Kategorie Innovation & Technologie - 22. März 2018

Unfall mit selbstfahrendem Fahrzeug: Und nun?

In Arizona wurde eine Frau Opfer eines Verkehrsunfalls, als sie zu Fuß eine Straße überqueren wollte: Sie wurde von einem selbstfahrenden Volvo des Fahrdienst-Vermittlers Uber erfasst. Es war der erste tödliche Unfall mit einem selbstfahrenden Auto. Wie geht es nun mit der Technologie weiter und wie sieht es in Österreich mit Tests zum Automatisierten Fahren aus?

Derzeit wird weltweit an der Entwicklung automatisierter Fahrzeuge gearbeitet. Weltweit einheitliche Regelungen zu Testprozederen und zur Zulassung dieser Technologie gibt es derzeit noch nicht. Virtuelles und reales Testen nimmt aber einen großen Stellenwert bei der Zulassung dieser Systeme ein. Während das Testen und Anwenden automatisierter Fahrzeuge in den USA abhängig vom jeweiligen Bundesstaat ist, wurden in Österreich 2016 die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Umgang mit dieser Technologie geschaffen.

© Uber

In Österreich nur zu Testzwecken

Automatisiertes Fahren ist in Österreich aktuell nur zu Testzwecken möglich. Um dies zu ermöglichen, wurde 2016 das Kraftfahrgesetz angepasst sowie eine Verordnung erlassen, welche die Rahmenbedingungen zum Umgang mit dieser Technologie spezifiziert.

Oberste Priorität hat in allen Fällen die Verkehrssicherheit aller Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer. Die Verordnung präzisiert deshalb die Anwendungsfälle, welche auf österreichischen Straßen getestet werden dürfen.

Zu diesen zählen:

  • selbstfahrende Minibusse,
  • selbstfahrende Heeresfahrzeuge und
  • Autobahnpilot mit Längs- und Querführungsassistent.

Die Verordnung definiert darüber hinausgehend, welche Sicherheitsvorkehrungen im Vorfeld dieser Test nachzuweisen sind. So muss zum Beispiel dargestellt werden, ob und wie das System deaktiviert werden kann, wie viele Kilometer es getestet wurde und vieles mehr. Die Verordnung stellt auch klar dar, dass es immer geschulte Testfahrerinnen oder Testfahrer geben muss, welche im Fahrzeug mitfahren und die in der Lage sein müssen, situationsabhängig einzugreifen. Des Weiteren definiert die Verordnung die Anzahl der notwendigen Kilometer, die mit dem System im Vorfeld unfallfrei zurückgelegt werden mußten.

Wie sieht der Prozess zum Testen aus

Ein Testantrag für das Testen automatisierter Fahrzeuge kann bei der Kontaktstelle für automatisiertes Fahren (AustriaTech) quartalsweise eingereicht werden. Die Kontaktstelle sichtet die Anträge und nimmt eine erste Einschätzung vor, welche Testszenarien bereits aufgrund der Verordnung getestet werden können und welche Testvorhaben einer Novellierung der Verordnung bedürfen. Danach erfolgen eine Abstimmung mit dem Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (bmvit) und die Diskussion im Expertinnenrat für Automatisiertes Fahren. Dieser übt eine beratende Funktion an das bmvit aus.

In weiterer Folge erstellt die Kontaktstelle einen ersten Verordnungsentwurf, sofern neue Testszenarien in die Verordnung aufgenommen werden sollen. Anträge, die von der bestehenden Verordnung bereits gedeckt werden, werden dem bmvit zur Bescheinigungserstellung weitergeleitet. Das bmvit stellt die erforderlichen Bescheinigungen aus und leitet – sofern für neue Testszenarien erforderlich – eine Novellierung der Verordnung ein, um diese Tests in der Verordnung abzubilden und das Testen dieser neuen Szenarien zu ermöglichen. Danach können auch für diese Tests Bescheinigungen ausgestellt werden.

 

Sicherheit hat für das bmvit somit oberste Priorität, weshalb Bescheinigungen an testende Unternehmen nur dann ausgestellt werden, wenn sie sowohl das bmvit, als auch einen unabhängigen ExpertInnenrat von der Sicherheit eines Systems überzeugen konnten. Im Gegensatz zu dem amerikanischen System ist es in Österreich derzeit nicht möglich, außer selbstfahrenden Bussen –  mit sehr geringer Geschwindigkeit – andere Fahrzeuge auf innerstädtischen Straßen einzusetzen. Ein automatisierter oder sogar selbstfahrender PKW darf derzeit nicht auf österreichischen Straßen eingesetzt werden.

Bei der Einführung jeder neuen Technologie kann es jedoch auch zu Komplikationen kommen. So war auch bei dem aktuellen Fall in den USA ein selbstfahrendes Fahrzeug in einen Unfall verwickelt. Derzeit kann noch nichts genaueres über den Unfallhergang gesagt werden. Erste Erkenntnisse deuten aber darauf hin, dass der Unfall auch ohne Einsatz von Automatisierungsfunktionen kaum verhindert hätte werden können. Genauere Aussagen über den Unfallhergang und ob dieser tragische Unfall vermieden hätte werden können wird der Unfallbericht liefern.

Auch in Österreich finden Tests mit automatisierten Fahrzeugen statt, genauer mit Heeresfahrzeugen, Bussen und Autobahnassistenten. Rund zehn Unternehmen testen insgesamt ihre Fahrzeuge und deren Fahrassistenzsysteme. Unfälle, kritische Situationen oder Beinahe Unfälle wurden dem Ministerium bislang nicht gemeldet.

In einem Punkt scheinen sich Ingenieure und Unfallforscher einig: Sensoren oder Software von selbstfahrenden Autos mögen noch nicht gänzlich ausgereift sein, doch die Zahl der Fälle, in denen ein menschlicher Fahrer für einen Unfall verantwortlich ist, liegt dramatisch höher. Experten glauben, dass autonomes Fahren den Straßenverkehr erheblich sicherer machen kann: denn 95 Prozent der Unfälle werden durch menschliches Versagen verursacht. Radar- und Kamerasensoren nehmen dagegen zur gleichen Zeit mehr wahr als ein Mensch es könnte. Bei aller Tragik eines tödlichen Unfalls ist dieser Fall letztlich aber kein Beleg dafür, dass die Technologie die obigen Erwartungen nicht erfüllen kann.

Unterschied zwischen automatisiert und autonom?

© VDA

Österreichs Engagement im Bereich des automatisierten Fahrens

Automatisiertes Fahren kann für mehr Verkehrssicherheit sorgen, indem Unfälle aufgrund von Unachtsamkeit, Müdigkeit und überhöhter Geschwindigkeit vermieden werden, und ist gleichzeitig ein wichtiger Wirtschaftsfaktor: In Österreich arbeiten rund 800 Unternehmen in der Automobilbranche und bieten 70.000 Menschen Arbeitsplätze.

Schon jetzt sind die österreichischen Autozulieferbetriebe in vielen Bereichen des automatisierten Fahrens international gefragt. Damit das so bleibt, hat das bmvit den Aktionsplan „Automatisiertes Fahren“ entwickelt und investiert in Summe 20 Millionen Euro in Testumgebungen und Technologieentwicklung.

Die wichtigsten Fragen & Antworten zum Automatisierten Fahren.