Kategorie Innovation & Technologie - 1. August 2017

Mini-Lebensretter für die Handtasche

Jährlich sterben weltweit rund 17 Millionen Menschen an den Folgen eines Herzversagens. Rund acht Millionen davon könnten jedoch gerettet werden. Das Problem sind oftmals fehlende oder eingeschränkt zugängliche Defibrillatoren in der Öffentlichkeit. Da diese teuer sind, werden sie außerhalb von Krankenhäusern und professionellen Rettungsdiensten in der Regel nur von größeren Institutionen, Gemeinden und Städten angeschafft und an fixen Standorten platziert.

Das steirische Technologie-Start-up „liimtec“ (life improving technologies) hat sich zum Ziel gesetzt, das Risiko des plötzlichen Herztods durch die Entwicklung eines mobilen Defibrillators, der in jede Handtasche oder jeden Rucksack passt, zu reduzieren. Der sogenannte „PocketDefi“ wird in etwa so groß wie zwei Packungen Taschentücher (etwa 10x8x5cm) sein und kann somit ganz einfach überall hin mitgenommen werden.

„Bei akutem Herzversagen entscheiden die ersten drei Minuten“, weiß der gebürtige Niederländer und liimtec-Gründer Jasper Ettema. „Das Ziel ist es, das System der Defibrillation so zu verbessern, dass in Zukunft mehr Opfer gerettet werden und die Lebensqualität nach einem Überleben steigt.“

 

Einen wichtigen finanziellen Zuschuss konnte man kürzlich durch Privatanleger und Business-Angels erzielen. Das sechsstellige Investment wird für die Entwicklungsarbeiten von PocketDefi verwendet. Für das Zulassungsverfahren für Medizinprodukte werden aber noch zusätzliche Mittel benötigt – im Herbst wird eine Crowdfunding-Kampagne gestartet. Außerdem hat liimtec bereits eine Förderungszusage der FFG (Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft) bekommen.

Einfache Bedienung des Defibrillators

Der kleine Laien-Defi soll spätestens 2018 auf den Markt gebracht werden. Als Zielgruppe kommen nicht nur Ärztinnen und Ärzte, Krankenpflegerinnen und Krankenpfleger sowie Sanitäterinnen und Sanitäter in Frage. Auch nicht medizinisch geschulte Menschen, die Hilfe leisten, werden den PocketDefi aufgrund der einfachen Bedienung problemlos benutzen können.

Ob eine Schockabgabe erforderlich ist, erkennt der Defibrillator automatisch. Sobald der Defi eingeschaltet wurde, folgt sofort eine Sprachanweisung zur Benutzung des Gerätes. Die Schockabgabe erfolgt nur dann, wenn das Gerät den Herzschlag der Patientin oder des Patienten analysiert hat und eine Schockabgabe empfiehlt. Somit besteht keine Gefahr einer falschen Defibrillation.

Während eines Teils der Entwicklungsphase wurde Jasper Ettema im AplusB-Zentrum am Standort Science Park Graz betreut. „Die Förderungen ermöglichen uns einen entscheidenden Schritt in der Serienentwicklung, sodass wir mit ,PocketDefi‘ in Zukunft viele Leben retten können“, so Ettema. Seit Anfang des Jahres hat das Unternehmen bereits zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Daher wurde der Firmenstandort mittlerweile vom Science Park Graz in eigenständige Büroräumlichkeiten verlagert.

INFObox: AplusB (Academia plus Business) hilft seit 2002 bei der Gründung von Firmen, die aus dem akademischen Sektor kommen. In Österreich gibt es sieben AplusB-Zentren, die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bei der Firmengründung im Bereich FTI (Forschung, Technologieentwicklung und Innovation) unterstützen. Um die internationale Wettbewerbsfähigkeit Österreichs zu erhalten und zu stärken, fördert das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (bmvit) die umfangreichen Aktivitäten der AplusB-Zentren. Außerdem wissenswert: Nach einer Programmevaluierung wurde der Fokus der Förderung geändert. Mit dem neuen Programm „AplusB Scale-up“ sollen FTI-Gründungen mit hohem Wachstumspotenzial beziehungsweise hoher Wachstumsneigung unterstützt werden. „AplusB Scale-up“ wird von der Austria Wirtschaftsservice GmbH – AWS abgewickelt.