Kategorie Innovation & Technologie - 20. Juli 2019

50 Jahre Mondlandung: „Ein kleiner Schritt für einen Menschen…“

„Ein kleiner Schritt für einen Menschen,…“ – der Rest ist Geschichte. Vor 50 Jahren hinterließen erstmals Menschen ihren Fußabdruck auf dem Mond. Zweiter Teil der Chronologie zum Jahrhundertereignis.

Heute feiern nicht nur die Amerikaner einen Tag der Erinnerung an eines der größten Ereignisse des 20. Jahrhunderts. Rückblende 20. Juli 1969: Alles verläuft planmäßig als die Landefähre Eagle mit Neil Armstrong und Edwin Buzz Aldrin an Bord auf der Mondoberfläche im Mare Tranquillitatis, dem sogenannten Meer der Ruhe aufsetzt. 600 Millionen Menschen sitzen weltweit vor den Fernsehern. Sie sind fasziniert von den unwirklich aussehenden Bildern.

Vor 50 Jahren betreten nicht nur Menschen zum ersten Mal den Mond, es findet auch die erste Live-Sendung von dort statt. Das größte Fernsehereignis aller Zeiten. Und als Kommandant Armstrong mit seinen ikonischen Moon Boots den ersten Fußabtritt auf der, wie er es selbst nannte, pudrigen Oberfläche hinterlässt, gehen seine ersten Worte rund um die Welt und direkt in die Geschichtsbücher: „Dies ist ein kleiner Schritt für einen Menschen, aber ein großer Sprung für die Menschheit.“

Bedeutende Worte, gesprochen in das Rauschen des Weltalls, übertragen in ein jedes Wohnzimmer.

Nachdem Apollo 11 am 16. Juli 1969 um 14:32:00 MEZ an der Spitze der 2.940 Tonnen schweren Saturn V von Cape Canaveral, Florida, gestartet ist und zwölf Minuten später planmäßig die Erdumlaufbahn erreicht, wird nach anderthalb Erdumkreisungen die dritte Raketenstufe erneut gezündet. Sie brennt etwa sechs Minuten lang und bringt das Apollo-Raumschiff auf Mondkurs.

Kurze Zeit später wird das Kommandomodul an die Landefähre angekoppelt. Der gesamte Hinflug zum rund 384.403 Kilometer entfernten Mond verläuft ohne besondere Vorkommnisse und dauert 76 Stunden. Die Astronauten schwenken am 19. Juli 1969 um 18:22:00 MEZ durch ein Bremsmanöver über der Rückseite des Mondes in eine Mondumlaufbahn ein.

Im Mondorbit steigen erst Aldrin und eine Stunde später Armstrong in die Mondlandefähre um. Nach Prüfung der Systeme und dem Ausklappen der Landebeine der Fähre trennen sie diese vom Mutterschiff, in dem Collins alleine verbleibt, und leiten die Abstiegssequenz ein.

 

Heikel ist nun der Anflug auf das Zielgebiet im Mare Tranquillitatis. Durch geringe unbeabsichtigte Bahnänderungen beim Abkoppeln zielt der Bordcomputer auf eine Stelle etwa 4,5 Kilometer hinter dem geplanten Landegebiet.

Gerade als die Mondfähre Eagle zur Landung ansetzt, tönen plötzlich Warnsignale auf und die Computer beginnen wild zu leuchten. Das System steuert auf eine Überlastung zu und stellt die Astronauten vor die Entscheidung, die Landung weiterzuverfolgen oder nicht. Der Treibstoff reicht nur mehr für kurze Zeit. Binnen Minuten ist klar: Es kann weitergehen. Neil Armstrong kann zwar nicht wie geplant auf charakteristische Merkmale der Mondlandschaft achten, die Alarme erweisen sich jedoch glücklicherweise als unkritisch und konnten ignoriert werden.

Beim Endanflug führt der Autopilot die Fähre auf ein Geröllfeld zu, das einen großen Krater umgibt und mit großen Felsen übersät ist. Armstrong übernimmt daraufhin die Handsteuerung der Eagle, überfliegt den Krater und landet auf einer ebenen Stelle ca. 500 m weiter westlich.

