Kategorie Innovation & Technologie - 9. Oktober 2017
Österreich, die Weltraumnation: 30 Jahre ESA-Mitgliedschaft
30 Jahre – so lange ist Österreich bereits Vollmitglied der europäischen Weltraumorganisation ESA (European Space Agency). Im Jahr 1987 hat der damalige Wissenschaftsminister und spätere Bundespräsident Heinz Fischer Österreichs Beitrittserklärung unterzeichnet (siehe Foto) und damit einen wichtigen Meilenstein für die heimische Weltraumforschung und die Entwicklung von Weltraumtechnologien in österreichischen Unternehmen gesetzt.
Das 30-jährige Jubiläum wird mit der Veranstaltung „30 Jahre ESA – Österreich – Eine Erfolgsgeschichte“, im Beisein von Weltraumminister Jörg Leichtfried und ESA-Generaldirektor Johann-Dietrich Wörner, am heutigen 9. Oktober 2017 in der Helmut-List-Halle in Graz gebührend begangen.
„Österreich hat sich in den vergangenen 30 Jahren zu einem tragenden Mitglied der europäischen Raumfahrtcommunity entwickelt. Betriebe und Forschungseinrichtungen aus Österreich beweisen immer wieder ihre herausragende Expertise in den Weltraumwissenschaften, den Satellitenanwendungen sowie als Entwickler von kritischen Technologien“, so ESA-Generaldirektor
Wörner.
Doch bereits vor dem ESA-Beitritt hat sich Österreich intensiv mit Weltraumfragen und Weltraumtechnik auseinandergesetzt. Bereits 1970 wurde das Institut für Weltraumforschung (IWF) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften gegründet, die Austrian Space Agency 1972. Seit 1975 nimmt Österreich an Programmen der ESA teil. So waren schon vor der Aufnahme als Vollmitglied im Jahr 1987 österreichische Technologien bei diversen Weltraum-Missionen mit an Bord.
In Österreich ist der Weltraumsektor in den letzten Jahrzehnten zu einem bedeutenden Wirtschaftszweig gewachsen. Mehr als 120 heimische Unternehmen und Forschungseinrichtungen mit über 1.000 Beschäftigten sind in der Weltraumbranche aktiv. Sie erwirtschaften einen jährlichen Umsatz von 125 Millionen Euro. Österreichische Technologie ist bei wichtigen Weltraumprogrammen nicht mehr wegzudenken, etwa bei Missionen zur Erforschung von Planeten, an Bord von Raketen und Satelliten oder bei der Verarbeitung von Erdbeobachtungsdaten.
Weltraumtechnologie im Alltag
Weltraumtechnologien und Weltraumforschung mögen auf den ersten Blick vielleicht etwas abstrakt und weit weg vom Alltag der Bürgerinnen und Bürger erscheinen. Doch weit gefehlt. Selbst im Urlaubsflieger kommt man indirekt und unbewusst mit Weltraumtechnologie in Berührung. Die Navigationstechnologie EGNOS garantiert beispielsweise einen exakten Anflug und eine sichere Landung von Flugzeugen. Aber auch bei der Navigation von Fahrzeugen auf Straßen sowie bei der Navigation mit Mobiltelefonen werden durch EGNOS die GPS-Daten sehr viel genauer abgebildet.
Landwirtinnen und Landwirte sehen dank der umfangreichen Daten von Erdbeobachtungssatelliten – das europäische Programm zur Erdbeobachtung heißt Copernicus – Unterschiede beim Pflanzenwachstum auf ihren Feldern, die mit dem bloßen Auge nicht sichtbar wären.
Und: Alle, die eine Satellitenschüssel auf dem Dach ihres Hauses haben, setzen Weltraumtechnologie ein, um im Wohnzimmer das Fernsehsignal empfangen zu können. Wenn man in weiterer Folge im Teletext oder im Internet das morgige Wetter nachschlägt, dann basieren viele der Vorhersagen auf Daten der Wettersatelliten.
Das Weltraumministerium
Das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (bmvit) ist seit 2014 offiziell auch Weltraumministerium und fördert Forschung und Entwicklung bereits seit 2002 durch das Österreichische Weltraumprogramm „ASAP“. Für den Forschungsstandort bedeutet ASAP mit bereits 600 erfolgreichen Projekten die Basis für den Zugang zu internationalen Märkten, globalen Weltraumkooperationen und die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit. Das Programm unterstützt österreichische Unternehmen und Forschungsinstitute, die sich an der Forschung, Entwicklung und Anwendung von Weltraumtechnologien beteiligen.
