Kategorie Innovation & Technologie - 15. September 2017

Europas modernstes Tunnelforschungszentrum

Der steirische Erzberg ist ein kulturhistorisches Monument, ein im Berg manifestiertes Zeugnis österreichischer Wirtschaftsgeschichte. Es handelt sich dabei um den größten Eisenerztagbau Mitteleuropas. Der Erzberg war Garant des wirtschaftlichen Aufschwungs der östlichen Obersteiermark und wird deshalb auch als „Steirischer Brotlaib“ bezeichnet.

Der Untertage-Bergbau ist zwar schon seit Jahrzehnten Geschichte, trotzdem bekommt dieser „Brotlaib“ seit einem Jahr einige neue „Löcher“: Zwei parallel verlaufende Autobahn- und zwei Eisenbahntunnel, sowie eine fünfte Röhre als reine Versuchsstrecke mit Brand- und Sicherheitsstollen werden bis zu 400 Meter in den Berg ragen. Unter den charakteristischen Terrassen des Tagbaus entsteht das „Zentrum am Berg“.

Der steirische Erzberg, © Research/ZaB

Modernstes Tunnelforschungszentrum

Ein Jahr nach dem offiziellen Kick-off ist das Zentrum am Berg – kurz ZaB – weiter vorangeschritten. Europas modernstes und größtes Tunnelforschungszentrum und international einzigartiges Forschungslabor rund um Untertage-Themen wird 2019 fertiggestellt und startet dann in den Vollbetrieb. Unter naturgetreuen Bedingungen werden hier echte Straßen- oder Bahntunnel im Maßstab 1:1 errichtet, in denen Forschungsprojekte in insgesamt fünf Tunnels realitätsnah durchgeführt werden können.

„Hier entsteht am und im Berg eine europaweit einzigartige Infrastruktur für wissenschaftliche und angewandte Forschung rund um den Bau und Betrieb von Tunnelanlagen – mit realen Untertage-Bedingungen“, sagt Robert Galler, Leiter des ZaB und Professor am Institut für Subsurface Engineering der Montanuniversität Leoben. „Wir sind derzeit mit dem sogenannten ‚Auffahren‘ der beiden großen Autobahntunnels beschäftigt“, erläutert er weiter, „und dieser Tunnelvortrieb befähigt uns auch bereits die ersten Forschungsvorhaben umzusetzen“, so Galler.

Das einjährige Bestehen des ZaB nutzte auch Infrastrukturminister Jörg Leichtfried für einen Arbeitsbesuch sowie für eine Besichtigung des Forschungsstandortes. Er zeigte sich über den Fortschritt der Arbeiten sichtlich erfreut und nahm eigenhändig einen sogenannten „Abschlag“ vor, also eine Sprengung, um den Tunnelvortrieb voranzutreiben.

 

Schwerpunkte des Zentrums am Berg

Tunnelbau und Betrieb, der Test von Materialien, die Entwicklung neuer Lüftungsanlagen, die Ausbreitung von Gasen, aber auch Sicherheitsforschung sind die Schwerpunkte des Zentrums am Berg. Zusätzlich hat das ZaB auch EU-Projekte zur unterirdischen Speicherung von Energie aus Wind- und Sonnenkraft an Land gezogen.

Neben der Grundlagenforschung soll gezielte Auftragsforschung von Unternehmen möglich sein: Im Jahr 2018 sollen erste Kooperationsprojekte durchgeführt werden. So könnten in den Tunnels Tests zur Brandentstehung sowie von Branderkennungs- und -schutzeinrichtungen für sehr hohe Brandlasten durchgeführt werden. Darüber hinaus soll die gesamte Infrastruktur auch als Trainings- und Schulungszentrum für Einsatzorganisationen im Krisen- und Katastrophenszenario, für Wartungs- und Instandhaltungspersonal sowie für die Nutzer der Straßen- und Bahninfrastruktur dienen.

Tunnelbau als Wirtschaftsmotor

Österreich ist im Tunnelbau weltweit führend und verfügt in diesem Bereich über sehr großes international anerkanntes und gefragtes Know-how. Das Zentrum am Berg soll mit seiner Spezialisierung auf Forschung, Training und Entwicklung diese Führungsrolle weiter stützen und ausbauen und zugleich einen kräftigen wirtschaftlichen Impuls für die Steiermark und ganz Österreich bringen. In einer traditionellen Industrie- und Bergbau-Region wird Hightech-Forschungsinfrastruktur geschaffen.

Insgesamt werden in das Technologie-Zentrum von internationalem Format rund 30 Millionen Euro investiert. Sechs Fördermillionen kommen vom Infrastrukturministerium (bmvit). Von der Forschung im Zentrum am Berg profitieren laufend über 1.000 Unternehmen mit fast 40.000 Beschäftigten im Bereich Tief- und Bergbau und erhalten die Region um den Erzberg weiterhin als Wirtschaftsstandort, als „modernen Brotlaib“ der Steiermark.

INFObox: „Zentrum am Berg“ ist ein von der EU gefördertes Projekt. Die Errichtungskosten von rund 30 Millionen Euro teilen sich Bund – das Bundesministerium für Verkehr, Innovation, und Technologie (bmvit) sowie das Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (bmwfw) – das Land Steiermark und die Montanuniversität Leoben. Der laufende Betrieb des ZaB soll sich durch Aufträge aus der Wirtschaft finanzieren.