Kategorie Klima- & Umweltschutz - 14. September 2022

Tschechisches Kernkraftwerk Dukovany weiter in der Kritik

Beihilfen für neues tschechisches Kernkraftwerk sind wettbewerbsverzerrend und nicht nachhaltig

Das Klimaschutzministerium (BMK) teilt die Bedenken der Europäischen Kommission in Hinblick auf die geplante staatliche Unterstützung für den Bau und Betrieb eines neuen Kernkraftwerks im tschechichen Dukovany. Die geplanten Maßnahmen sind unverhältnismäßig, bremsen den Ausbau von Erneuerbaren Energien und verzerren den Wettbewerb am Energiemarkt.

© apa / dpa

„Kernkraft ist riskant, gefährlich und alles andere als umweltschonend. Expertinnen und Experten warnen zurecht vor den negativen Folgen für die Umwelt und Wirtschaft. Der Umstieg auf Erneuerbare Energien ist der einzige Weg aus der Krise – sowohl der Energie-, als auch der Klimakrise“, so Klimaschutzministerin Leonore Gewessler.

Bedenken bei EU-Prüfverfahren

Der tschechische Staat plant, den Bau des Atomkraftwerkes in drei Punkten nicht nur mit einem staatlichen Darlehen zu einem niedrigen Zinssatz zu unterstützen, das fast 100 Prozent der Baukosten deckt, sondern hat zudem einen Strom-Abnahmevertrag zwischen dem Beihilfeempfänger und einer Zweckgesellschaft, die im Eigentum der tschechischen Regierung steht und von ihr verwaltet wird. Nach diesem Vertrag ist die Zweckgesellschaft verpflichtet, 60 Jahre lang den gesamten vom Beihilfeempfänger erzeugten Strom zu einem festen Preis zu kaufen. Diese Zweckgesellschaft wird diesen gesamten Strom dann auf dem Stromgroßhandelsmarkt verkaufen.

Die EU-Kommission, die ein Prüfverfahren eröffnet hat, kommt zwar zum Ergebnis, dass die angemeldete Unterstützung für das Projekt als solche nicht gegen Unionsrecht verstößt, bezweifelt aber zugleich die Angemessenheit und Verhältnismäßigkeit der drei Bestandteile der Maßnahme. Auch hinsichtlich möglicher Wettbewerbsverzerrungen und negativer Auswirkungen auf den Markt äußerte die Kommission Bedenken. All diese Einwände werden vom BMK ausdrücklich unterstützt.

Hohe Sicherheitsrisiken

Denn die Unterstützung einer überförderten, per se wenig konkurrenzfähigen Technologie führt zu weiteren, erheblichen Marktverwerfungen und Wettbewerbsverzerrungen. Die Subventionierung des Kernenergiesektors würde die Fortschritte bei billigeren, schneller verfügbaren und beim Klimaschutz wirksameren Technologien drastisch verlangsamen.

Auch die Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000 hat die vorliegende EU-Konsultation zur Beihilfenprüfung analysiert: Demnach komme es keineswegs zu einem „Marktversagen“, das nach Meinung der tschechischen Regierung durch große Mengen von Steuergeld ausgeglichen werden muss. Vielmehr liege die hohe Summe an Beihilfen am Technologieversagen der unwirtschaftlichen Stromerzeugungsform Atomkraft. „Strom aus Atomkraft ist laut Internationaler Energieagentur (IEA) mindestens zweieinhalbmal so teuer wie Strom aus modernen Erneuerbaren und dies wird auch in Zukunft so bleiben“, erläutert Patricia Lorenz, Anti-Atom-Sprecherin von GLOBAL 2000. „Die Unwirtschaftlichkeit von Atomreaktoren wird noch verschlimmert durch mehrere verdeckte wirtschaftliche Begünstigungen wie die Deckelung der Haftung bei Nuklearkatastrophen oder die viel zu geringe Vorsorge für die Ewigkeitslast Atommüll.“

Auch aus dem Blickwinkel der Versorgungssicherheit bietet die Kernenergie keine Vorteile gegenüber anderen Energieträgern. Uran und Thorium sind nur begrenzt verfügbar. Die Importabhängigkeit der EU-Staaten bei Uranerzen liegt bei fast 100 Prozent. Ein „Brennstoffkreislauf“ existiert nicht, die Wiederaufarbeitung abgebrannter Brennelemente kann nicht beliebig oft wiederholt werden. Die sichere und dauerhafte Entsorgung hochaktiver, radioaktiver Abfälle und abgebrannter Brennelemente ist nach wie vor ungelöst.

Atomkraft ist unverträglich mit Klimakrise

Darüber hinaus können schwere Unfälle in Kernkraftwerken mit schweren Folgen auch für benachbarte Länder niemals ausgeschlossen werden. Die aktuellen Ereignisse in der Ukraine unterstreichen dabei das enorme Gefahrenpotential von Kernkraftwerken in bewaffneten Konflikten. Die zivile nukleare Infrastruktur ist grundsätzlich nicht auf Kriegsgeschehen ausgelegt und vorbereitet.

Und nicht zuletzt wirken sich auch die Folgen der Klimakrise negativ auf die Kernenergie aus. Durch den hohen Bedarf an Kühlwasser sind Kernkraftwerke sehr empfindlich gegenüber einem Temperaturanstieg. Insbesondere führt der hohe Wasserbedarf der Kernkraftwerke dazu, dass diese bei Hitzeperioden und Dürren ausfallen. So mussten zuletzt in Frankreich zahlreiche Reaktoren stillgelegt werden. 31 von 56 Reaktoren sind dort, teils wegen Rostproblemen an Notkühl-Einspeisestutzen, teils wegen zu geringer Wasserführung der Flüsse aufgrund von Trockenheit und Rekordtemperaturen vom Netz genommen werden.

In Dukovany versorgt das kleine Flüsschen Jihlava bereits die vier laufenden Reaktoren – für einen weiteren fünften Reaktor reiche das wenige Wasser schlicht nicht aus, wie GLOBAL 2000 in einer Aussendung festhält. Aufgrund der fortschreitenden Klimakrise steht das Wasser dazu immer unberechenbarer zur Verfügung und Ausfälle der Reaktoren und Produktionsschwankungen werden häufiger.