Kategorie Innovation & Technologie - 30. November 2016

Personenkontrolle tragbar machen

Lange Warteschlangen bei der Einreise: Die gibt es im Straßenverkehr ebenso wie auf Flughäfen. Die Wartenden fragen sich: Was dauert da so lang? „Die Arbeit von Grenzkontrollbeamten ist angewiesen auf verschiedene IT-Systeme, die in guten Einklang gebracht werden müssen“, sagt Bernhard Strobl vom Digital Safety & Security Department des Austrian Institute of Technology, AIT.

Im ersten Schritt wird der Reisende u.a. nach den Reisedokumenten gefragt. Je nachdem, ob er EU-Bürger ist oder nicht, wird der Zugriff auf die jeweilige Datenbank oder auf den elektronischen Chip im Reisepass eingeleitet. In weiteren Schritten können die im Chip gespeicherten biometrischen Daten mit der Person, die der Grenzkontrollbeamte vor sich hat, live verglichen werden: also kontrolliert werden, ob der Fingerabdruck und das Gesicht des Reisenden mit dem übereinstimmen, was im Computer des Beamten aufscheint. „Aus 181 Ländern gibt es circa 2200 unterschiedliche Arten von Reisedokumenten, die für einen Grenzübertritt gültig sind“, so Strobl. Der Aufwand der IT, all das sicher und schnell zu checken, ist enorm.

Umhängen wie eine Tasche

Die Forscher des AIT in Wien wollen diesen Aufwand vereinfachen und haben in einem EU-Projekt ein neues Gerät entwickelt, das mobil einsetzbar ist. Es kann all die Abfragen und Authentifizierungen erledigen, die auch das Computersystem an der Grenzkontrolle macht, aber ist nicht an einen fixen Ort gebunden. „Unsere ersten Prototypen des Mobile Pass Device waren für das Handgelenk designt, damit der Beamte beide Hände frei hat und doch das Gerät griffbereit“, erzählt Strobl.

Doch in einem großen Testlauf, der kürzlich an einem Grenzübergang zwischen Rumänien und der Republik Moldau für eine Woche durchgeführt wurde, gaben die Grenzkontrollbeamten als Feedback: Ein Hals-Schulter-Gurt wäre für das mobile Passgerät besser, um es wie eine Umhängetasche zu tragen, anstatt am Handgelenk festgeschnallt. „Das ist der Vorteil solcher EU-Forschungsförderungen: Wir bringen die Innovationen aus dem Labor ins freie Feld und können uns direkt das Feedback abholen, was an dieser Entwicklung gut funktioniert und was noch verbessert gehört“, so Strobl, der bei dem Testlauf in Rumänien dabei war und den Einsatz des Geräts auch outdoor bei Minusgraden miterlebt hat.

Besonders stolz sind die Sicherheitsforscher auf die am AIT entwickelte Technologie, die kontaktlos die Fingerabdrücke einscannt: Ein spezielles Beleuchtungssystem, kombiniert mit einer Kamera, erlaubt das berührungslose Ablesen des Fingerabdrucks. „Ähnliche Erfindungen gibt es weltweit nur eine oder zwei. Wir können sogar vier Finger gleichzeitig einlesen“, so Strobl.

Wo kann so ein tragbares Kontrollgerät die Arbeit der Exekutive erleichtern? Entweder als zusätzliche Kapazität auf Flughäfen, abseits der Warteschlangen zu dem befestigten Kontrollhäuschen. Oder auf grenzüberschreitenden Schiffen, Zügen oder bei Hinterlandkontrollen, wenn etwa Personen zur Fahndung ausgeschrieben sind.

Gegen Angriffe gesichert

„Wichtig ist stets, dass die Datenverbindungen völlig sicher sind“, so Strobl. Es handelt sich um sensible Persönlichkeitsdaten, die man nicht einfach so durch den Äther schickt. Die Abfragen im Schengen- und im Visum-Informationssystem sowie bei Interpol laufen über gesicherte Protokolle. Ein großer Teil der Forschung war also, das mobile Gerät gegen Angriffe von außen zu sichern. „Daher läuft Mobile Pass nicht auf einem herkömmlichen Betriebssystem, sondern auf einer speziellen Plattform, die das sichere Hochfahren ebenso ermöglicht wie das sofortige Erkennen von Viren und Trojanern“, erklärt Strobl. Auch gegen Diebstahl ist das Gerät geschützt, die Programme gut verschlüsselt, sollte jemand am Gerät „herumschrauben“.

Derzeit laufen Tests auf dem Flughafen Wien-Schwechat – doch wer mehr über die Technologie erfahren will, kann auch beim Science Forum am 12. Dezember im Raiffeisenhaus Wien vorbeischauen, das die Gesellschaft zur Förderung der Forschung (GFF) und das Technologieministerium organisieren.

Dort stellt das AIT verschiedene Projekte der Sicherheitsforschung vor, etwa auch das EU-Projekt Fast Pass, ein Vorläufer der Mobile-Pass-Entwicklung: Dieses konzentriert sich auf die automatische Verifizierung der Personendaten an Grenzübergängen, also die Abwicklung der Abfragen von Chip und Datenbanken, um Grenzbeamte bei ihrer Arbeit zu unterstützen. (Von Veronika Schmidt, Die Presse)