Kategorie Innovation & Technologie - 27. September 2016

Qualität aus Österreich unterwegs ins All

Sie darf sich keinen Fehler leisten. Bei jedem ihrer Arbeitsschritte sind Genauigkeit und Fingerspitzengefühl gefragt. Katharina Dobeš überprüft die Elektronik von Satelliten. „Wir müssen dabei wirklich sehr genau vorgehen und an möglichst alles denken. Denn wenn ein Satellit einmal im All ist, kann er nicht mehr repariert werden“, sagt die Werkstoffingenieurin. Die 33-Jährige arbeitet bei der RUAG Space GmbH, die mit rund 220 Mitarbeitenden die größte österreichische Firma im Bereich der Weltraumtechnik ist. Das Unternehmen hat sich durch die Ausrüstung von Satelliten mit Elektronik, Mechanik und Thermalisolationen weltweit profiliert.

Made in Austria

Denkt man an Österreich, assoziiert man das Land nicht sofort mit Raumfahrt oder Weltraumtechnologie. Dabei findet sich ein Stück Alpenrepublik in Satelliten, Raketen, Weltraumkommunikationssystemen und anderen technischen Innovationen fürs All. Stolze 114 österreichische Firmen und Forschungsinstitute sind im Raumfahrsektor tätig. So flog beispielsweise die europäische Raumsonde Rosetta mit Technik aus Österreich. Das Grazer Institut für Weltraumforschung (IWF) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften entwickelte unterschiedliche wissenschaftliche Messinstrumente für die Landeeinheit und die Rosetta-Raumsonde. Ebenfalls beteiligt ist das Unternehmen Siemens CVC mit einer zentralen Testeinheit für die Steuerung. Auch die Trägerrakete Ariane 5 (mit der hauptsächlich Kommunikationssatelliten in den Orbit gestartet werden) funktioniert mit heimischem Know-how (siehe Grafik). „Die Themen Technologie, Innovation und Forschung bekommen in der Öffentlichkeit nicht die Aufmerksamkeit, die ihnen gebühren. Es werden in diesem kleinen Land viele tolle Dinge gemacht, auf die man stolz sein kann“, sagt Dobeš.

Teile der Sentinel-Satelliten aus Österreich

Aktuell feiert die RUAG Space Erfolge als führendes Unternehmen in Europa für hochpräzise Navigationsempfänger für Satelliten, die die Bestimmung der Satellitenposition mit einer Genauigkeit im Zentimeterbereich erlauben, wie sie für eine Vielzahl von Erdbeobachtungsmissionen benötigt wird. Bei der RUAG Space wird derzeit an Aufträgen zur Lieferung von rund 50 dieser Empfänger gearbeitet. Alle Sentinel-Satelliten des Copernicus-Programms der EU werden damit ausgestattet. Auch bei der ESA-Mission BepiColombo, die im Frühjahr 2018 zum Planeten Merkur aufbrechen wird, liefert die RUAG Space Beiträge im Gesamtwert von mehr als 30 Millionen Euro in den Bereichen Elektronik, Mechanik und Thermalisolation. So erfolgt die Ausrichtung der elektrischen Triebwerke während der rund sechsjährigen Reise zum Merkur mithilfe von Positionier-Mechanismen und Steuerungs- Elektronik aus Wien. Thermal-Isolation von RUAG Space ermöglicht das Überleben des Satelliten bei Temperaturen bis über 400° C im inneren Sonnensystem.

Katharina Dobeš scheut den internationalen Vergleich mit Österreich nicht. „Österreich hat sich in der Weltraumforschung in ein paar Nischen sehr gut aufgestellt.“ Mitten im steirischen Zirbenland fiel vor Kurzem der Startschuss zur Entwicklung einer imposanten Hightech-Anlage für die Ariane-6-Rakete, die im Jahr 2020 starten soll. Die Automatisierungsspezialisten des Sondermaschinenbauers HAGE sollen eine über 50 Meter lange Anlage der Marke HAGEmatic zur Produktion der Bulkheads, Verschlusskappen für Raketentanks, konstruieren. Die sechs Meter breiten und drei Meter hohen Werkstücke werden spanend bearbeitet und in einem weiteren Prozess verschweißt und geprüft. Das Besondere dabei ist die Technologie des „Friction Stir Weldings (FSW). Das FSW-Verfahren, auch unter dem Namen Rührreibschweißen bekannt, ist ein Verfahren, das Werkstoffe bzw. Werkstoffkombinationen, die bislang als nicht verschweißbar galten, in hoher Qualität miteinander verbindet, in diesem Fall eine Aluminium-Lithium-Legierung. „Die Grenzen der FSW-Technologie werden bei uns vollkommen ausgereizt. Wir vereinen Innovationsgeist und Umsetzungsexpertise. Das gewährleistet, dass die Qualität nicht erst in der Ausführung, sondern schon in der Planung in unserer Hand liegt“, sagt Stefan Hampel, technischer Geschäftsführer HAGE.

Auf zum Mars!

Eine bemannte Marsmission ist der Traum von vielen Wissenschaftlerinnen und AstronautInnen. Dass es eines Tages dazu kommen wird, ist Klaus Pseiner, Chef der FFG (Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft) überzeugt: Aber „nicht nächstes oder übernächstes Jahr, da muss man in Jahrzehnten sprechen.“ Neben dem politischen Umfeld und den technologischen Innovationen sieht er die öffentliche Kommunikation gefordert: „Die Weltraumtechnik muss hier als Standard betrachtet werden, genauso normal wie ein Telefonat mit dem Handy.“

INFObox: Von 3. bis 7. Oktober findet in Wien der 29. „Planetary Congress“ statt, ein internationales Treffen von hundert KosmonautInnen und AstronautInnen. Das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (bmvit) ist seit 2014 auch das Weltraumministerium. Im Rahmen der europäischen Raumfahrtorganisation ESA und des österreichischen Weltraumprogramms ASAP investiert das bmvit jährlich 65 Millionen Euro in Weltraumtechnologien. Mehr als hundert österreichische Firmen sind in der Raumfahrt tätig.