Die zusätzlichen Manöver hatten das ohnehin knapp kalkulierte Treibstoffbudget so strapaziert, dass die Astronauten nur noch etwa 20 Sekunden Zeit gehabt hätten, eine Entscheidung zu treffen: entweder innerhalb der nächsten 20 Sekunden zu landen oder den Anflug sofort abzubrechen. Spätere Analysen zeigten, dass der in den Tanks schwappende Treibstoff zu ungenauen Anzeigen geführt hat und tatsächlich noch mehr Reserve vorhanden war.

Die Landung

Unmittelbar darauf erfolgt der Kontakt aller vier Landefüße mit dem Mondboden. Circa drei bis vier Sekunden nach den Kontaktsignalen schaltet Armstrong das Triebwerk ab. Zu diesem Zeitpunkt hat die Fähre Eagle bereits sehr sanft (mit etwa 0,52 m/s) auf dem Mond aufgesetzt.

Die Landung war zeitlich so geplant, dass nach dem ursprünglich vorgesehenen Bodenkontakt ein Zeitfenster von etwa einer Minute für einen sofortigen Rückstart verblieb. Andernfalls hätte man die Umlaufbahn des Mutterschiffs verfehlt.

Am 20. Juli 1969 um 21:17:58 Uhr MEZ vermeldete Armstrong:

“Houston, Tranquility Base here. The Eagle has landed!”  Neil Armstrong

Das Ziel war endlich erreicht.

In den folgenden zwei Stunden waren die Astronauten damit beschäftigt, Vorbereitungen für den Rückflug zu treffen, der nur alle zwei Stunden erfolgen konnte. Unter anderem musste der Bordcomputer mit der genauen Ausrichtung der Mondfähre programmiert werden.

 

Die genaue Position ist zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht bekannt, weil Armstrong beim Anflug keine bekannten Geländeformationen identifiziert hatte. Bei seinen fünf Überflügen mit der Columbia versucht Collins die Mondfähre zu sichten. Da aber auch ihm keine genaue Position zur Verfügung stand, blieb das ebenso erfolglos.

In der Zwischenzeit fotografieren Armstrong und Aldrin die Mondoberfläche aus ihren Fenstern. Die ursprünglich geplante Ruhepause von 5 Stunden und 40 Minuten wird auf Anregung der Astronauten auf 45 Minuten verkürzt und der Ausstieg vorgezogen. Die Vorbereitungen hierzu benötigten etwa drei Stunden.

Am 21. Juli 1969 um 03:56:20 MEZ (in den USA war es noch der 20. Juli) betritt Neil Armstrong als erster Mensch den Mond und spricht seine berühmten Worte:

“That’s one small step for a man, one giant leap for mankind!” Neil Armstrong

20 Minuten später verläßt auch Buzz Aldrin die Mondfähre. Nachdem die US-Flagge gehisst worden ist, bauen die beiden Astronauten einige kleine Forschungsgeräte auf dem Mond auf. So sollten mittels eines Seismometers Daten über die seismischen Aktivitäten des Mondes erfasst werden.

 

Das Gerät übersteht die erste Mondnacht jedoch nicht. Ein Laserreflektor auf der Oberfläche ermöglicht es, präzise die Entfernung zwischen Mond und Erde zu messen. Außerdem werden Bodenproben entnommen und 21,6 kg Gestein gesammelt. Der erste Aufenthalt auf der Mondoberfläche endet nach zwei Stunden und 31 Minuten.

Am Erfolg dieser ersten Mondlandung haben übrigens rund 400.000 Menschen mitgearbeitet, darunter die inzwischen mehrfach geehrte Mathematikerin und Informatikerin Margaret Hamilton. Die von ihrem Team entwickelte Software bewährt sich in den höchst kritischen Minuten vor der geplanten Landung von Apollo 11 – der Apollo Guidance Computer gilt heute als Meilenstein für die Computertechnik.

Rückflug

Noch vor der Ruhephase stellt Aldrin fest, dass der Hebel eines Schalters abgebrochen, ein anderer nicht in der vorgesehenen Position ist. Offenbar hatte Aldrin bei der Vorbereitung des Ausstiegs mit dem Rucksack die Schalter berührt. Ein schreckliches technisches Missgeschick? Wie es aussieht, haben Neil Armstrong und Buzz Aldrin versehentlich einen Stromkreis-Trennschalter abgebrochen. Erst kurz vor dem geplanten Abflug vom Mond fällt ihnen auf, dass ihre Mondlandefähre wegen der Panne nicht abheben kann.

