Kategorie Klima- & Umweltschutz - 12. Juni 2023

Wie Mikroplastik in der Landwirtschaft einzudämmen ist

Plastik ist zu unserem ständigen Begleiter geworden. Die Menschheit produziert davon enorme Mengen. Die weltweite Kunststoffproduktion hat sich über die letzten 50 Jahre verzwanzigfacht. Ein beträchtlicher Teil davon landet in der Natur – mit verheerenden Auswirkungen auch auf den Menschen. Auch wenn es in manchen Bereichen sinnvoll sein kann, Plastik einzusetzen, ist es dort nicht nötig, wo es umweltfreundlichen Ersatz dafür gibt.

Im Regierungsprogramm ist verankert, dieser Plastikflut den Kampf anzusagen. Und es ist schon viel gelungen: Es gibt eine verbindliche Mehrwegquote, es wurde ein Pfandsystem beschlossen, es wurden Plastiksackerl, -strohhalme, Plastikteller und -besteck aus den Geschäften verbannt.

Klimaschutzministerin Leonore Gewessler hat heute im niederösterreichischen Glinzendorf den Biohof Adamah besucht, um sich mit Expert:innen über die Gefahr von Mikroplastik in der Landwirtschaft auszutauschen und neue Maßnahmen für die Eindämmung dieser Plastikteilchen in der Natur vorzustellen. Als Mikro- oder Nanoplastik gelten jene weniger als fünf Millimeter große Teilchen, die über Plastikrückstände in der Umwelt in unsere Nahrungsketten, in das Wasser, das wir trinken, und sogar in die Luft, die wir atmen gelangen.

„Mikroplastik sind winzige Plastikteilchen, die in der Natur, in unseren Lebensmitteln und sogar im menschlichen Körper gefunden werden. Das kann zu weitreichenden Folgen für unsere Gesundheit und die Umwelt führen. Wir müssen daher verhindern, dass Mikroplastik unkontrolliert in die Umwelt gelangt“, so Klimaschutzministerin Leonore Gewessler. Sie plädierte dafür, dort anzufangen, wo es gute Alternativen gib, beispielsweise auch in der Land- und Forstwirtschaft sowie im Gartenbau, wo man auf dünne Plastikfolien verzichten oder sie durch biologisch abbaubare Materialien ersetzen könne.

 

Gerade in der Landwirtschaft, in der Forstwirtschaft und im Gartenbau ist es besonders wichtig, Mikroplastik einzudämmen. Denn hier geht es um unsere wertvollen Böden, auf denen unser Obst und Gemüse angebaut wird, das dann in unseren Mägen und Körpern landet.

„Bis zu fünf Gramm Mikroplastik nimmt ein Mensch durchschnittlich pro Woche zu sich“, so Lukas Kenner, Mediziner und Krebsforscher. Das entspricht dem Gewicht einer Kreditkarte.

„Mikroplastik ist eine unsichtbare, aber allgegenwärtige Bedrohung, die uns und zukünftige Generationen in einem Ausmaß gefährdet, das wir erst beginnen zu verstehen. Wir konnten nachweisen, dass die Nanoplastikpartikel die wichtigen Schutzwälle im Körper überwinden können und bis ins Hirn oder in den Darm gelangen. Um die potenziellen Schäden von Mikro- und Nanoplastikpartikeln für Mensch und Umwelt zu minimieren, ist es entscheidend, ihre Verwendung einzuschränken“, so Kenner, der mit dem Forschungsprogramms microONE die Akkumulation der Mikro- und Nanoplastikpartikel im menschlichen Körper untersucht und ergründet, ob sie zur Krebsentstehung oder auch zur Metastasierung im menschlichen Körper beitragen.

Umstieg auf biologisch abbaubare Stoffe

Auch Walter Hauer, Präsident des bündnis mikroplastikfrei plädiert für ein entschlosseneres Arbeiten gegen den weiteren Eintrag dieser kleinen Kunststoffteile. „Kunststoffe sind langlebige Materialien, verwenden wir sie sorgfältig: Verwerten wir sie bestmöglich, lassen wir sie nicht in die Biotonne, in die Landschaft, in den Garten oder ins Wasser gelangen.“

Daran arbeitet auch das Klimaschutzministerium in mehreren Bereichen. Etwa durch das Verbot der Ausbringung von Klärschlamm, der mit Mikroplastik und Schadstoffen belastet ist, auf landwirtschaftliche Böden.

Leider sind nach wie vor Wuchshüllen für Bäume, Markierungsbänder oder Mulchfolien in der Landwirtschaft oft noch aus Plastik. Sie bleiben meistens in der Natur liegen und zersetzen sich zu Mikroplastik. Gerade die dünnsten Folien stellen hier ein Problem dar, denn sie lassen sich in der Praxis kaum wieder gänzlich entfernen. Es lösen sich damit Teile ab, landen auf unseren Feldern und können schlussendlich in Form von Mikroplastik über unsere Nahrung in unsere Körper gelangen.

Doch es gibt Alternativen, etwa Folien aus biologisch abbaubaren Materialien oder Hanfbänder statt Plastikhalterungen und -bänder für die Pflanzenaufzucht, die auch Gerhard Zoubek vom Bio-Hof Adamah verwendet. „Als Bio-Landwirte denken wir ganzheitlich und in Kreisläufen. Wir setzen daher in unserer Biolandwirtschaft auf schonende Bodenbearbeitung, Zwischenbegrünungen und Gründüngung sowie eine vielfältige Fruchtfolge. Da ist es selbstverständlich, dass wir auch Wege finden, um Plastik zu vermeiden. Wir bringen etwa Heu und Stroh aus statt herkömmlicher Agrarfolien und haben bereits mit biologisch abbaubaren Folien experimentiert.“ Selbst wenn sich von diesen abbaubaren Folien etwas ablöst, so zerfällt es vollständig und reichert sich nicht als Mikroplastik in unseren Böden und unserer Nahrung an.

Das Ziel für eine umwelt- und klimafreundliche Landwirtschaft muss der Umstieg auf biologisch abbaubare Folien bzw. Hüllen oder Markierungsbänder sein, wenn sie als Alternativen einsetzbar sind. Eine weitere Maßnahme, neben den bereits gesetzten, die zur Reduktion von Mikroplastik in Österreich beitragen wird.

Weltumwelttag: Vom zähen Ringen für ein Abkommen gegen die Plastiflut