18. März 2020

Wie Elektromobilität die Fuhrparks erobert

Elektromobilität spielt eine immer größere Rolle in unserem Mobilitätssystem und auch in unserer Wahrnehmung von Fortbewegung. Im Straßenbild hat sich das längst niedergeschlagen. Elektrobusse sind in immer mehr Städten unterwegs, Autos zapfen per Kabel Strom vom inzwischen dichten Netz der Ladesäulen, Zweiräder summen akkubetrieben auf vielen Wegen. Ein Blick in die Zukunft zeigt, dass zwischen 2020 und 2025 jährlich etwa 30 neue E-Pkw auf den europäischen Markt kommen werden, bereits im Jahr 2025 über 170 batterieelektrische Modelle zur Verfügung stehen.

Auch für Fuhrparks werden E-Pkw aufgrund ihrer niedrigen Service- und Wartungskosten wirtschaftlich immer interessanter. „Bei einem Vergleich von Fahrzeugen der gleichen Kategorie zeigt sich, dass E-Fahrzeuge über die gesamten Lebenszykluskosten bereits heute – abhängig von Gesamtfahrleistung und Finanzierungsmodell – günstiger sind“, so Renato Eggner, Geschäftsführer des Raiffeisen-Leasing Fuhrparkmangement.

30 neue batterieelektrische Pkw-Modelle werden jährlich zwischen 2020 und 2025 am europäischen Markt erwartet. 100 Prozent der ab 2027 neu beschafften öffentlichen PKW sollen in Österreich emissionsfrei sein.

Bei der Modernisierung des Fuhrparks geht es allerdings um mehr als nur die Umstellung des Antriebs. Ein ganzheitlicher Blick auf das Mobilitätsökosystem und die Einbeziehung der Mitarbeitenden, Kundinnen und Lieferanten ist für eine erfolgreiche Umstellung ausschlaggebend.

Wie aktuelle Entwicklungen zeigen, wird sich der reine Fahrzeugkauf und -besitz hin zu Services wie Carsharing und anderen Dienstleistungen wandeln. Ab 2022 soll, soweit möglich, die Beschaffung von emissionsfreien Fahrzeugen in öffentlichen Fuhrparks zum Standard und Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren zur Ausnahme werden. Dass E-Autos im Fuhrpark aber bereits heute praktikabel einsetzbar sind, das zeigen Interviews mit Verantwortlichen aus Bund, Land, staatsnahen Unternehmen, Beschaffungsservices und Finanzierung.

Begutachtung neuer E-Fahrzeuge in Vorarlberg, © Patrick Kunkel

Wie nachhaltiges Fuhrpark- und Beschaffungsmanagement bereits heute funktionieren und auf welche Aspekte dabei zu achten ist, zeigt die AustriaTech anhand von fünf Best-Practice Beispielen, die auch von einer Interviewreihe mit den Verantwortlichen in der neuesten Publikation „Zukunftsfähige elektrische Flotten“ ergänzt werden.

Praxisbeispiele aus der öffentlichen Beschaffung:

  • Fuhrparkmanagement der ASFINAG
    Neben der flächendeckenden Versorgung von Österreichs Autobahnen und Schnellstraßen mit Schnellladeinfrastruktur, elektrifiziert die ASFINAG sukzessive den eigenen Fuhrpark. Dazu wurde ein Dienstleister über die Bundesbeschaffung GmbH (BBG) ausgeschrieben, was eine flexible Beschaffung von E-Fahrzeugen unabhängig von einzelnen Herstellern und gemäß den dynamischen technischen Entwicklungen gewährleistet.
  • Elektro-Einsatzfahrzeuge im BM.I
    Um die Nutzbarkeit von Elektromobilität für österreichische Blaulichtorganisationen zu eruieren, wurde das Projekt WALL E (Wirkungsvolle Praxisansätze aus Behördensicht beim leistungsfähigen Lasteinsatz von Elektromobilität) gestartet. Im Zuge dieses Projekts werden im Konsortium Anforderungen an E-Fahrzeuge und Fahrzeuge mit alternativem Antrieb im Blaulichteinsatz mit Schwerpunkt Exekutive evaluiert. Weiters werden sicherheitsrelevante Sonderanforderungen erhoben und der Bedarf an Ladeinfrastruktur ermittelt.
  • Straßenbetrieb Land Niederösterreich
    Im Fuhrpark der Abteilung Straßenbetrieb des Landes Niederösterreich konnte bereits ein rein elektrischer Pkw-Anteil von rund 31 Prozent geschaffen werden. Dazu hat der NÖ Straßendienst gemeinsam mit der NÖ Energie- und Umweltagentur (ENU) im Jahr 2017 eine Ausschreibung für E-Fahrzeuge initiiert, aus welcher bereits rund 100 E-Fahrzeuge abgerufen wurden.
  • Regionaler Beschaffungsservice für Gemeinden
    Der Vorarlberger Gemeindeverband schreibt seit 2016 regelmäßig E-Fahrzeuge für öffentliche Auftraggeber in Vorarlberg aus. Durch das Pooling der Nachfrage können besonders attraktive Konditionen bei Kauf und Leasing erzielt werden. Die Wirtschaftlichkeit der E-Fahrzeuge wird dadurch erhöht und der Fahrzeugpool wird nach und nach CO2-ärmer.
  • Finanzierungs- und Fuhrparkmanagement-Partner
    Raiffeisen-Leasing bietet im Rahmen des Öko-Flottenmanagements ein umfangreiches Service mit Fahrprofilanalysen, TCO-Vergleichsrechnungen, Beratungen und Finanzierungsvarianten an. Ziel ist es, ein innovatives, effizientes und umweltfreundliches Angebot zu bieten und den CO2-Ausstoß von Flotten zu reduzieren. Das Unternehmen berät markenunabhängig und ist gemäß ISO 9001 und ISO 14001 zertifiziert.

