Kategorie Mobilität - 5. Dezember 2022
»Tatwaffe aus der Hand nehmen« – Autos extremer Raser können künftig an Ort & Stelle beschlagnahmt werden
Wenn Bußgelder und selbst Führerscheinentzug bei rücksichtlosen & gefährlichen Geschwindigkeitsüberschreitungen nicht wirken, ermöglicht eine Gesetzesänderung die Beschlagnahmung & den Verfall involvierter Fahrzeuge
Dass ein E-Scooter Fahrer vergangene Woche aus dem Verkehr gezogen wurde, der statt der erlaubten 25 km/h mit einer Geschwindigkeit von 85 Stundenkilometern in Wien unterwegs war, ist eine irrsinnige Geschichte. Dass bei derselben Schwerpunktkontrolle zwei Autofahrer angehalten wurden, die sich augenscheinlich ein Wettrennen lieferten und dabei bis zu 120 km/h auf den Tacho brachten, steht beispielhaft für ein veritables und dazu äußerst gefährliches Problem auf Österreichs Straßen.
Rücksichtslose Verkehrsrowdys bereiten der Polizei nicht nur in Wien regelmäßig Kopfzerbrechen. Es geht um illegale Straßenrennen, Drifts, Lärm und ungemein gefährliche Manöver. Immer wieder sorgen Schwerpunktkontrollen der Polizei für das Auffliegen extremer Raser, die selbst im Stadtgebiet nicht vor Geschwindigkeiten jenseits der 100 km/h zurückschrecken – und damit nicht nur sich selbst, sondern auch andere Menschen latent in Todesgefahr bringen.
»Täter entwaffnen«
Um österreichweit konsequenter gegen diese Form extremer Verkehrsverstöße vorgehen zu können, wird das Klimaschutzministerium (BMK) eine Novelle der Straßenverkehrsordnung und des Führerscheingesetzes in Begutachtung schicken, mit der in Zukunft das Auto von extremen Rasern an Ort und Stelle beschlagnahmt werden kann.
„Diese Maßnahmen dienen der höheren Verkehrssicherheit“, so Klimaschutzministerin Leonore Gewessler. „Wenn Strafen, Führerscheinentzug und Nachschulungen nichts mehr bringen, müssen wir in besonders schweren Fällen den rücksichtslosen Tätern die Tatwaffe aus der Hand nehmen.“ Es gäbe für solche Fälle extremer Raserei keine Entschuldigung. „Wer bewusst das Leben von Menschen riskiert, muss mit harten Konsequenzen rechnen“, so Gewessler
Raserei gefährdet das Leben von unbeteiligten Verkehrsteilnehmerinnen. Bereits im vergangenen Jahr hat die Bunderegierung mit dem ersten #Raserpaket die Strafen für extremes Rasen deutlich erhöht. Nun folgt der zweite Teil des Maßnahmenpakets: Die Beschlagnahme des Fahrzeugs. 1/3 pic.twitter.com/RUrvZG7r9Y
— Leonore Gewessler (@lgewessler) December 5, 2022
Damit folgt Österreich dem Beispiel von anderen europäischen Ländern und ermöglicht in der Folge, rücksichtlose und gefährliche Raserei mit dem Verfall des Fahrzeugs zu bestrafen.
Bereits im vergangenen Jahr hat die Bunderegierung mit dem ersten Raserpaket die Strafen für extreme Raser deutlich erhöht. Nun folgt der zweite Teil des Maßnahmenpakets. Insbesondere rücksichtlose Wiederholungstäter, die bewusst das Leben anderer Verkehrsteilnehmer aufs Spiel setzen, sollen so mit voller Härte bestraft werden können.
Konkret richtet sich das aktuelle Paket gegen schwere Vergehen und Geschwindigkeitsübertretungen von mindestens 60 km/h innerorts und 70 km/h außerhalb von Ortschaften. Wenn Einzelpersonen völlig unbelehrbar immer wieder mit stark überhöhter Geschwindigkeit unterwegs sind, kann nach der Beschlagnahme am Ende des Verfahrens der Verfall zum Tragen kommen.
Wird die erlaubte Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 80 km/h oder außerhalb des Ortsgebiets um mehr als 90 km/h überschritten, kann die Behörde ein Verfallsverfahren gemäß Verwaltungsstrafgesetz auch schon beim ersten Mal einleiten.
Die Gesetzesnovelle geht nun in Begutachtung. In den kommenden sechs Wochen können Stellungnahmen zum Entwurf abgegeben werden, der unter umfangreicher Einbindung des Verfassungsdienstes erarbeitet wurde.
Die Maßnahmen im Detail:
- Wird mit technischen Hilfsmitteln festgestellt, dass der Lenker die erlaubte Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 60 km/h oder außerhalb des Ortsgebiets um mehr als 70 km/h überschritten hat, haben die Straßenaufsichtsorgane das Fahrzeug vorläufig zu beschlagnahmen.
- Die Behörde hat binnen zwei Wochen zu entscheiden, ob eine weitere Beschlagnahme zur Sicherung des Verfallsverfahrens erforderlich ist, wenn dem Lenker innerhalb der letzten vier Jahre die Lenkberechtigung wegen einer der in § 7 Abs. 3 Z 3 oder 4 FSG genannten Übertretungen entzogen worden ist, oder der Lenker die erlaubte Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 80 km/h oder außerhalb des Ortsgebiets um mehr als 90 km/h überschritten hat.
- Der Verfall eines beschlagnahmten Fahrzeugs gemäß § 17 VStG wird zusätzlich zu einer Geldstrafe vorgesehen, wenn das geboten erscheint, um den Täter von weiteren gleichartigen Übertretungen abzuhalten. Das Fahrzeug wird in diesem Fall entschädigungslos verwertet.
Zusätzlich wird im Führerscheingesetz vorgesehen, dass bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung von mehr als 40 km/h innerorts bzw. 50 km/h außerorts der Führerschein jedenfalls vorläufig abzunehmen ist. Bislang ist dies eine Ermessensentscheidung des einschreitenden Straßenaufsichtsorgans.
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