„Während des Countdowns habe ich dann einen der Stifte genommen, und wir haben ihn benutzt, um den Trennschalter reinzudrücken“, so Aldrin über das lebensrettenden Schreibutensil. „Ich habe den Mondstaub auf dem Boden angeschaut und etwas gefunden, das dort nicht hingehörte: einen abgebrochenen Schalter.“

Der Start der Landefähre gelingt dann doch problemlos, die Fähre schwenkt in eine Mondumlaufbahn ein und koppelt knapp vier Stunden später wieder an der Kommandokapsel an. Nachdem Armstrong und Aldrin zu Collins umgestiegen sind, wird die Mondfähre abgestoßen und das Apollo-Raumschiff wieder auf Erdkurs gebracht. Am 24. Juli 1969 um 17:50 MEZ wassert die Kapsel im Pazifik südlich des Johnston-Atolls und wird mit Hilfe eines Helikopters vom Bergungsschiff USS Hornet an Bord genommen.

 

Aus Furcht vor unbekannten Mikroorganismen müssen die drei Astronauten beim Verlassen der Apollo-Landekapsel nach außen vollkommen geschlossene Anzüge zur Isolierung tragen und sich in Quarantäne von siebzehn Tagen begeben.

Die Mission dauerte vom Start bis zur Landung auf der Erde genau 8 Tage, 3 Stunden und 18 Minuten.

Nach Apollo 11 folgten noch sechs weitere Apollo-Missionen. Im Rahmen des Programms wurden insgesamt sechs Mondlandungen durchgeführt. Damit haben bis heute 12 Menschen, allesamt US-Amerikaner, den Mond betreten. Harrison H. Schmitt – Mondfährenpilot von Apollo 17 – setzte als bislang letzter Mensch am 12. Dezember 1972 seinen Fuß auf den Mondboden. Eugene Cernan – Kommandant von Apollo 17 – ist bislang der letzte Mensch, der auf dem Mond war, indem er als letzter in die Mondfähre einstieg. Am 14. Dezember 1972 endete mit Apollo 17 die Ära der bemannten Mondlandungen.

Nach USA und Sovietunion ließ China als dritte Nation eine Sonde auf dem Mond landen. Diesen Dezember soll Chang’e-5 starten und Mondgestein zur Erde bringen. 50 Jahre nach der ersten bemannten Mondmission ist die Rückkehr zum Mond erneut ein heiß diskutiertes Thema. Weltweit forschen Wissenschaftler an diesem Ziel. Auch national werden Anstrengungen unternommen, das Vorhaben voranzutreiben.

Mit seinem Konzept eines Moon Village hat auch der Chef der europäischen Raumfahrtorganisation ESA, Jan Wörner, für Aufsehen gesorgt. Seine Idee: Nicht ein kurzer Hin- und Rückflug solle das Ziel sein, sondern eine international gemeinsam von Industrie, Raumfahrtagenturen und öffentlicher Hand geschaffene Mond-Basis. Ein klassisches ESA-Programm ist das „Moon Village“ aber nicht, nur eine Vision. Vorbild eines solchen internationalen Projekts könne die Raumstation ISS sein, so Wörner: „Bei allen technischen Schwierigkeiten, die es bei der ISS gab – es gab nie politische. Das ist etwas, was man in unserer volatilen Welt sehr hoch einschätzen darf.“

Wissenschaftlicher Wert?

Vordergründig war das Apollo-Programm kein Wissenschaftsprojekt, meinen viele. Vor zehn Jahren, zum 40jährigen Jubiläum, erklärte zum Beispiel Ex-Astronaut William Anders (Apollo 8) – ihm verdankt die Menschheit das weltberühmte Foto Earthrise -, Apollo sei „kein wissenschaftliches Programm“ gewesen, in Wahrheit habe es sich um eine „Schlacht im Kalten Krieg“ gehandelt.

