Kategorie Innovation & Technologie - 6. November 2024
Per Roboter gegen invasive Arten auf Österreichs Almen
Almwiesen gehören zu Österreich wie die vielbesungenen Berge in der Nationalhymne. Sie sind aber auch eine wichtige natürliche Ressource für Viehwirtschaft, Forstwirtschaft, Erholung und den Tourismus in alpinen Regionen. Diese für den Alpenraum prägenden offenen Landschaftsgebiete sind jedoch durch das Eindringen invasiver Arten bedroht.
„Invasive Arten sind gebietsfremde Arten, deren Einbringung oder Ausbreitung die Biodiversität und die damit verbundenen Leistungen der Ökosysteme wie etwa den Schutz vor Naturgefahren oder sauberes Wasser gefährden oder nachteilig beeinflussen“, definiert eine EU-Verordnung diese oft ungebetenen Gäste. Von der Verdrängung heimischer Arten bis hin zu deren Aussterben sowie auch eine Beeinträchtigung der Lebensräume reichen die Konsequenzen. Die Schäden die durch invasive gebietsfremde Arten in Europa verursacht werden, werden in einer EU-Studie mit zwölf Milliarden Euro pro Jahr beziffert.
Die Folgen sind auch im Gebirge spürbar, insbesondere an den Grenzen zum Wald bestehend aus Latschenkiefern und Grünerlen kommt es zu einem langsamen Eindringen von Büschen und jungen Bäumen. Es folgt eine Verschiebung der Grenze zwischen Almwiese und Wald und verkleinert somit die nutzbare Almfläche. Aufgrund von Topographie, rechtlichen Vorgaben und ökologischen Überlegungen ist das Entfernen von Büschen und jungen Bäumen sehr aufwendig. Bergbäuerinnen, Agrargemeinschaften oder Grundeignerinnen finden immer weniger Personal für die anstrengende Aufgabe und oft ist auch der Einsatz schwerer Maschinen in betroffenem Gelände gar nicht möglich.
Künftig könnte die invasiven Pflanzen auch mit Robotern vernichtet werden. Geht es nach Forschenden der TU Graz, soll im FFG-Projekt RoboAlm die unerwünschte Verbuschung bald automatisiert erkannt und auch entfernt werden.
Dafür müsse jedoch viel Expertise aus den Bereichen Erdbeobachtung, Navigation, Ökologie und Robotik in drei Modulen gebündelt werden, wie die Wissenschaftlerinnen betonen. Das erste Modul verwendet satellitenbasierte Erdbeobachtungsdaten mehrerer Jahre, um automatisiert die betroffenen Fflächen zwischen Almwiesen und Wald zu identifizieren.
Ein weiteres Modul liefert satellitengestützt Befahrbarkeitsanalysen und Kostenkarten, die für eine sichere und schonende Navigation eines mobilen Roboter im schwierigen Gelände verwendet werden können.
Auf Basis der identifizierten Flächen und den satellitenbasierten Navigationskarten generiert das Modul ebenfalls einen optimale, sichere und minimal invasive Route für die Entfernung der unerwünschten Pflanzen. Das letzte Modul stellt ein geländegängiger Roboter dar, der sowohl mit den entsprechenden Werkzeugen zum Entfernen der Pflanzen als auch mit der, für die Automatisierung des Entfernungsprozesses nötigen Sensorik und Software ausgestattet ist.
Eine Inspiration für das bereits im Juli gestartete Projekt war der Film „Der Bauer und der Bobo“, in dem Journalist Florian Klenk ein Praktikum beim steirischen Bergbauern Christian Bachler macht. „Dort gibt es eine Sequenz, wo sich der Bauer darüber beschwert, dass er seine Almen nicht mehr bewirtschaften kann, weil er kein Personal hat und es zu teuer ist“, erklärte Projektleiter Gerald Steinbauer-Wagner von der TU Graz gegenüber der futurezone. Er überlegte sich dann, dass man die Bewirtschaftung teilweise automatisieren könnte.
Auf zwei Testalmen soll bald ein bereits erprobter autonomer Roboter Menschen assistieren. „Einerseits möchte man die Alm offenhalten. Auch mit heimischem Pflanzen soll sie nicht ganz zuwachsen, damit man sie noch für die Alm- bzw. Viehwirtschaft nutzen kann. Sonst wird sie irgendwann ein Wald“, so Steinbauer-Wagner. Andererseits soll das Gerät am Berg auch gegen invasive Pflanzen kämpfen. Erkannt werden sollen die mittels KI-Software, die zuvor mit Bildern heimischer Pflanzen trainiert wird.
Zur Fortbewegung nutzt der Roboter Kettenlaufwerke, die auch im abschüssigen Terrain Halt finden. „Er hat einen Laserscanner, mit dem er die Umgebung abtastet“ erklärt der Wissenschaftler. Zudem nutzt er 3-D-Kameras und Sensoren zur Navigation, per LTE-Mobilfunk verbindet er sich mit dem Internet.
Den Weg findet der Roboter dank Satellitenaufnahmen, zusätzlich werden Drohnenbilder verwendet – wegen ihrer höheren Auflösung. Der Akku soll den Roboter bis zu acht Stunden mit Energie versorgen, danach muss er händisch an die Stromversorgung angeschlossen werden. „Die Energieversorgung haben wir uns im Detail noch nicht angeschaut. Aber dort oben gibt es Photovoltaik und Kleinkraftwerke“, erklärt Steinbauer-Wagner.
Von Mährobotern übersähte Almwiesen sieht Steinbauer-Wagner in absehbarer Zeit nicht, aber angeichts des grassierenden Arbeitskräftemangels werden Menschen, die diese Arbeit machen, seiner Meinung nach immer rarer.
Die Einschleppung gebietsfremder Arten bewirke zwar anfänglich eine Erhöhung der lokalen Biodiversität, jedoch wird durch die Verdrängung oder sogar Ausrottung heimischer Arten die biologische Vielfalt zusätzlich verringert. Insbesondere dann, wenn endemische Arten durch invasive Arten verdrängt werden, erfährt die globale Biodiversität einen Rückgang. Deshalb gehe es in diesem Projekt auch darum, die Biodiversität österreichischer Almen für künftige Generationen zu erhalten.