Mit rund 70 Millionen Euro jährlich fördert das bmvit Forschung und Entwicklung in den Bereichen Erdbeobachtung, Kommunikationsnetze im All, neue Technologien wie Flugelektronik, wissenschaftliche Instrumente und Exploration, sowie Trägersysteme und Navigation für Satelliten.
Die österreichische Weltraumstrategie basiert auf zwei Säulen: Einerseits beteiligt sich Österreich an internationalen Programmen. Dabei liegt ein großer Schwerpunkt auf Erdbeobachtung und Telekommunikation. Dazu zählen das europäische Erdbeobachtungs-Programm Copernicus und das Navigationssystem Galileo. Außerdem werden heimische Unternehmen bei der Forschung und Entwicklung von Weltraum-Technologie unterstützt (Stichwort: ASAP-Programm) – österreichisches Hightech-Equipment ist mittlerweile fixer Bestandsteil bei vielen wichtigen Missionen.
Sichtbare rot-weiß-rote Erfolge im Weltraum
In der kommenden europäischen Trägerrakete Ariane-6 stammen etwa Flugelektronik und Triebwerkszündung aus Österreich. Sie wird bis 2050 das zentrale Trägersystem für Europas Raumfahrt sein. Zudem sind heimische Unternehmen und Institute an vielen Missionen der Europäischen Weltraumagentur ESA maßgeblich beteiligt, wie etwa an der Rosetta-Mission, ExoMars zur Suche nach Leben auf dem Mars und BepiColombo zur Erforschung des Planeten Merkur.
Und einen Österreicher im All hat es ebenfalls bereits gegeben: Am 2. Oktober 1991 flog der Niederösterreicher Franz Viehböck als erster und bisher einziger Österreicher im Zuge der Austromir-Mission mit zwei Kosmonauten zur russischen Raumstation Mir ins Weltall. Dort führte er wissenschaftliche Experimente durch, ehe er am 11. Oktober in der Steppe Kasachstans wieder auf der Erde landete.
„Das größte Highlight der vergangenen 30 Jahre war, dass wir mit Franz Viehböck einen Österreicher im All hatten. Ich will, dass wir in den nächsten 30 Jahren wieder einen ‚Austronauten‘ oder eine ‚Austronautin‘ ins All bringen. Damit geben wir unseren Leistungen weltweit ein Gesicht und unserer heimischen Weltraumindustrie einen weiteren Schub nach vorn“, sagte Weltraumminister Jörg Leichtfried bei der Pressekonferenz zum Jubiläum in Graz.
Auch im Bereich der Nano-Satelliten muss sich Österreich nicht verstecken. Die heimische Weltraumflotte wächst in den kommenden drei Jahren von drei auf fünf Satelliten an. Erst vor kurzer Zeit, im Juni, startete mit dem Forschungssatelliten „Pegasus“ der FH Wiener Neustadt der insgesamt dritte österreichische Kleinsatellit ins All. Seine Aufgabe ist es, die Zusammensetzung der Erdatmosphäre zu untersuchen. Das hilft uns zum Beispiel dabei, das Wetter besser vorherzusagen.
Bereits seit 2013 befinden sich „TUGSAT“ der Technischen Universität Graz und „UniBRITE“ der Universität Wien im Orbit. Mit einer Geschwindigkeit von rund 27.000 Kilometern pro Stunde umkreisen sie in einer Höhe von etwa 800 Kilometern die Erde. Ihre Aufgabe ist es, Daten über Helligkeitsschwankungen der hellsten Sterne im Universum zu sammeln.
Im kommenden Jahr wird die TU Graz den für die europäische Raumfahrtagentur ESA entwickelten Satelliten „OPS-SAT“ in die Erdumlaufbahn schicken. Im Jahr 2020 wird der ebenfalls von der TU Graz gebaute Satellit „PRETTY“ die weltweite Wetterbeobachtung der ESA verstärken. Seine Aufgabe wird es sein, als erster Nanosatellit überhaupt Eis auf Gletschern oder an den Polen sowie die Wellenbewegungen der Ozeane zu vermessen und zu registrieren. Der neue Kleinsatellit ist Teil der Umwelt- und Wetterbeobachtungsflotte der ESA und trägt dazu bei, den Klimawandel zu erforschen.
Die seit mittlerweile 30 Jahren andauernde Partnerschaft zwischen Österreich und der ESA fasst Heinz Fischer zusammen: „Der Beitritt Österreichs zur ESA war ein voller Erfolg und wir werden mit Zuversicht und voller Kraft diesen Weg fortsetzen.“