Kategorie Innovation & Technologie - 16. Januar 2020

Neue IÖB Challenge zur Sicherheit im Rathaus der Stadt Graz

Das Grazer Rathaus wurde in den Jahren 1805 bis 1807 nach den Plänen von Christoph Stadler anstelle des vormaligen, zu klein geratenen Renaissancebaus neu errichtet. Die 150.000 Gulden, die der Neubau kostete, wurden damals durch eine eigens eingeführte Weinsteuer aufgebracht.

Der in klassizistischem Stil gehaltene Neubau sorgte allerdings für Unmut bei den Grazerinnen und Grazern, traf so gar nicht den Geschmack der Bevölkerung. 1869 begann der Umbau, 1887 erfolgte die Grundsteinlegung für die neuen Teile des Rathauses. In dieser Form steht es heute noch am Grazer Hauptplatz und ist für Besucherinnen und Besucher in vielen Teilen öffentlich zugänglich.

 

Viele Menschen betreten tagtäglich das Rathaus, sie kommen als Bürgerinnen und Bürger, die den Kontakt zur Politik oder zur Stadtverwaltung suchen, als Teilnehmende von Seminaren, als Gäste von geschlossenen und offenen Veranstaltungen wie Empfängen und Hochzeiten oder als Medienvertreter.

Offenes & sicheres Amtshaus

Neben Touristinnen und Touristen besuchen auch offizielle Delegierte anderer Länder oder Städte das Rathaus. Die öffentliche Gemeinderatssitzung mit 48 Mitgliedern erfolgt in der Regel einmal pro Monat im Gebäude. Bis zu 60 (durchschnittlich etwa 10-15) Interessierte haben Zugang zur Besuchergalerie des Saales. Dazu führt Personal der Rathauswache beim Zugang eine Personen- und Taschenkontrolle (große Gegenstände unerwünscht) durch und registriert Ausweise. Ein Foto davon wird gespeichert und nach der Sitzung wieder gelöscht.

© Stadt Graz

Diese Offenheit des Gebäudes ist der Stadtverwaltung wichtig und soll so weit wie möglich bestehen bleiben. Trotzdem soll diese offene und einladende Situation eines öffentlichen, zentralen und das Stadtbild prägenden Gebäudes auch optimale Sicherheit für Besuchende, Touristen, aber vor allem auch für Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bieten. Ein schwieriger Spagat.

Die Stadt Graz möchte dafür eine innovative Sicherheitslösung finden und über eine Markterkundung in Form einer IÖB-Challenge (IÖB: Innovationsfördernde Öffentliche Beschaffung) Lösungszugänge eruieren, um solche Ziele und Eckpunkte in Einklang zu bringen. Das kann einen hohen Grad der Automatisierung bedeuten oder Lösungen, die dezent aber effizient werken. Das kann auch den Einsatz von Algorithmen oder künstlicher Intelligenz mit sich bringen und unterschiedliche Systeme bzw. Sicherheitsnetze integrieren.

 

Wichtiger als ein Gesamtkonzept sind für diese Phase der Markterkundung (relativ) neue und überraschende Teilaspekte sowie innovative Produktkomponenten. Zu bedenken ist, dass es verschiedene Zugänge zum Rathaus gibt. Neben dem Haupteingang ist der Innenhof von drei Seiten zugänglich. Er beherbergt zudem Teile eines Cafés (Zugang über Herrengasse) und kann u.a. auch über ein Restaurant von der Landhausgasse betreten werden.

Geplant ist, dass diese Seitenzugänge des Gebäudes aus dem Innenhof Personen mit Chipkarten als Zugangsberechtigung vorbehalten bleiben. Die Implementierung des Chipsystems an den Neben-Eingängen aus dem Innenhof ist bereits in die Wege geleitet. Eine weitere Entscheidung über den Zugang zu einem Verwaltungsgebäude ist bereits gefallen: Im städtischen Sozialamt (2. Stock im Rathaus, Zugang von der Schmiedgasse) wird im ersten Quartal 2020 eine Zugangsschleuse eingerichtet.

© Stadt Graz

Nicht so der Haupteingang. Er soll weiterhin ohne Chipkarte für alle offen stehen – optional auch der Hintereingang zur Krankenfürsorgeanstalt über die Landhausgasse. Erst um 20 Uhr wird der Zugang zum Hof durch ein Schließen der Tore teilweise beschränkt. Auch manche Geschoße werden dann separat verschlossen.

