Kategorie Klima- & Umweltschutz - 12. Oktober 2022

Rettung von vier Störarten in der Donau angelaufen

Die letzten Störarten bewahren und ihre Lebensräume schützen – das sind die Ziele des EU-Projekts mit nationalen und internationalen Partner:innen unter der Leitung der BOKU.

Störe sind die am stärksten bedrohte Tierfamilie der Welt und auch in der österreichischen Donau eine hochgradig gefährdete Fischart. Aufgrund von Lebensraumverlust durch Stauhaltung und Regulierung finden sich in der österreichischen Donau nur noch kleinste Vorkommen der einst König der Donau genannten Art, die sich nun kaum mehr selbst reproduzieren kann.

Bereits 2015 wurde daher das erfolgreich abgeschlossene Projekt LIFE-Sterlet, bei dem die Universität für Bodenkultur (BOKU) Wien eine Sterletaufzuchtstation auf der Donauinsel in Wien aufgebaut und insgesamt 240.000 Sterlets in die Donau ausgesetzt hat. Dadurch wurde die stark gefährdete Population dieser letzten in Österreich noch natürlich vorkommenden Stör-Art unterstützt, damit sich wieder eine selbstreproduzierende Population ausbilden kann.

 

Als Nachfolgeprojekt ist nun das LIFE-Projekt LIFE Boat 4 Sturgeon gestartet, mit dem Ziel, das aufgebaute Know-how bei Schutz und Aufzucht auf insgesamt vier Stör-Arten auszuweiten – zusätzlich zum Sterlet in der Oberen und Mittleren Donau sollen nun auch die Arten Waxdick, Sternhausen und Hausen in der Unteren Donau vor dem Aussterben bewahrt werden. Neben dem  Aufbau einer schwimmenden Aufzuchtstation an der Donau in Wien, wo die Haltung und Nachzucht von Elterntieren erfolgt, stehen auch die Auswilderung von Jungfischen, der Aufbau von Gen-Datenbanken im Fokus der Neuauflage des LIFE-Pojekts.

Die Leitung des bis 2029 laufenden Vorhabens liegt bei der BOKU unter Beteiligung mehrerer Institutionen in Ungarn, Slowenien, Rumänien, Bulgarien, Slowakei und Ukraine. In Österreich ist zudem das Bundesamt für Wasserwirtschaft (IGF Scharfling) beteiligt. Das Schiff für die schwimmende Aufzuchtstation wird von der viadonau gestellt: ein speziell umgebautes Frachtschiff, das in der Donau in Wien vor Anker liegen wird.

„Unser gemeinsames Ziel ist es seit vielen Jahren den einzigartigen Lebensraum an der Donau zu erhalten und zu schützen. Wenn wir sehen, dass Tierarten vor dem Aussterben stehen, braucht es unser entschlossenes Handeln. Ich freue mich daher umso mehr, dass im Zuge dieses breit angelegten Projekts alles unternommen wird, um vier Störarten das Überleben zu sichern“, so Klimaschutzministerin Leonore Gewessler über die gemeinsamen Anstrengungen.

 

Projektleiter Thomas Friedrich verweist darauf, dass „Störe 200 Millionen Jahre alte lebende Fossilien“ sind, die „in nur 200 Jahren an den Rand des Aussterbens gebracht“ wurden. Daher sei es unsere gesellschaftliche Pflicht, diese faszinierenden Lebewesen für künftige Generationen zu erhalten. „Das Zusammenspiel aus Erhalt der genetischen Diversität durch Mutterfischhaltung und Auswildern von Jungfischen, der Wiederherstellung der Wanderrouten und des Lebensraumes, der Forschung und Ausbildung sowie der Schaffung eines Bewusstseins für die Thematik in der Bevölkerung ist dabei der Schlüssel zum Erfolg.“

Störe stark bedroht

Störe sind die perfekten Botschafter für einen sorgsamen Umgang mit den Lebensadern unserer Landschaft. Das Projekt zum Schutz des Sterlets in der Donau ist eine echte Erfolgsgeschichte betont auch die für die Wiener Gewässer zuständige Stadträtin Ulli Sima: „Über 240.000 wurden in einem Aufzuchtcontainer aufgezogen und schließlich ausgewildert, seither wurden auch wieder erwachsende Fische in der Donau gesichtet.“

Störe sind aufgrund ihrer Größe, ihrer hohen Lebenserwartung und späten Geschlechtsreife, ihrer vielfältigen Lebensraumansprüche und ihres wandernden Lebenszyklus hervorragende Indikatoren für ökologisch gesunde Flüsse und Meere und erfordern somit einen ganzheitlichen Ansatz für ihre Erhaltung. Laut Weltnaturschutzunion (IUCN), die seit 1964 die Rote Liste der bedrohten Arten führt, waren Störe bereits 2010 die am stärksten gefährdeten Tiergruppe überhaupt – Ursachen sind die Überfischung für Fleisch und Kaviar, sowie Wanderbarrieren und Lebensraumverluste.

Für einen erfolgreichen Erhalt der Störe benötigt es laut BOKU eine umfassende Betrachtung internationaler Flusssysteme und Küstengebiete sowie ein breites Spektrum an Maßnahmen, vom Schutz der verbliebenen genetischen Diversität, der Restauration von Lebensräumen, der Durchgängigkeit von Wanderhindernissen bis zur Unterstützung der Restpopulationen durch Auswilderung von angepassten Jungfischen. Der „Paneuropäische Aktionsplan für Störe“ betont dabei besonders die Notwendigkeit, bei sehr kleinen Restpopulationen genetisch diverse Muttertiere in Gefangenschaft zu halten und Nachkommen in die freie Wildbahn zu entlassen, um die Populationen zu stabilisieren, bis die Bedingungen in freier Wildbahn eine Erholung durch natürliche Reproduktion zulassen.

In der Donau sind zwei von sechs Arten bereits ausgestorben. Drei Arten werden aktuell noch vereinzelt in der unteren Donau nachgewiesen, die natürliche Vermehrung findet nur noch sporadisch statt. Die extrem kleinen Populationen können sich nicht aus eigener Kraft erholen, sondern benötigen eine Unterstützung durch das Aussetzen genetisch gesunder und vielfältiger Jungfische, die durch die Aufzucht im Flusswasser an ihre Heimatgewässer angepasst und für ein Überleben in freier Wildbahn geeignet sind.

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