Kategorie Innovation & Technologie - 12. August 2015
Gab es einmal einen fünften Gasplaneten?
Eine Besonderheit des Kuipergürtels könnte von einem Planeten stammen, der dann ins All entschwand.
Wo kommen die Himmelskörper her, die aussehen, als hätten sie Haare (griechisch: kome), und deshalb Kometen heißen? Sie sind uralt, entstanden bei der Bildung des Sonnensystems vor 4,5 Milliarden Jahren, aber es müssen immer neue kommen: Der Halleysche Komet etwa, der alle 76 Jahre wiederkehrt, verliert in Sonnennähe ein Zehntausendstel seiner Masse. Nach zehntausend Umläufen, einer halben Million Jahre etwa, ist es mit seinen Haaren – den flüchtigen Bestandteilen – vorbei.
Woher dann Nachschub? Von ganz außen, vermutete Astronom Jan Oort 1950: Eine kreisförmige Wolke umgebe das Sonnensystem, von dort würden Himmelskörper durch die Gravitation der äußeren Planeten auf Bahnen quer durch das Sonnensystem gebracht. Die Wolke wurde nach Oort benannt, gesehen hat sie noch niemand – auch nicht mit den stärksten Teleskopen –, sie passt zu Kometen. Aber nicht zu allen, die Bahnen mancher deuten auf einen anderen Ursprung. Den postulierten unabhängig voneinander Keneth Edgewort 1949 und Jan Kuiper 1951, es sei eine scheibenförmige Region außerhalb des Neptun. Sie wurde nach Kuiper benannt, das erste Mitglied dieses Kuipergürtels wurde 1992 gesichtet, inzwischen kennt man viele, auch der frühere Planet Pluto gehört dazu.
Der weite Sprung des Neptun
Nicht weit von ihm gibt es den „Kern“, einen eigenartigen Cluster von etwa tausend Felsbrocken, sie „kleben“ eng zusammen. Ursache könnte ein fünfter Gasplanet gewesen sein, der im frühen Sonnensystem da war, neben den vier heutigen – Jupiter, Saturn, Uranus, Neptun. Die zogen nicht auf ihren heutigen Bahnen, Neptun etwa wanderte von der Sonne weg, in seinem Gefolge der „Kern“. Dann machte er einen weiten Sprung – von 4,2 Milliarden Kilometern auf 7,5 –, der „Kern“ konnte nicht mithalten. Und den Sprung machte Neptun, weil er in Interaktion mit dem hypothetischen fünften Planeten geriet, der dabei aus dem Sonnensystem hinausgeschleudert wurde. So zeigen es zumindest Simulationen, die David Nesvorny (Boulder) angestellt hat (Astronomical Journal 10.8.). Nesvorny vermutete einen Fünften früher schon hinter den heutigen Umlaufbahnen der Planeten, nun ist er sicher.
(von Jürgen Langenbach, Die Presse)