Kategorie Klima- & Umweltschutz - 9. Mai 2023
Per Waldrapp im Windkanal: Forschende optimieren Flugtracker für Zugvögel
Mit Hilfe von an den Tieren befestigten sogenannten „Biologgern“ lassen sich Vogel-Wanderungen nachvollziehen. Wie sich das Tragen dieser Geräte auf die Flugdistanz und Belastung auswirkt, hat ein Forschungsteam nun anhand von Windkanaltests untersucht. Das Fazit: Die Sensoren beeinträchtigen die Zugvögel erheblich, mit ein paar Aerodynamik-Tricks können die negativen Effekte aber reduziert werden, berichten die Forscher im Fachblatt „Animal Biotelemetry“.
Im Mittelpunkt steht dabei der Waldrapp – ein einst in Europa ein häufig verbreiteter Vogel, der aber durch intensive Bejagung in Mitteleuropa im 17. Jahrhundert ausstarb. Im Rahmen eines LIFE+EU-Projektes, das auch aus Mitteln des Klimaschutzministerium (BMK) finanziert wird, bemühen sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler seit Jahren, die Tiere wieder als echter Zugvogel in Mitteleuropa, Spanien und Italien anzusiedeln. So werden beispielsweise in österreichischen Tierparks gezüchtete und aufgezogene Waldrappe über die Alpen in ein italienisches Überwinterungsgebiet begleitet, um von dort mit ihren Artgenossen im folgenden Frühjahr selbstständig zurück nach Norden zu fliegen.
Das Team um Wissenschafter vom Forschungsinstituts für Wildtierkunde und Ökologie (FIWI) der Veterinärmedizinischen Universität (Vetmed) in Wien brachte Tieren in der Waldrapp-Aufzucht- und Forschungsstation in Seekirchen am Wallersee (Salzburg) bei, in einem Windkanal zu fliegen. Mit der Wiederansiedlung von Waldrappen (Geronticus eremita) in Österreich beschäftigen sich die Forscher schon seit längerem. Bekannt wurde die Arbeit vor allem dadurch, dass Wissenschafter den Tieren mit Ultraleicht-Fliegern auch wieder lehrten, ihre alten Zugrichtungen über die Alpen nach Italien zu fliegen.
Nicht nur den Flügen von Waldrappen folgen Forscher gerne mittels Biologgern. Was das für den Energieverbrauch der Vögel bedeutet, wurde bisher allerdings noch kaum erforscht, heißt es am Montag seitens der Vetmed-Uni. Zwar wurde viel beim Gewicht der Sensoren eingespart – bei der Studie trugen die Tiere Geräte mit knapp 40 Gramm. Bei der Form der zwölf mal fünf mal drei Zentimeter großen, rechteckigen Geräte wurde aber nicht auf den Luftwiderstand geachtet, wie die Forscher in ihrer Arbeit schreiben.
Geräte beeinträchtigen Gleit- oder Höhenflugfähigkeit
Während die rund 1,3 Kilogramm schweren Vögel in dem experimentellen Setting dahinflogen, maßen die Wissenschafter deren Herzfrequenz und Beschleunigung, um den Energieverbrauch abzuschätzen. „Unsere Daten belegen, dass die Position von Biologgern die Flugdistanzen und die Form den Energieverbrauch erheblich beeinflussen. Ungünstige Form und Positionierung wirken sich nicht nur auf den Kraftaufwand beim Schlagflug aus. Der energetisch wahrscheinlich wichtigere Effekt besteht darin, dass die Geräte die Gleit- oder Höhenflugfähigkeit des Vogels beeinträchtigen und ihn so dazu zwingen, den energetisch viel anspruchsvolleren Schlagflug häufiger durchzuführen“, so die Studien-Erstautorin Ortal Mizrahy-Rewald.
Wurden die Geräte auf wilden Waldrappen bei ihren Frühjahrszug relativ weit oben auf dem Rücken angebracht, flogen diese signifikant kürzere Strecken am Stück. Besser erging es den Tieren, wenn die Biologger weiter unten am Rücken saßen. Die Wissenschafter rundeten im Rahmen ihrer Studien in der Folge auch das Gehäuse der Aufzeichnungsgeräte ab. Die aerodynamischere Form reduzierte unter bestimmten Bedingungen die Belastung der Tiere weiter. Letztlich könne man mit relativ einfachen Anpassungen den Vögeln das Tragen der Forschungsgeräte deutlich erleichtern, schreiben die Wissenschafter.
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