Kategorie Innovation & Technologie - 31. Mai 2015
Nachhilfeunterricht für Stromleitung und Bügeleisen
Klagenfurt – Alles muss man selber machen: Um heute Energie zu sparen, braucht es Eigeninitiative. Das Stromnetz der Zukunft dagegen soll intelligenter sein und von selbst kostengünstig und nachhaltig arbeiten. „Smart Grid“ heißt das englische Zauberwort, das die schlauen Versorgungssysteme von morgen beschreibt.
An der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt wurden unlängst zwei Forschungsprojekte in diesem Feld beendet, an denen Wissenschafter unterschiedlicher Disziplinen beteiligt gewesen waren. Das ist auf diesem Gebiet auch besonders notwendig, wie Wilfried Elmenreich vom Institut für Vernetzte und Eingebettete Systeme betont, der beide Untersuchungen im Klagenfurter Forschungscluster Lakeside Labs geleitet hat: „Energieforschungsthemen kann man sich nicht allein über die Elektrotechnik annähern. Man braucht da auch Informatiker, Physiker und Energietechniker.“
Und weil hinter jedem Energieverbrauch auch immer ein Mensch stehe, seien ebenso Beiträge aus der Psychologie und Soziologie gefragt. „Da wir eine Volluniversität sind, konnten wir aber einen solchen Kreis leicht versammeln“, sagt Elmenreich.
Kärntner Stromverbrauch
Jedoch hat Elmenreich für sein Team zusätzlich auch internationale Mitarbeiter rekrutiert. Bei dem Projekt „Monergy“ kooperiert man zudem mit einer ausländischen Hochschule: der Universität Udine. Das Ziel an beiden Standorten war, herauszufinden, wie die Menschen in den Regionen Kärnten und Friaul elektronische Geräte nutzen und entsprechend Energie verbrauchen. Solche Studien waren anderswo bereits durchgeführt worden, jedoch kann man diese Ergebnisse nicht 1:1 in einem anderen Raum anwenden: „Es gibt solche Datensätze zwar bereits für die USA oder Deutschland. Aber die kann man nicht nutzen, um davon ausgehend Schlüsse für eine andere Region zu ziehen, weil man es an anderen Standorten häufig mit anderen Geräten und einem anderen Nutzungsverhalten zu tun hat“, sagt Elmenreich.
Um auf diesen notwendigen Stand der Dinge zu kommen, führten die Forscher aus Klagenfurt und ihre italienischen Kollegen Umfragen bei den Verbrauchern durch und überprüften diese Aussagen mithilfe von Messungen über einen längeren Zeitraum in den beteiligten Haushalten.
Nutzen für Testpersonen
Bis diese Erkenntnisse auch im Alltag Anwendung finden, wird es wohl noch etwas dauern, aber zumindest die Versuchskaninchen profitieren teilweise schon von den Forschungsergebnissen: Ungewöhnlich hohe Verbrauchszahlen einzelner Geräte wurden den Verbrauchern gemeldet.
In dem zweiten Klagenfurter Projekt „Smart Microgrid“ – gefördert vom Kärntner Wirtschaftsförderungsfonds und dem EU-Regionalfonds – haben sich die Wissenschafter vor allem mit der Entwicklung konkreter Innovationen für einen smarten Stromverbrauch beschäftigt, um die Energienutzung kosteneffizienter und nachhaltiger zu gestalten: Mithilfe informationstechnischer Lösungen wollte man hier Beiträge liefern, um die zukunftsweisende Umstellung des Stromnetzes von einem zentral gesteuerten auf ein verteiltes, komplexes System voranzutreiben.
Dazu wurden etwa verschiedene Verfahren und Algorithmen entwickelt, um den Stromverbrauch der Geräte entsprechend zu steuern und dazu auch Energie produktiv zu verschieben. An derartigen Technologien haben zwar auch schon andere Wissenschafter geforscht – bislang gab es aber das Problem, dass das nicht automatisch funktionierte und jedes neue Gerät erst im System konfiguriert werden musste, was laut dem Projektleiter nicht sehr zukunftsweisend ist: „Niemand will seinem Bügeleisen etwas beibringen. Das System sollte jedes Gerät schon von allein erkennen, seine Nutzung analysieren und es intelligent in den Gesamtverbrauch integrieren.“
Problem Datenschutz
Bei automatischer Datenverwaltung stellt sich aber immer auch die Frage nach dem Datenschutz. Auch über diesen Aspekt haben Elmenreich und sein Team nachgedacht: „Jemand, der Zugriff auf ein solches System bekommt, kennt meinen Tagesablauf und weiß, wann ich nicht zu Hause bin“, sagt Elmenreich. Und das sei „nicht so schön“.
Sein Ansatz sei daher, bei der Erstellung solcher Programme die Privatsphäre und Sicherheit von Anfang an mitzubedenken. Sonst könnte es passieren, „dass wir so etwas bauen und fünf Jahre später merken, wie leicht das doch zu hacken ist“. (Johannes Lau, 31.5.2015)