Aufgrund der verbleibenden Eingänge strebt die Stadtverwaltung ergänzend eine technische Lösung an. Diese soll eine staufreie Durchlässigkeit für Gäste bei erhöhter Sicherheit im Gebäude sorgen. Zudem sind folgende Eckpunkte für weitere Überlegungen einzubeziehen:

  • Als barrierefreie Zugänge müssen auch zwei Lifte (ohne Mitarbeiterchip) nutzbar bleiben.
  • Neben dem Portier sind zwei Personen der Rathauswache im historischen Gebäude stationiert, sie werden aber auch nach Einführung der Chips keine lückenlose Kontrolle an offenen Eingängen vornehmen (können). Zwar gilt ihr Hauptaugenmerk den Eingangsbereichen in den Hof und den Aufgängen. Darüber hinaus sind sie jedoch immer wieder im gesamten Haus unterwegs.
  • Aufgrund der historischen Bausubstanz sind Baumaßnahmen eingeschränkt möglich.
  • Ein automatisiertes System muss u.a. auch für Kindergruppen funktionieren.
  • Personen, die ihren Arbeitsplatz im Gebäude haben, sollen so wenig wie möglich aufgehalten werden.

Die Bewertung der Einreichungen erfolgt anhand folgender Kriterien:

  • Sicherheit
  • wenig Aufwand für Gäste
  • Automatisierung
  • Neuartige Aspekte der Lösung
  • Berücksichtigung der historischen Bausubstanz
  • Kosten

Hier finden Sie Details zur Einreichung und dem Projektablauf.

Frist für Einreichungen ist der 24. Februar 2020. Im März bewertet eine städtische Fachjury die Projekte und lädt die Vielversprechendsten zu einem Innovationsdialog im April ein.

Warum IÖB-Challenges?

Die öffentliche Verwaltung in Österreich punktet durch eine hohe Qualität und Verlässlichkeit. Und dennoch steht der öffentliche Sektor vor einigen Herausforderungen, wie etwa Effizienzsteigerung, Bewältigung des Generationswechsels oder die Nutzung neuer Technologien, wie Künstliche Intelligenz.

Vor diesem Hintergrund unterstützt die IÖB-Initiative von BMVIT und BMDW öffentliche Beschaffer mit einem breiten Serviceangebot und einer europaweit einzigartigen Open-Innovation-Plattform.

Um die öffentliche Verwaltung zukünftig noch effizienter, bürgernäher und innovativer zu gestalten, unterstützt die 2013 ins Leben gerufene IÖB-Servicestelle (IÖB: Innovationsfördernde Öffentliche Beschaffung) mit kostenlosen Services und einem breiten Schulungs- und Beratungsangebot.

Herzstück der Initiative ist die IÖB-Innovationsplattform. Auf dieser Plattform ruft die IÖB-Servicestelle regelmäßig zu IÖB-Challenges auf, um öffentlichen Auftraggebern in Österreich die Suche nach innovativen Lösungen zu erleichtern. Die Challenges folgen dem Open Innovation Ansatz und geben Unternehmen die Chance, vielseitige und neue Lösungsansätze aufzuzeigen.

Wie funktionieren die Challenges?

Öffentliche Auftraggeber können eine Herausforderung veröffentlichen – Unternehmen werden dann aufgefordert, ihre Ideen und Lösungsvorschläge online einzureichen. Eine Jury bewertet diese und lädt die spannendsten Unternehmen zu einem Innovationsdialog ein. Die IÖB-Servicestelle begleitet und moderiert durch den gesamten Prozess und akquiriert Unternehmen für eine Teilnahme.

Service: Die neue aws IÖB-Toolbox – der Hebel für Innovation. Eine neue Förderung der aws in Kooperation mit der IÖB-Servicestelle stellt einen neuen finanziellen Hebel für die Umsetzung innovativer Beschaffungsprojekte zur Verfügung. Mit bis zu 50 Prozent bzw. max. 100.000 EUR können sich öffentliche Stellen innovative Beschaffungsprojekte fördern lassen. Diese Förderung löst den IÖB-Projektwettbewerb ab, der bis einschließlich 2018 innovative Beschaffungsprojekte prämierte. Ausgezeichnete Projekte der letzten Jahre umfassen beispielsweise den Einsatz von künstlicher Intelligenz im Prozess der Kostenrückerstattung der Sozialversicherungen (IT-SV).

INFObox: Die IÖB-Servicestelle ist eine Initiative des Bundesministeriums für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort (BMDW) zusammen mit dem Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) in Kooperation mit der Bundesbeschaffung GmbH und gleichzeitig der One-Stop-Shop zum Thema innovationsfördernde öffentliche Beschaffung. Als Netzwerk- und Unterstützungsstelle für alle Innovatoren in der öffentlichen Verwaltung baut die IÖB-Servicestelle Brücken zwischen innovativen KMUs bzw. Startups und öffentlichen Institutionen. Das Serviceangebot richtet sich an alle öffentlichen Institutionen der Republik sowie öffentliche Unternehmen. Gemeinsames Ziel ist es über die Beschaffung innovativer Lösungen Effizienz- und Modernisierungsimpulse im öffentlichen Sektor zu setzen und gleichzeitig die Wertschöpfung am Standort Österreich zu stärken.