Kategorie Innovation & Technologie - 3. Februar 2020
Mit Mehrweg gegen die Plastikflut
Studie zu Optionen für Erreichung der EU-Sammelquoten, runder Tisch des BMK dazu mit Wirtschaft
Der Ruf von Kunststoffen in der Konsumwelt hat deutlich gelitten. Ihre Rückstände in Form von Plastikmüll sorgen immer wieder für Negativschlagzeilen. Berge davon werden unkontrolliert entsort, verbrannt, landen im Meer und damit auch in den Mägen vieler Tiere. Die Bilder sind bekannt, das Problem ist ein globales.
Weltweit fallen jährlich fast 80 Millionen Tonnen Kunststoffverpackungsmüll an. Davon werden aktuell nur circa 10 Prozent der eingesetzten Ressourcen durch Recycling wiedergewonnen. Erschreckend wenig. Der Rest wird verbrannt, deponiert oder gelangt unkontrolliert in die Umwelt.
In der EU ist diese Quote höher, nähert sich langsam der 50 Prozent Marke, ist aber weiterhin ausbaufähig. Die Single–Use–Plastic-(SUP)-Richtlinie der Europäischen Union hat dieses Problem ins Visier genommen. Die im Juli 2019 in Kraft getretene Richtlinie zielt darauf ab, die Verschmutzung der Natur durch Einweg-Plastik deutlich zu verringern.
Zur Eindämmung von Einwegplastik beinhaltet sie unter anderem ab 2021 das Verbot von Produkten, für die es nachhaltigere Alternativen gibt: Wattestäbchen, Teller, Besteck, Trinkhalme, Luftballonstäbe, auch Plastikbecher und Lebensmittelverpackungen sollen spürbar reduziert werden.
1,6 Mrd. Kunststoffflaschen pro Jahr in Österreich
Zudem sieht sie vor, dass Getränkeflaschen aus Kunststoff, von denen derzeit allein in Österreich rund 1,6 Milliarden Stück pro Jahr in den Verkehr kommen, bis zum Jahr 2025 zu zumindest 77 Prozent und bis zum Jahr 2029 zu zumindest 90 Prozent getrennt gesammelt und recycelt werden müssen. Aktuell beträgt die Sammelquote EU-weit 70 Prozent.
In einer vom Ministerium im Vorjahr beauftragten und am Mittwoch im zuständigen Beirat präsentierten Studie, durchgeführt von einem Konsortium des Technischen Büros Hauer, der Universität für Bodenkultur (BOKU) Wien und der Montanuniversität Leoben, wurden Handlungsoptionen zur Erreichung der Sammelquoten erhoben und die dafür erforderlichen Aufwendungen berechnet.
Demnach ist eine Steigerung der getrennten Sammlung von Kunststoffverpackungen im erforderlichen Ausmaß nicht zu erwarten, sodass jedenfalls zusätzliche Massen aus dem Restmüll aussortiert werden müssten. Bei einer deutlichen Erhöhung der getrennten Sammlung von Kunststoffen und einer massiven Verbesserung der Sortierung müssten zusätzlich rund 75 Prozent oder bis zu einer Million Tonnen des gesamten österreichischen Abfalls aus Privathaushalten zusätzlich sortiert werden.
Die Studie zeigt weitere Handlungsoptionen auf, die zur Erreichung der EU-rechtlichen Vorgaben beitragen könnten. Vergleiche mit internationale Erfahrungen zeigen, dass ein Pfand auf Einweg-Kunststoff-Getränkeflaschen die kostengünstigere Maßnahme darstellt, getrennte Sammelquoten von 90 Prozent zu erreichen. Zudem kann damit auch dem achtlosen Wegwerfen (sogenanntes Littering) entgegenwirkt werden.
Die zuständige Bundeministerin Leonore Gewessler und Staatssekretär Magnus Brunner werden angesichts der Ergebnisse der Studie einen Runden Tisch mit den Vertreterinnen und Vertretern der Wirtschaft, der Interessenvertretungen und weiteren Akteuren einberufen. Die Handlungsoptionen zur Erreichung der Sammelquoten, zu denen Österreich verpflichtet ist, müssen auf Basis der wissenschaftlichen Ergebnisse mit allen Beteiligten umfassend analysiert werden.
Wie im Regierungsprogramm vorgesehen, wird der Ausbau von Mehrwegsystemen als ökologisch vorteilhafteste Variante für Getränkeverpackungen jedenfalls eine Rolle dabei spielen.
Vier bis 13 Millionen Tonnen Verpackungsmüll aus Plastik gelangen laut der Umweltschutzorganisation WWF jährlich ins Meer. Weit mehr als 100 Millionen Tonnen Plastikmüll sollen bereits bereits die Weltmeere verschmutzen.
Durch Meersalz und UV-Licht können giftige Chemikalien aus dem Plastik im Meer freigesetzt werden. Das kann bei Meerestieren zu hormonellen Störungen führen und durch das Essen von Meeresfisch auch den Menschen betreffen. Kunststoffe aus Lebensmittelverpackungen wiederum können von den Lebensmitteln aufgenommen werden und so direkt in unsere Körper gelangen.