13. November 2023

Taufe & Premierenfahrt: ÖBB schicken neuen Nightjet auf Europas Schienen

Eine neue Zuggarnitur die auf X, vomals Twitter, trendet und Bahnfluencer aus ganz Europa in den Bann zieht: Das neue Nachtzug-Flaggschiff der ÖBB – der #NightjetNewGen – hat heute am Wiener Hauptbahnhof seine Premieren-Einfahrt vor zahlreichen Gästen absolviert. Nach der Taufe durch Klimaschutzministerin Leonore Gewessler begibt sich das jüngste Bahn-„Baby“ (O-Ton ÖBB) nun auf eine zweitägige Österreich-Tour. Ab 10. Dezmeber, nach der Fahrplanumstellung folgt dann direkt der Einsatz im regulären Fahrbetrieb.

Anfangs bedient die neue Nightjet-Generation die Strecken von Wien bzw. Innsbruck nach Hamburg und retour. Schrittweise kommt der neue ÖBB-Nachtzug dann auf weiteren bereits bestehenden Strecken zum Einsatz – fährt also etwa von Wien nach Genua oder nach Brüssel. In die EU-Metropole soll ab kommenden Herbst dann jede Nacht anstatt nur drei Mal in der Woche gefahren werden, kündigte ÖBB-Chef Andreas Matthä vor Ehrengästen, Zugfans, Journalistinnen und Journalisten an.

„Mit dem neuen Nightjet setzen wir den Ausbau unseres Nachtzuggeschäfts konsequent fort und bieten mit den hochmodernen Zügen deutlich mehr Komfort und Privatsphäre“, so Matthä. „Bahn fahren heißt Klimaschützen“, so Leonore Gewessler.

„Wir haben sehr lange gewartet, aber am Ende hat es doch funktioniert“, sprach Matthä Lieferverzögerungen des Nightjets an. Es geht um 33 neue Nightjetmodelle im Wert von 720 Millionen Euro, hieß es auf APA-Nachfrage von einem ÖBB-Sprecher. „Wir investieren, weil große Nachfrage besteht und Nachtzüge wie die ganze Bahn gelebten Klimaschutz darstellen“, so Matthä. „Unser Ziel ist es, die Nachtzug-Passagierzahl von 1,5 auf drei Millionen pro Jahr zu steigern.“

„Jemand muss vorangehen“, freute sich Patrick Neumann von back-on-track.eu im APA-Gespräch. „Schön, dass es die ÖBB sind. Die machen, was sie können – Respekt“, sagte der Deutsche, dessen Verein sich für mehr grenzüberschreitende Nachtzugverbindungen in Europa einsetzt.

 

Die Deutsche Bahn hatte ihr Nachtzuggeschäft vor Jahren an die Österreichischen Bundesbahnen verkauft. Die ÖBB sind nunmehr Nachtzug-Marktführer in Europa. Dazu kam auch ein Seitenhieb vom aus Deutschland stammenden EU-Botschafter in Wien, Martin Selmayr: In den nächsten Monaten könne man entweder „mit dem Komfort der ÖBB“ oder „Retrozügen der DB“ fahren: „Ein schönes Symbol wie es in Europa zugeht.“ Grundsätzlich strich der Botschafter die Klima-Bedeutung des Zugverkehrs hervor. Auch hoffte er, dass es künftig leichter werde, einen Nachtzugplatz Wien-Brüssel zu ergattern, denn das sei oft gar nicht so leicht. Das sollte mit angekündigten zusätzlichen Verbindungen besser werden.

Auch Gewessler betonte zur heutigen Premiere einmal mehr, den Nightjet nach Brüssel intensiv zu nutzen. Nach Besichtigungen des neuesten Modells sei klar, dass man künftig mit noch mehr Komfort und noch besseren Arbeitsmöglichkeiten über Nacht reisen könne. Der neue Nachtzug sei ein „Gamechanger“.

Im Vergleich zum Flugverkehr erinnerte der Eisenbahn- und Klimalobbyist Neumann aber an „weiterhin existente unfaire Wettbewerbsvorteile für den Flugverkehr“. Würden in Europa alleine Flugverbindungen durch Zugverbindungen ersetzt, wo dies „sinnvoll also ohne Fliegen zu verbieten möglich ist, könnten drei Prozent des gesamten Treibhausgasausstoßes der Union eingespart werden“, so Neumann mit Verweis auf eine Studie, die sein Verein erstellen ließ.

Matthä bewarb den „Komfortsprung“ den der neue Nachtzug bringe. Jedes Schlafabteil hat eine Dusche, Liegewagen haben maximal eine Viererbelegung und Minikabinen für mehr Privatsphäre. „Es ist ein ganz anderes Fahrfeeling“, sagte Matthä – und das hängt auch mit den anfangs erwähnten Drehgestellen zusammen, die speziell die Techniker unter den Zugfans interessieren.

Die neuen Nightjets bestehen aus sieben Waggons. Es gibt je zwei Sitz-, drei Liege- und zwei Schlafwagen. Platz finden höchstens 254 Menschen. Auch bis zu sechs Fahrräder können nun mehr an Bord. Im Schlafwagen gibt es zwei Komfortklassen. Im Liegewagen kann eine „Mini-Cabin“ gebucht werden, das sind Schlafkapseln für Alleinreisende. Auch barrierefreies Reisen ist möglich. WLAN gibt es zum Fahrpreis dazu. Mobilfunkdurchlässigere Fenster sorgen laut ÖBB für besseren Handyempfang. Das Fahrgastinformationssystem ist auf dem neuesten Stand. Neben konventionellen gibt es auch USB-Steckdosen. Abteile sind mit einem elektronischen Zutrittssystem mit NFC-Karten und alle Waggons mit Videoüberwachung ausgestattet.