Kategorie Innovation & Technologie - 3. Juni 2020
Pfanddiskussion: Runder Tisch zu Kunststoffgetränkeverpackungen
Runder Tisch im Klimaschutzministerium – Österreich muss bis 2029 Sammelquote von 90 Prozent erfüllen
Bei einem Runden Tisch im Klimaschutzministerium sind am Dienstag Möglichkeiten zur Vermeidung von Plastikmüll diskutiert worden. Klimaschutzministerin Leonore Gewessler und Staatssekretär Magnus Brunner luden mehr als 40 Vertreterinnen und Vertreter aus NGOs Handel und Wirtschaft, Entsorgern, den Parlamentsparteien sowie Fachexpertinnen und Fachexperten für Kreislaufwirtschaft zu der Diskussionsrunde ein.
Auf Basis wissenschaftlicher Ergebnisse wurden Möglichkeiten zur Vermeidung von Plastikmüll und Handlungsoptionen zur Erreichung der geforderten EU-Mindestquoten für die getrennte Sammlung besprochen. Als nächsten Schritt werden nun bis zum Herbst konkrete Details eines möglichen Einwegpfandsystems für Österreich entwickelt.
Österreich muss bei der Vermeidung von Plastikmüll eine EU-Vorgabe erfüllen. Diese EU-Richtlinie zu Single-Use-Plastic sieht vor, dass Getränkeflaschen aus Kunststoff, von denen in Österreich gegenwärtig 1,6 Milliarden jährlich in Verkehr gesetzt werden, bis zum Jahr 2025 zu zumindest 77 und bis zum Jahr 2029 zu zumindest 90 Prozent getrennt gesammelt und auch recycelt werden müssen. Aktuell beträgt die Sammelquote in Österreich noch 70 Prozent. Ein Pfandsystem würde die Lücke am effizientesten schließen, ergab die Anfang 2020 publizierte Studie „Möglichkeiten zur Umsetzung der EU-Vorgaben betreffend Getränkegebinde, Pfandsysteme und Mehrweg“ (Konsortium des Technischen Büros Hauer, der Universität für Bodenkultur und der Montanuniversität Leoben), die als Diskussionsgrundlage diente.
„Für alle Beteiligten am Runden Tisch war es wichtig, rasch Klarheit zu haben. Das ist auch mein Interesse. Wir müssen das Problem des ständig steigenden Plastikmülls in unserer Natur lösen und sicherstellen, dass wir die EU-rechtlich verbindlichen Sammelziele für Kunststoffgetränkeflaschen erreichen“, so Klimaschutzministerin Leonore Gewessler nach der Diskussion. Dazu würden jetzt konkrete Details eines möglichen Einwegpfandsystems für Österreich entwickelt. Auch den Stakeholder-Dialog zu Plastik-Verpackungen wird demnach wieder aufgenommen, um die Kreislaufwirtschaft als Ganzes zu betrachten. „Schon im Juni wird es dazu weitere Gespräche geben. Wir wollen rasch alle Entscheidungsgrundlagen vorliegen haben“, so Gewessler weiter.
„Wichtig für uns ist es, die zu erfüllenden Quoten gesamthaft zu betrachten und bestehende Synergieeffekte zu nutzen um alle Vorgaben erfüllen zu können“, so Staatssekretär Magnus Brunner im Anschluss an den Runden Tisch. „Ein Pfandsystem, wie derzeit diskutiert erfasst lediglich einen Teilbereich des Gesamten. Für eine finale Entscheidung wird es besonders darauf ankommen eine Gesamtsicht auf die Entwicklung des österreichischen Abfallsystems zu erreichen.“ Ausbau und Effizienzsteigerung der bestehenden Systeme seien ebenfalls ein möglicher Weg, der umfassend beleuchtet werden sollte.
Oben genannte Studie zeigt weitere Handlungsoptionen auf, die zur Erreichung der EU-rechtlichen Vorgaben beitragen könnten. Vergleiche mit internationale Erfahrungen zeigen, dass ein Pfand auf Einweg-Kunststoff-Getränkeflaschen die kostengünstigere Maßnahme darstellt, getrennte Sammelquoten von 90 Prozent zu erreichen. Zudem kann damit auch dem achtlosen Wegwerfen (sogenanntes Littering) entgegenwirkt werden. Des weiteren müssten auch Wege zur Erfüllung von höheren Recyclingquoten für Siedlungsabfall, Verpackungen und Kunststoffverpackungen in die Diskussion einfließen.
Planet Plastik
Weltweit fallen jährlich fast 80 Millionen Tonnen Kunststoffverpackungsmüll an. Davon werden aktuell nur circa 10 Prozent der eingesetzten Ressourcen durch Recycling wiedergewonnen. Erschreckend wenig. Der Rest wird verbrannt, deponiert oder gelangt unkontrolliert in die Umwelt.
In der EU ist diese Quote höher, nähert sich langsam der 50 Prozent Marke, ist aber weiterhin ausbaufähig. Die Single–Use–Plastic-(SUP)-Richtlinie der Europäischen Union hat dieses Problem ins Visier genommen. Die im Juli 2019 in Kraft getretene Richtlinie zielt darauf ab, die Verschmutzung der Natur durch Einweg-Plastik deutlich zu verringern.
Zur Eindämmung von Einwegplastik beinhaltet sie unter anderem ab 2021 das Verbot von Produkten, für die es nachhaltigere Alternativen gibt: Wattestäbchen, Teller, Besteck, Trinkhalme, Luftballonstäbe, auch Plastikbecher und Lebensmittelverpackungen sollen spürbar reduziert werden.
Vier bis 13 Millionen Tonnen des Verpackungsmüll aus Plastik gelangen laut der Umweltschutzorganisation WWF jährlich ins Meer. Weit mehr als 100 Millionen Tonnen Plastikmüll sollen bereits bereits die Weltmeere verschmutzen.
Durch Meersalz und UV-Licht können giftige Chemikalien aus dem Plastik im Meer freigesetzt werden. Das kann bei Meerestieren zu hormonellen Störungen führen und durch das Essen von Meeresfisch auch den Menschen betreffen. Kunststoffe aus Lebensmittelverpackungen wiederum können von den Lebensmitteln aufgenommen werden und so direkt in unsere Körper gelangen.