„Sicherlich, wir haben ein paar Gesteinsbrocken gesammelt und ein paar Fotos gemacht, aber wäre da nicht dieser Wettlauf mit den Russen gewesen, hätten wir niemals die Unterstützung der Steuerzahler gehabt.“ Ähnlich äußerte sich damals Edwin „Buzz“ Aldrin, bekanntlich der zweite Mann am Mond: „Der Mond ist für eine wirtschaftliche Nutzung nicht aussichtsreich. Ich glaube nicht, dass es für die Amerikaner eine Notwendigkeit ist, dort präsent zu sein.“

An der Einschätzung, dass „Apollo“ kein wissenschaftliches Programm sei, „ist sicher etwas Wahres dran. Der Impetus des Ganzen war sicher der Kalte Krieg“, stimmt Mondexperte Christian Köberl, Generaldirektor des Naturhistorischen Museums (NHM) Wien, zu. Man müsse den USA aber zugutehalten, dass bei den Mondlandungen immer Wissenschafter involviert gewesen seien. (siehe auch: „Köberl hat ‚wahnsinnig viele Fragen zum Mond‘„). Die NASA habe ständig wissenschaftliche Experimente dabei gehabt, die könne man nicht nur als Behübschung abtun, da sei sehr viel Arbeit, Geld und Gehirnschmalz hineingeflossen.

Vom Mond für die Erde lernen

Man würde den Missionen Unrecht tun, sie lediglich auf ein politisches Vehikel zu reduzieren, fügt Manuel Güdel, Astrophysiker von der Universität Wien hinzu. Die Forschungsergebnisse hätten die Öffentlichkeit wohl nur wenig fasziniert, die NASA beendete daher auch die dafür zu teuren Apollo-Missionen vorzeitig. „Trotzdem sind die Resultate aus den Apollo-Missionen so aktuell wie je“, so Güdel. „Erst dank der geologischen Erkundung der sechs Apollo-Landegebiete und des (…) zur Erde gebrachten Mondgesteins beginnen wir, die Entstehungsgeschichte der Erde selber überhaupt zu verstehen“, fasst Güdel den wissenschaftlichen Wert des Apollo-Programms zusammen.

Für Gernot Grömer, Direktor des Österreichischen Weltraum Forums (ÖWF) war das Apollo-Programm ebenfalls kein Wissenschaftsprojekt, sondern „das Kondensat von Hochtechnologie und Flaggenpatriotismus in einer Orientierung suchenden Zeit.“ Der wissenschaftliche und technologische Output war jedoch erklecklich. „Man musste Materialien entwickeln, die es bis dahin noch nicht gegeben hatte: Computer, die damals ganze Räume füllten, für die kleine Mondlandefähre miniaturisieren oder etwa Managementprozesse erfinden, um ein solches Megaprojekt durchzuführen.“

Der Wert der Mond-Memorabilia

Zum runden Jahrestag der Mondlandung sollen bei Christie’s in New York rund 200 Erinnerungsstücke an Meilensteine der US-Raumfahrtgeschichte versteigert werden. Als Prunkstück gilt das Original-Handbuch des Mondlanders von Apollo 11. Mit dessen Hilfe setzten die Astronauten Neil Armstrong und Buzz Aldrin den legendären Eagle-Lander im Juli 1969 sicher auf dem Erdtrabanten ab. Es enthält zahlreiche Notizen der Astronauten – und ist auch noch mit ein bisschen Mondstaub bedeckt.

Bis zu knapp acht Millionen Euro erwarten sich die Experten für das Handbuch. Außerdem sollen bei der Auktion am 18. Juli unter anderem eine US-Fahne, die an Bord der Apollo 10 war, sowie eine Kamera und ein Staubpinsel von Apollo 14 versteigert werden.

INFObox: Das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) investiert als Weltraumministerium jährlich rund 70 Millionen Euro in den Weltraumsektor. Unter Einrechnung der EU-Flagschiffprogramme Copernicus, Galileo/EGNOS und H2020 liegt Österreichs Beitrag bei etwa 100 Millionen Euro pro Jahr. Österreich finanziert Programme der ESA mit und ermöglicht österreichischen Betrieben so, sich für Aufträge im Rahmen der ESA-Missionen zu bewerben.