Kategorie Innovation & Technologie - 2. Februar 2017

Vom Smartphone bis zum E-Auto: Kunststoff als Wärmemanager

Leoben – Vom Smartphone bis zur Windkraftturbine, vom Flachbildschirm bis zur Technik strombetriebener Fahrzeuge – in der Elektronik und Elektrotechnik heißt es in vielerlei Hinsicht: kleiner ist feiner. Je mehr Bauteile, je mehr Funktionalitäten, je mehr Leistung auf möglichst engem Raum Platz finden, desto eleganter wird das Smartphone, desto leichter das Auto, desto effizienter und potenziell ressourcenschonender eine Gerätschaft.

Ein Problem begleitet die Entwickler dieser hochkomprimierten Bauteile auf Schritt und Tritt: die Wärmeentwicklung. Hochleistungsprozessoren, die Milliarden elektronischer Schaltungen auf engstem Raum vereinen und Rechenoperationen in hoher Taktfrequenz abrufen, müssen etwa immer aufwändigere Kühlsysteme aufweisen, um die Temperaturen im Rahmen zu halten. Aber schon bei jedem Netztrafo, bei jeder Schaltanlage muss die entstehende Wärme berücksichtigt werden. Alle Materialien eines Bauteils müssen mit der Wärmeentwicklung zurechtkommen und sollten auf Basis eines thermischen Konzepts ausgewählt sein, das die auftretenden Temperaturen in richtiger Weise managt.

Anlauf zur Verbesserung

Auch Kunststoffe sind Teil elektronischer und elektrotechnischer Bauteile. Die Polymere, also chemische Verbindungen aus langkettigen, mehr oder weniger regelmäßig aufgebauten organischen Molekülen, die zumeist petrochemischen Ursprungs sind, übernehmen dabei eine Reihe von Aufgaben. Sie isolieren Leistungskomponenten, bilden schützende Schichten auf Platinen und spielen eine Rolle in den Fertigungstechniken der Elektronik.

Einer Verbesserung dieser Gattung von Hochleistungskunststoffen widmet sich das Forschungsinstitut Polymer Competence Center Leoben (PCCL) gemeinsam mit Wissenschafts- und Unternehmenspartnern im kürzlich angelaufenen Projekt „PolyTherm – Polymer Composites for Thermally Demanding Applications“. Für das vierjährige Projekt, das im Rahmen des Comet-Programms der Förderagentur FFG mit Mitteln von Verkehrs- und Wirtschaftsministerium unterstützt wird, steht ein Budget von insgesamt sechs Millionen Euro zur Verfügung.

Nanodiamanten

„Es geht darum, Polymere zu entwickeln, die in unterschiedlichen Einsatzgebieten jeweils perfekte Leistung erbringen“, sagt Projektleiter Frank Wiesbrock vom PCCL. Die Hitzebeständigkeit ist da nur ein Kriterium unter mehreren. Gute Wärmeleitfähigkeit könne erforderlich sein, um die thermische Energie von ihrer Quelle möglichst schnell abführen zu können, so der Kunststoffentwickler. „Polymere sind von sich aus keine guten Wärmeleiter. Man kann hier etwa mit sogenannten Nanokompositen arbeiten. Das Polymer kann mit anorganischen Elementen wie Nanodiamanten versetzt werden, damit die Hitze besser abgeführt wird.“

Ein weiterer Aspekt ist die thermische Ausdehnung, die etwa bei Bauteilen relevant wird, die aus Schichten verschiedener Materialien aufgebaut sind. „Wenn sich Metalle und Polymere eines derartigen Bauteiles bei einer Betriebstemperatur von 80 Grad unterschiedlich ausdehnen, wird die Haftung zwischen den Komponenten schlechter“, erklärt Wiesbrock die Problematik. Also müssen Strategien gefunden werden, die es zulassen, dass sich die Polymere in der richtigen Weise ausdehnen.

Neue Generation

Gerade in der Elektromobilität kommen viele dieser Aspekte zusammen: Kunststoffe in Fahrzeuge müssen hohen und niedrigen Temperaturen sowie hoher Luftfeuchtigkeit standhalten. Sie müssen ein entsprechendes Ausdehnungsverhalten haben und dürfen nicht spröde werden. Ausdehnung und Haftung der Polymerwerkstoffe sind etwa bei Generatoren und Transformatoren relevant, die hier einem Bauteilausfall vorbeugen können.

Im Rahmen des Projekts soll in Simulationen eruiert werden, welchen Temperaturentwicklungen und Belastungen die Kunststoffe standhalten müssen. Darauf aufbauend, soll eine Materialauswahl getroffen werden, die technischen und wirtschaftlichen Kriterien entspricht. Modellierungen sollen zu optimierten Bauteilgeometrien, Netzwerkdichten und Materialkombinationen führen, so Wiesbrock. „Wir wollen zu einer neuen Generation von Hochleistungspolymeren beitragen, die maßgeschneiderte Eigenschaften besitzt und in großem Maßstab verfügbar ist.“ (Alois Pumhösel, 2.2.2017)