Kategorie Innovation & Technologie - 11. Oktober 2018

Schwerer Zwischenfall bei Sojus-Start: Raumfahrer wohlauf

Beim jüngsten Start einer Sojus-Rakete ist es zu einer schweren technischen Panne gekommen. Die zweiköpfige Besatzung hat überlebt. Für die bemannte Raumfahrt ist die Notlandung jedoch ein herber Rückschlag.

Nach dem fehlgeschlagenen Start eines russischen Raumschiffes zur Internationalen Raumstation ISS sind die beiden Raumfahrer wohlauf. Der Chef der russischen Raumfahrtbehörde Roskosmos, Dmitri Rogosin, schrieb auf Twitter: „Die Mannschaft ist gelandet. Alle sind am Leben.“ Das Rettungssystem habe funktioniert.

Rund zwei Minuten und 45 Sekunden nach dem Abheben passierte die Panne an der zweiten Raketenstufe. Die Sojus ist so ausgelegt, dass die Crew auch in problematischen Situationen nach dem Start sicher zur Erde zurückkommen kann. Die Kapsel wird abgesprengt und fliegt auf einer sogenannten ballistischen Bahn weiter. Das bedeutet, sie verhält sich im Prinzip wie eine Kanonenkugel.

Wie NASA und Roskosmos mitteilten, sei die Kapsel bereits wieder auf der Erde angekommen. Rettungsteams hätten Kontakt zu den zwei Raumfahrern. An Bord waren der russische Kosmonaut Alexej Owtschinin und der US-amerikanische Astronaut Nick Hague. Der Funkkontakt zeigte die Besonnenheit der Raumfahrer: „Problem mit Triebwerk, zwei Minuten 45 Sekunden“, sagt Raumfahrer Alexej Owtschinin mit ruhiger Stimme. Und scherzt dann weiter: „Das war eine kurze Reise.“

 

Die Kapsel musste durch den Zwischenfall in einem steileren Winkel auf die Erde zurückkehren als üblich. Russischen Nachrichtenagenturen zufolge lag die Landestelle in der Nähe der kasachischen Stadt Dscheskasgan in Zentralasien. Der Russe und der US-Amerikaner seien am Leben, hieß es. Es gehe ihnen gut.

Auf Fernsehbildern sind einige Zeit nach dem Start kleine Explosionen an der Rakete zu sehen. Wenig später ist außer dem Feuerschweif auch weißer Rauch aus den Triebwerken zu sehen. Aufnahmen aus dem Inneren der Kapsel zeigten, wie Owtschinin und Hague umhergeworfen wurden, als es zu dem Zwischenfall kam.

Ermittlungen

Nach vorläufigen Angaben von Experten traten schon beim Brennen der ersten Raketenstufe Probleme auf, die NASA sprach von einer Anomalie an der Stufe. Deswegen zündete die zweite Stufe nicht. Wie es dazu kommen konnte, darüber lässt sich derzeit nur spekulieren. Es könnte ein falscher Befehl des Boardcomputers sein – vorstellbar ist auch ein mechanischer Defekt.

Inzwischen wurde eine strafrechtliche Untersuchung des gescheiterten Starts einer Sojus-Rakete eingeleitet. „Beamte untersuchen derzeit den Startplatz, Dokumente wurden beschlagnahmt“, erklärte der Ermittlungsausschuss am Donnerstag. Eine Sonderkommission sei eingerichtet worden. Die Untersuchung soll demnach klären, ob beim Bau der Rakete Sicherheitsbestimmungen missachtet wurden.

Ein Triebwerksproblem hatte die Zwei-Mann-Besatzung der Rakete kurz nach dem Start Donnerstagfrüh (MESZ) zur Notlandung gezwungen. Der US-Astronaut Nick Hague und sein russischer Kollege Alexej Owtschinin konnten nach Angaben der russischen Raumfahrtbehörde Roskosmos unversehrt in Kasachstan landen. Roskosmos erklärte, „zum Zeitpunkt des Starts“ sei eine „ungewöhnliche Lage“ eingetreten, die Rettungssysteme seien aktiviert worden.

Einem Medienbericht zufolge prüft Russland nach der Panne den vorübergehenden Stopp auch der unbemannten Sojus-Versorgungsflüge zur Internationalen Raumstation ISS. Die Transporte könnten bis Ende dieses Jahres ausgesetzt werden, berichtete die russische Nachrichtenagentur Interfax am Donnerstag unter Berufung auf einen namentlich nicht genannten Insider.

Russland versorgt die ISS mit Lebensmitteln und anderem Material und transportiert als einziges Land Besatzungsmitglieder zur Raumstation und wieder zurück zur Erde. Die Versorgungsflüge sind unbemannt. Die derzeit dreiköpfige Besatzung auf der ISS verfüge über ausreichend Proviant. Der Aufenthalt für Alexander Gerst, der momentan den Kommandoposten der ISS inne hat, könnte sich dadurch ebenfalls auf unbestimmte Zeit verlängern. Seine Rückkehr war ursprünglich für den Dezember vorgesehen.

Derzeit wird damit gerechnet, dass Gerst und die zwei weiteren Besatzungsmitglieder erst Anfang 2019 zurückkehren können. Die Europäische Weltraumorganisation ESA hatte zuvor jedoch erklärt, es sei noch zu früh, über eine mögliche Verlängerung der Mission zu entscheiden.

apa/red