Vorbild Öffentliche Hand

Durch die Öffnung von spezifischen Fuhrparks für weitere Einsatzzwecke können Fahrzeuge effizienter ausgelastet, der Fahrzeugbestand insgesamt reduziert und Kosten eingespart werden. Dazu zählen unter anderem Kooperationen mit anderen Fuhrparks sowie die Öffnung der Fahrzeugflotte für einen erweiterten Nutzerkreis mittels Carsharing-Anbietern. Beispielsweise verbessert die ÖBB mit dem Angebot Rail&Drive ihre Fuhrparkauslastung und einige österreichische Kommunen bieten ihre E-Autos zusätzlich über den Carsharing-Betreiber CARUSO5 an und stärken damit das Mobilitätsangebot im ländlichen Raum.

Durch Entwicklungen in der Digitalisierung können Flotten zudem transparent und effizient gemanagt werden. Diese Trends werden in Zukunft massiv zunehmen und die Beschaffung und das Management von Fahrzeugen grundlegend verändern. Ein frühzeitiger Know-how-Aufbau hin zu einem serviceorientierten Mobilitätsmanagement gewährleistet einen zukunftsfähigen Fuhrpark und kann anderen öffentlichen Bedarfsträgern sowie privaten Unternehmen als Positivbeispiel dienen.

Die öffentliche Hand hat mit ihrer Beschaffung eine Katalysatorwirkung und kann den Markt für innovations- und serviceorientierte Mobilitätslösungen stärken. Dies wiederum wirkt sich positiv auf die österreichische Wertschöpfungs- und Wettbewerbssituation aus.

Zudem wird mit der E-Mobilität möglich, was bislang undenkbar war: Der Treibstoff Strom kann bequem selbst erzeugt und gespeichert werden, zum Beispiel durch Photovoltaik und Pufferspeicher. Durch intelligente Lade- und Speicherlösungen kann der zukünftige Fuhrpark genau dann geladen werden, wenn grüner Überschussstrom zur Verfügung steht.

Das ermöglicht künftig günstigere Strompreise sowie eine Entlastung der Stromnetze. Die Sektoren Energie und Mobilität verschmelzen zunehmend miteinander, was sich besonders bei der Elektromobilität äußert. Die öffentliche Hand kann neben der Beschaffung von emissionsfreien Fahrzeugen und Services auch eine Vorbildfunktion im Bereich der grünen Stromproduktion durch PV-Anlagen einnehmen. Dadurch können nicht nur Flotten effizienter genutzt und Strom dezentral produziert, sondern auch Wertschöpfung in Österreich generiert und CO2-Emissionen eingespart werden.

AustriaTech und das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) werden diesen Wandel des Mobilitätssystems auch weiterhin mit Expertise, der Mitarbeit in Fachgremien und Projekten sowie laufenden Publikationen unterstützen.

SERVICE: Die wichtigsten Zahlen und Entwicklungen rund um das Thema Elektromobilität fasst auch das Monitoring der AustriaTech für 2019 zusammen.

Das BMK hat zudem Anfang 2019 die Neuauflage des Förderpakets E-Mobilität beschlossen. Das Paket umfasst ein Fördervolumen von 93 Mio. Euro für die kommenden zwei Jahre und wird vom Ministerium in Partnerschaft mit den Automobil- und Zweiradimporteuren sowie dem Sportfachhandel finanziert.

Ein weiteres wichtiges Instrument zur Förderung der E-Mobilität ist das Programm Zero Emission Mobility. Im Rahmen der Klima- und Energiestrategie #mission2030 werden über den Klima- und Energiefonds Elektromobilitäts-Projekte zur Umsetzung gefördert. Erst Anfang Mai wurde die zweite, mit sieben Millionen Euro dotierte Ausschreibung des Programms gestartet. Der Fokus liegt dabei erneut auf einer 100prozentigen Elektrifizierung von Fahrzeugen, die Entwicklung und Erprobung von intelligenter Ladeinfrastruktur sowie Zero-Emission-Logistik und Zero-Emission-Mobilitätslösungen

INFObox: AustriaTech ist eine 100% Tochter des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK). Sie unterstützt bei der Transformation hin zu einem ökologischen, effizienten und modernen Verkehrssystem, von neuen Services über digitale Infrastruktur bis hin zu automatisierter Mobilität. Im Bereich Elektromobilität unterhält sie ein laufendes Monitoring und die jährlich erscheinenden Highlights der Elektromobilität sowie die Mitarbeit in verschiedenen Fachgremien und die Unterstützung des Ministeriums bei laufenden Aktivitäten wie Förderungen, Forschungsprogrammen, Leitfäden.