahmt worden.

Die Umweltorganisation geht jedoch davon aus, dass das nur einen kleinen Teil der tatsächlichen Fälle abbildet. Um den Wilderern auf die Spur zu kommen, entwickelte WWF bereits spezielle Methoden. So würden in Bulgarien zum Beispiel gemeinsam mit der Grenzpolizei erfolgreich Unterwassersonargeräte zum Aufspüren illegaler Hakenleinen eingesetzt. Dadurch konnten allein im Vorjahr 131 dieser tödlichen Fanggeräte aus dem Verkehr gezogen werden.

In Rumänien habe die Umweltorganisation den Kontrollbehörden Kamerafallen zur Verfügung gestellt, mit denen bisher 15 illegale Aktivitäten aufgedeckt werden konnten. Im Donaudelta würden außerdem gerade Möglichkeiten zur Drohnenüberwachung getestet.

Rettung von vier Störarten in der Donau angelaufen