Kategorie Klima- & Umweltschutz - 18. Mai 2021

Wiener Deklaration: Erster länderübergreifender Masterplan zur Förderung des Radverkehrs beschlossen

Über 850 Teilnehmer:innen aus 41 Ländern, darunter 46 Minister:innen und Staatssekretär:innen, tauschten sich über Chancen und Möglichkeiten umweltbewusster und gesunder Mobilität aus

Unter dem Motto „Eine bessere Zukunft bauen – Die Weichen stellen für eine neue, saubere, sichere, gesunde und integrative Mobilität“ lud Österreich, vertreten durch das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) und das Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BMSGPK) von 17. bis 18. Mai 2021 zur 5. Minister:innenkonferenz des UNECE/WHO Pan-Europäischen Programms für Verkehr, Gesundheit und Umwelt (THE PEP). Österreich hält dort aktuell den Vorsitz. Über 850 registrierte Teilnehmende folgten der Einladung und machten die Tagung zur bis dato größten PEP-Konferenz seit Bestehen des Programms.

Zentrales Element und Ziel der diesjährigen Konferenz war die Verabschiedung der Wiener Deklaration. Diese enthält insbesondere auch den ersten Pan-Europäischen Masterplan zur Förderung des Radverkehrs. Dieser auf Initiative Österreichs und Frankreichs erstellte Masterplan soll über Ländergrenzen hinweg wegweisende Impulse im Bereich der Aktiven Mobilität setzen, etwa bis 2030 der Radverkehr in der pan-europäischen Region verdoppelt werden. Des weiteren setzen sich die Mitgliedsstaaten das Ziel, nationale Radverkehrsstrategien zu erstellen, den Ausbau der Infrastruktur für Aktive Mobilität voranzutreiben und das Radfahren auch in anderen Politikbereichen wie der Gesundheitspolitik und der Raumplanung stärker zu berücksichtigen und zu verankern.

Aktive Mobilität hilft beim Erreichen der Klimaziele

Als weitere Bestandteile der Wiener Deklaration sind Empfehlungen für umweltfreundlichen und gesunden nachhaltigen Verkehr, politische Empfehlungen für Eco-Driving, Schlussfolgerungen und Empfehlungen des Handbuchs für nachhaltigen Verkehr und Stadtplanung sowie Zahlen und Fakten zum Stand des gesunden und umweltfreundlichen Verkehrs enthalten.

„Verkehr und Mobilität sind zentrale Hebel auf unserem Weg zu einer lebenswerten Klimazukunft. Mit der Verkehrswende schaffen wir unsere Klimaziele“, so Leonore Gewessler, Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie. Aktive Mobilität wirke sich nicht nur positiv auf das Klima aus, auch die gesundheitlichen Aspekte und viele neue Green Jobs, die dabei entstehen, lägen quasi auf der Hand. „Deshalb unterstützen wir mit großer Freude die Wiener Deklaration und den Beschluss zum ersten Pan-Europäischen Masterplan zur Förderung des Radverkehrs. Ich bin stolz, dass Österreich hier eine Vorreiterrolle einnimmt. Ganz in diesem Sinne gehen wir voran und werden in Österreich ein Pan-Europäisches THE PEP Kompetenzzentrum für Aktive Mobilität einrichten“, gibt Gewessler den weiteren Weg vor.

 

Auch Neo-Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein zeigte sich über die Ergebnisse der Konferenz erfreut und betonte, dass „die Pandemie uns einmal mehr gezeigt hat, wie wichtige die Aktive Mobilität ist“. Mit einer grundlegenden Transformation unserer Verkehrs- und Mobilitätssysteme sei es möglich, gesundheitsfördernde Maßnahmen bereits in die infrastrukturelle Planung für mehr Aktive Mobilität einzubeziehen. Schließlich könne durch Radfahren und Zu-Fuß-Gehen das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen gesenkt und das allgemeine Wohlbefinden gefördert werden. „Durch die gemeinsamen Anstrengungen haben wir jetzt die einmalige Chance, nicht nur einen maßgeblichen und nachhaltigen Beitrag im Bereich der Gesundheitsförderung durch Aktive Mobilität zu leisten, sondern diese auch mit Maßnahmen zur Erreichung der Klimaneutralität zu verbinden. So schaffen wir eine Win-Win-Situation auf mehreren Ebenen.“

