Kategorie Innovation & Technologie - 18. März 2016

Mit flexiblen Folien das Licht überall einfangen

Unterwegs mit der Solarzelle am Rucksack den Akku laden oder am Zelt Energie sammeln, um im Inneren Licht zu machen – wie weit entfernt ist man von der Umsetzung dieser Szenarien? Die meisten Solarzellen sind derzeit aus Silizium gefertigt. Sie eignen sich für die klassische, flächige Anwendung auf dem Dach. Ausdrucken, flexibel verformen und etwa auf Textilien oder gewölbte Hausfassaden aufbringen lassen sie sich aber nicht. Für dazu notwendige Dünnschichtverfahren gibt es zwar bereits zahlreiche Ansätze, aber noch keine im Industriemaßstab: Dort sind rasche und vor allem günstig produzierbare Lösungen gefragt.

Ein Pulver aus Halbleitern

Forscher des Polymer Competence Center Leoben (PCCL) arbeiten gemeinsam mit Wissenschaftlern aus ganz Österreich, darunter dem Austrian Institute of Technology (AIT) in Wien und dem Joanneum Research in Graz, im Projekt „print.PV“ an einem neuen Verfahren, mit dem das gelingen soll. Die Basis bildet eine bereits patentierte Fotovoltaikfolie des Industriepartners Crystalsol.

Statt seltenen und teuren Rohstoffen wie Gold oder Indium bringt man auf diese ein kristallines Halbleiterpulver aus Zinn, Zink, Selen und Kupfer auf. Die Leobener Forscher sind dafür zuständig, dass dieses haftet. Eine Forschergruppe rund um Kunststofftechniker Gernot Oreski arbeitet seit zwei Jahren am Rezept für einen Klebstoff, der vielen Anforderungen gerecht werden muss: Er soll schnell, aber auch nicht zu schnell trocknen, elastisch, aber zugleich stabil genug sein, damit weitere Verarbeitungsschritte sicher funktionieren.

„Die Kunst ist, den Kleber und seine einzelnen Bestandteile so zusammenzusetzen, dass das Pulver ausreichend, aber auch nicht zu tief eingebettet ist“, sagt Oreski. Das sei ähnlich wie bei der Herstellung von Schmirgelpapier, auf dem Sandkörner haften müssen. Die Krux dabei: „Verbessert man eine Eigenschaft, verschlechtert sich mitunter eine andere.“ Für die richtige Mischung galt es also, den passenden Kompromiss zu finden.

Geheime Zutaten

Die Forscher testeten dazu verschiedene Kleber und Zusammensetzungen und fanden schließlich ein Rezept, das alle Vorgaben gut erfüllt. Die Zutaten verraten sie freilich nicht. Außerdem müsse man es nun „verfeinern“: also noch Zusatzstoffe beimengen, um die „Kinderkrankheiten“ auszumerzen.

Der Klebstoff ist jedenfalls wichtige Voraussetzung für das Rolle-zu-Rolle-Verfahren. Dabei trägt man auf die Folienrolle schrittweise die funktionellen Schichten einer Solarzelle auf: neben dem Halbleiterpulver etwa auch die Kontakte. Das Ergebnis ist keine einzelne Solarzelle, sondern eine etwa hundert Meter lange Solarfolie. Bis zu 40 Meter pro Minute sollen sich so herstellen lassen.

Wann die neue, bislang einzigartige Produktionstechnik auf den Markt kommt, ist noch offen. „Prinzipiell funktioniert das Verfahren. Wir sind aber noch mitten in der Forschung“, sagt Oreski.

Die Erkenntnisse sollen jedenfalls einen Beitrag dazu leisten, Solarenergie künftig noch besser zu nutzen. „Wir werden mit Solarenergie nicht den gesamten Strombedarf decken können, aber sicher immer mehr“, sagt der Forscher. Das von Klimafonds und Technologieministerium geförderte Projekt läuft noch bis Sommer 2017. (Von Alice Grancy, Die Presse)