Kategorie Klima- & Umweltschutz - 3. November 2021
#COP26: Wie die hohen Erwartungen an die Weltklimakonferenz erfüllt werden könnten
Seit 31. Oktober läuft die 26. Weltklimakonferenz der Vereinten Nationen (COP 26). Noch bis 12 November beraten in Glasgow Vertretende von rund 200 Ländern, wie die menschengemachten Treibhausgase so schnell wie möglich reduziert werden können. Ursprünglich hätte die Konferenz bereits 2020 abgehalten werden sollen, die Pandemie verschob aber auch diese Veranstaltung um ein Jahr.
Der Konferenzablauf unterscheidet sich merkbar durch die Umstände von früheren Konferenzen. Zutritt gibt es nur mit täglichen COVID-Tests, zudem ist die Teilnehmer:innenzahl in den Sitzungssälen deutlich beschränkt. Dennoch: Es ist unbestreitbar ein immens wichtiges politisches Signal, dass angesichts der rasch fortschreitenden Klimakrise überhaupt wieder eine Klimakonferenz in dieser Form stattfinden kann.
Nach zähen und langwirigen Verhandlungen wurden auch bereits erste Erfolge aus Glasgow vermeldet: Zum einen sind fast hundert Staaten einem neuen Methan-Pakt der USA und der EU beigetreten. So soll der Ausstoß des potenten Klimagases Methan in den kommenden Jahren deutlich reduziert werden – bis 2030 um 30 Prozent im Vergleich zum Niveau von 2020. Damit könnte die Klimaerwärmung laut EU-Kommission bis 2050 um rund 0,2 Grad reduziert werden. Der »Methane Pledge«, wie die Initiative sich nennt, ist ein politisches Bündnis außerhalb der offiziellen Verhandlungen des Pariser Abkommens.
Zum anderen wurde auf dem Klimagipfel ein Pakt gegen die Zerstörung der Wälder geschlossen. Auch hier haben sich mehr als 100 Staaten, darunter Österreich, dazu verpflichtet, die Zerstörung von Wäldern bis 2030 zu beenden. Die beteiligten Staaten beherbergen mehr als 85 Prozent der weltweiten Waldfläche. Bei der am Dienstag vorgestellten Initiative sind neben der gesamten EU auch die Staaten mit den größten Wäldern überhaupt an Bord – neben Kanada, Russland, Brasilien, Kolumbien, Indonesien und China auch Norwegen und die Demokratische Republik Kongo.
Today marks the start of @COP26 where nations will unite to work on 4 goals to combat the #climatecrisis:
🌍 Secure global net zero by mid-century
🌍 Adapt to protect communities and natural habitats
🌍 Mobilise finance
🌍 Work together to deliver#TogetherForOurPlanet #COP26 pic.twitter.com/kOWtPllLCB— MFA Austria (@MFA_Austria) October 31, 2021
Das primäre Ziel der COP 26 ist es aber, das Regelwerk für das Pariser Klimaabkommen im Zuge der COP 26 zu komplettieren. Zentrale Punkte werden dabei unter anderem Regelungen für den internationalen Emissionshandel und die Definition eines gemeinsamen Berichtswesens sein.
Formell handelt es sich bei den Klimakonferenzen übrigens um fünf unterschiedliche Treffen: 26. Konferenz der Vertragsparteien des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC), 16. Treffen der Vertragsparteien des Protokolls von Kyoto, 3. Treffen der Vertragsparteien des Übereinkommens von Paris sowie der zwei vorbereitenden Nebenorgane für die Durchführung der Umsetzung (SBI) und für die wissenschaftlich-technologische Beratung (SBSTA).
Die großen Aufgaben der Konferenz
Nach den Treffen der Staats- und Regierungschefs, die zu Beginn der eigentlichen Verhandlungen politische Impulse zur Klimakonferenz lieferten, findet das hochrangige Segment der Klimaschutz- und Umweltminister:innen in der zweiten Konferenzwoche statt. Deren Aufgabe ist es, die politisch strittigen Punkte aus den Verhandlungen davor im Paket einer Lösung zuzuführen. Klimaschutzministerin Leonore Gewessler vertritt mit einer Delegation von Expert:innen des BMK und anderer Ministerien dabei Österreich am schottischen Gipfel.