Die Wiener Deklaration fordert eine klare pan-europäische Strategie und stellt damit die Weichen für die Transformation hin zu klimaneutraler, gesundheitsfördernder, effizienter und sicherer Mobilität. Eine Verdoppelung des Radverkehrs in der THE PEP-Region würde Berechnungen zufolge bis zur Zielerreichung 2030 etwa 8 Millionen Tonnen weniger CO2 bedeuten und die Luftverschmutzung und die Kosten des Verkehrslärms reduzieren. Ebenso würden dadurch europaweit auch jährlich 30.000 frühzeitige Todesfälle aufgrund von Bewegungsmangel verhindert werden. Durch die Reduktion der Krankenstandstage und Bewegung als Gesundheitsvorsorge werden jährliche Einsparungen von 85 Mrd. Euro erwartet und auch die volkswirtschaftlichen Kosten von Autounfällen würde sich jährlich um 7,9 Milliarden Euro reduzieren.

Auch auf Beschäftigungsseite sind die Positiveffekte deutlich auszumachen. Die Radverkehrswirtschaft sichert in Pan-Europa 750.000 Arbeitsplätze. Bei einer Verdopplung des Radverkehrs in der EU werden 400.000 neue Arbeitsplätze speziell im Infrastrukturbereich geschaffen und 3,5 Mrd. Umsatzzuwachs in der Radverkehrswirtschaft erwartet. Insgesamt beträgt bei Zielerreichung 2030 der volkswirtschaftliche Nutzen des Radverkehrs in Europa 260 Mrd. Euro pro Jahr.

Österreich blickt bereits auf eine erfolgreiche Historie in der Entwicklung des nationalen Fahrradverkehrs zurück und investiert schon jetzt in umweltfreundliche und gesunde Mobilität: Das BMK unterstützt mit dem klimaaktiv mobil Förderprogramm Österreichs Unternehmen und Kommunen beim Ausbau des Radverkehrs, bei klimafreundlichem Mobilitätsmanagement und E-Mobilität. Bereits 168 Millionen Euro an Förderungen konnten vergeben werden und damit ein umweltrelevantes Investitionsvolumen von 1,2 Milliarden Euro ausgelöst werden. Dadurch können mehr als 10.700 Beschäftigungsverhältnisse in Form von „green jobs“ in Österreich geschaffen bzw. gesichert werden – ein erfolgreiches Beispiel wie Klimaschutz und Wirtschaft Hand in Hand gehen können. Aufbauend auf diesem Know-how und in konsequenter Fortführung der Forderungen der Wiener Deklaration, wird Österreich die Federführung beim Aufbau eines internationalen THE PEP Kompetenzzentrum für Aktive Mobilität zur Unterstützung des Kapazitätsaufbaus, des Austauschs bewährter Praktiken und von Umsetzungsinitiativen in den THE PEP Mitgliedstaaten übernehmen.

Hintergrund

THE PEP ist ein einzigartiges Dreisektoren-Programm der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Europa und der Wirtschaftskommission für Europa der Vereinten Nationen (UNECE), das die Verkehrs-, Gesundheits- und Umweltsektoren in 56 Ländern miteinander verknüpft. Das alle 5 Jahre stattfindende hochrangige Minister:innentreffen setzt sich zum Ziel, die sektorübergreifende Zusammenarbeit auf höchster Ebene in den Bereichen Verkehr, Gesundheit und Umwelt auf gesamteuropäischer Ebene zu fördern und so vorwärtsgewandte Meilensteine für eine umweltfreundliche und gesundheitsbewusste Mobilität der Zukunft zu setzen. Die 5. THE PEP High-level Konferenz in Wien wurde aufgrund der COVID-19-Pandemie online abgehalten.

Weiterführende Links und Informationen:

Konferenzwebseite THE PEP Vienna 2021: thepepvienna2021.org
Website des THE PEP Sekretariats (EN, FR, RU): thepep.unece.org
Wiener Deklaration:
https://thepep.unece.org/sites/default/files/2021-05/HLM5%20Declaration%20advance%20copy.pdf
Pan-Europäischer Masterplan Radfahren: https://thepep.unece.org/sites/default/files/2021-05/MASTERPLAN_2021-05-16_BF.pdf