Kategorie Innovation & Technologie - 14. Februar 2020
Hybridkonzept mit Brennstoffzellen-Batterieantrieb aus Graz
Brennstoffzellen-Konzeptfahrzeug als Ergebnis intensiver Forschungsarbeit präsentiert
Ein österreichisches Konsortium hat mit einem Konzeptfahrzeug samt Brennstoffzellentechnologie über die Landesgrenzen hinaus aufhorchen lassen. Im jüngst abgeschlossenen Projekt Keytech4EV wurde drei Jahre lang an einem Hybrid-Brennstoffzellen-Batterieantrieb geforscht – dem ersten österreichischen Brennstoffzellenfahrzeug auf dieser Basis. Entwickelt wurde dieses effiziente Antriebssystem in einem österreichischen Konsortium unter Leitung des steirischen Antriebsstrangentwicklers AVL.
Gefördert wurde das Projekt vom Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) über den Klima- und Energiefonds, der 3,59 Millionen Euro der Gesamtkosten in Höhe von rund 5,8 Millionen Euro übernahm. Mehr als drei Jahre intensive Forschungstätigkeit wurden ebenfalls in Keytech4EV investiert, es gehört zu den Leuchtturm-Projekten des Klimafonds.
Das Projekt Keytech4EV (sinngemäß für Schlüsseltechnologie für elektrische Fahrzeuge) verfolgt das übergeordnete Ziel eines hocheffizienten, kostenoptimierten und CO2-freien Antriebskonzepts auf Basis von Wasserstoff-Brennstoffzellen- und Batterietechnologie.
Auf dem Weg einer umweltfreundlicheren Mobilität zählen die Elektrifizierung von Fahrzeugen und der Energieträger Wasserstoff zu den wesentlichen Faktoren, um die Herausforderung zu bewältigen. Fahrzeuge mit großen Brennstoffzellensystemen und sehr kleinen Puffer-Batterien einerseits und andererseits reine batterieelektrische Systeme stellten bisher den aktuellen Stand der Technik dar, wie Helmut List, CEO der AVL List GmbH, bei der Präsentation erklärte. In den vergangenen drei Jahren wurde unter Leitung des Konzerns mit Hauptsitz in Graz im Projekt Keytech4EV jedoch ein Antriebssystem entwickelt, das beide Technologien neu gewichtet miteinander vereint und damit die Antriebssystemkosten senken könnte. Als Fahrzeugplattform für die Entwicklungsaktivitäten diente ein VW Passat GTE.
Brennstoffzelle und Batterie
Ähnlich wie in Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor erfolgt auch bei Brennstoffzellenfahrzeugen die Energiespeicherung getrennt von deren Umwandlung in Antriebsleistung: Der in einem Tank mitgeführte Wasserstoff wird über eine elektrochemische Reaktion in der Brennstoffzelle direkt in elektrische Energie für das Antriebssystem umgewandelt. „Dadurch können Reichweite und Leistung unabhängig voneinander skaliert werden, dies ist ein entscheidender Vorteil gegenüber reinen Batteriefahrzeugen“, erklärte Stefan Jakubek vom Institut für Mechanik und Mechatronik der TU Wien.
„Durch die neuartige Kombination der Brennstoffzelle mit einer bewusst größeren Batterie ist es in dem Projekt gelungen, einen großen Schritt in Richtung hohe Effizienz, attraktives Fahrverhalten und gute Kostenbalance zu erreichen. Für den Endkunden müssen die Fahrzeuge ja weiterhin leistbar bleiben“, fasste List zusammen. Im Vergleich zu reinen Brennstoffzellensystemen wie auch reinen Batterielösungen seien die Antriebssystemkosten deutlich gesenkt und die Anforderungen wie etwa Effizienz und Fahrverhalten verbessert worden. Der Fahrleistungsbedarf wird mit der Brennstoffzelle gedeckt, die Batterie dient der Rückgewinnung von Bremsenergie beim Verzögern und der Leistungsunterstützung beim Beschleunigen.
Das Grazer Demonstrationsmodell kombiniert demnach die Vorteile von Brennstoffzelle und Batterie: Durch die Hinzunahme einer Batterie ergeben sich zusätzliche Freiheitsgrade im Betrieb, die zur Verbesserung der Lebensdauer und Effizienz der Brennstoffzelle genutzt werden können. Die Reichweite liegt laut List bei 500 Kilometern, die Energieeffizienz entspreche dem eines Mittelklassewagens mit Kraftstoffverbrauch von 2,5 Litern Benzin pro 100 Kilometern. „Das Projekt ist sehr erfolgreich abgeschlossen worden und zeigt uns sehr deutlich den Weg in die Zukunft. Der Schlüssel ist natürlich, dass der Wasserstoff regenerativ unter günstigsten Umständen produziert werden kann“, wie List auch weitere Herausforderungen deutlich ansprach.
Parallele Forschungsarbeiten
Um die Anforderungen des hybridisierten Gesamtsystems abzudecken, waren am Projekt neben dem industriellen Antriebssystementwickler AVL die Zusammenarbeit mit Komponenten-und Subsystemherstellern (Hörbiger, Magna, ElringKlinger), Forschungseinrichtungen (TU Graz, TU Wien, HyCentA) bis zum Kleinunternehmen IESTA beteiligt. Ein horizontal und vertikal stark integriertes Vorhaben. Das Projekt wurde mit einer gemeinsamen Konzeptausarbeitung gestartet und führte dann in parallelen Forschungsarbeiten zur Entwicklung von zentralen Kerntechnologien für dieses Antriebssystem.
Dabei entwickelte die Firma Hoerbiger das Wasserstoffeinspritzventil und erarbeitete gemeinsam mit HyCentA die passive Wasserstoffrezirkulation. Die Firma Magna entwickelte einen Wasserstofftank für den Mitteltunnel und lieferte das Wasserstofftanksystem für das Fahrzeug. Das HyCentA übernahm dabei die Berechnung und Simulation von Betankungsvorgängen. Die Firma ElringKlinger entwickelte deren Brennstoffzellenplattform weiter, um 70 kW Brennstoffzellenleistung zu erzielen. Dabei unterstützte die TU Graz die Lebensdaueruntersuchungen. AVL entwickelte das gesamte Brennstoffzellensystem inklusive dessen Regelung und gemeinsam mit IESTA das Brennstoffzellen-Kühlsystem. Die TU Wien übernahm die Modellentwicklung für die Zustandsüberwachung der Brennstoffzelle während des Betriebs.
„Es ist ein Rennen um die Antriebsform der Zukunft für acht Millionen Menschen. Wir wollen die österreichischen Unternehmen bei der Transformation begleiten“, so Theresia Vogel, Geschäftsführerin des Klima- und Energiefonds. Wenn die heimische Automotivindustrie im globalen Wettbewerb weiterhin bestehen will, dann gelte es, „innovative Technologien ‚made in Austria‘ rasch in den Markt zu bringen“, betonte Vogel. Im abgeschlossenen Projekt sei noch keine Serienreife erzielt worden, „aber es gibt ein Folgeprojekt“, wie Vogel ankündigte. Sie erwarte sich, dass diese in drei bis vier Jahren erreichbar sei.
Service: Mehr zum Wasserstoff-Dossier des Klimafonds.