„Bei der COP in Glasgow haben wir zwei große Aufgaben als Staatengemeinschaft vor uns“, so Gewessler im Vorfeld ihrer Reise zum Gipfel. „Zum einen brauchen wir dringend klare Regeln für den internationalen Handel mit den Emissionszertifikaten und einen Plan für die Klimafinanzierung. Dafür werde ich mich einsetzen. Bei den Zertifikaten ist es mir besonders wichtig, dass wir eine transparente Ausgestaltung ermöglichen und verhindern, dass es zu Doppelanrechnungen kommt. Denn Schummeln im Klimaschutz hilft uns allen nicht. Darüber hinaus ist mir ein klarer, engagierter Fahrplan für die Klimafinanzierung wichtig. Wir haben zugesagt, dass wir 100 Milliarden US Dollar pro Jahr bereitstellen. Ich erhoffe mir hier ein gutes Fortkommen in den Verhandlungen. Österreich hat seinen Beitrag zum Grünen Klimafonds – als Teil der internationalen Klimafinanzierung – verfünffacht und auf 130 Millionen erhöht.“
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Auch die Themen Anpassung und unvermeidbare Folgen der Klimakrise sowie Verluste und Schäden sind in Glasgow prominente Themen. Weiters werden Angelegenheiten der internationalen Klimafinanzierung besprochen, unter anderem der Fahrplan für ein neues Klimafinanzierungsziel für die Zeit nach 2025. Ein Fahrplan für die jährliche Klimafinanzierung von 100 Milliarden US Dollar liegt bereits auf dem Tisch. Das Versprechen, diese Summe spätestens 2020 und bis 2025 jährlich zur Verfügung zu stellen, haben die Industriestaaten bisher jedoch nicht erfüllt. Österreich wird sich dafür einsetzen, dass dieses Ziel möglichst rasch erreicht wird.
Das große politische Thema auf der COP, das nicht in den Tagesordnungen der technischen Verhandlungen abgebildet ist, ist die Anhebung der globalen Ambition beim Klimaschutz. Bis Ende 2020 hätten alle Vertragsparteien des Übereinkommens von Paris aktualisierte Klimapläne und Langfriststrategien vorlegen sollen. Mit Stand 2. November 2021 haben fast 140 Staaten sowie die EU neue Klimapläne vorgelegt. Für die Vorlage von Langfriststrategien bis 2050 war ebenfalls Ende 2020 die Frist. Hier haben bisher weniger als 40 Staaten sowie die EU ihre Berichte abgegeben, davon 16 EU-Mitgliedstaaten einschließlich Österreich.
Gewessler wird ihre Teilnahme in Glasgow auch dafür nutzen, um vorzuzeigen, wie eine klimaschutzpolitische Aufholjagd funktionieren kann. Österreich ist eines der sechs EU- Länder, das seine Emissionen gegenüber 1990 bisher nicht reduzieren konnte. Mit Beginn der Regierungsperiode startete das neu formierte Klimaschutzministerium mit nachgeschärften Klimazielen und mit einem Bekenntnis zur Klimaneutralität bis 2040 die ambitionierte Arbeit, um diese Aufholjagd zu forcieren.
Darüber hinaus wurden in den vergangenen Monaten eine Vielzahl an Meilensteinen im Klima- und Umweltschutz in Österreich gesetzt. Die ökosoziale Steuerreform bezieht erstmals den Klimaschutz direkt als Kriterium ins Steuersystem mit ein. Mit 30 Euro pro Tonne ab 2022 und einem ansteigenden Pfad bekommt klimaschädliches Verhalten erstmals einen Preis. Im Energiebereich wird Österreich bis 2030 nur mehr Strom aus den Erneuerbaren wie Sonne, Wind, Wasser und Biomasse beziehen und darüber hinaus auch die Raumwärme dekarbonisieren. Schritt für Schritt werden alte Öl- und Gasheizungen durch neue, klimafreundliche Heizsysteme ersetzt. Auch im Verkehrsbereich sind große Meilensteine gelungen: mit dem ÖBB Rahmenplan fließt ein Rekordbudget von 17,5 Milliarden Euro in den kommenden fünf Jahren in den Ausbau der Schieneninfrastruktur und mit dem KlimaTicket gibt es erstmals ein einfaches und günstiges Ticket für alle Öffis in ganz Österreich.
Einmal mehr soll auf der COP auch das Rampenlicht für die Klimakrise genutzt werden, um auch auf politischer Ebene Druck auf im Klimaschutz säumige Staaten auszuüben. „Die COP in Glasgow lenkt die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit auf die Klimakrise. Genau diese Aufmerksamkeit müssen wir nutzen, um auch die Nachzügler zum Klimaschutz zu bewegen.“ So hat Indien beispielsweise nach wie vor sein Klimaziel nicht nachgebessert und auch andere Staaten wie Australien, Russland und China brauchen dringend ambitioniertere nationale Umsetzungspläne. Hier brauche es deutlich mehr Engagement, so Gewessler. „Dafür werde ich mich einsetzen.“
Auch UNO-Generalsekretär Antonio Guterres warnte erneut vor einem Versagen der Menschheit im Kampf gegen die Erderwärmung. Sämtliche bereits zugesagten Anstrengungen beim Klimaschutz reichten hinten und vorne nicht aus, um eine Katastrophe abzuwenden, sagte er zur Auftakt des Gipfels.
Neben den offiziellen Verhandlungen auf Ebene der Vereinten Nationen ist die Konferenz auch heuer ein Schaufenster für klimarelevante Aktivitäten von Staaten, Organisationen und privaten Initiativen außerhalb des UNFCCC-Prozesses, die sich auf den zahlreichen Side-Events und in Ausstellungen am Scottish Event Campus präsentieren können.
Wie die #COP26 ganz genau funktioniert, worüber genau & wie dort eigentlich verhandelt wird, darüber spricht Helmut Hojesky, quasi unser Mann in Glasgow und Österreichs Delegationsleiter bei der Klimakonferenz, im aktuellen profil »Tauwetter« Podcast.