Kategorie Informationen & Tipps - 3. April 2019

Active & Assisted Living: Wie lässt sich altersgerechtes Wohnen realisieren?

Wie meistern wir die großen Herausforderungen des demografischen Wandels? Auch hier liegt eine mögliche Lösung in der omnipräsenten Digitalisierung: Mit altersgerechten und in die Wohnumgebung integrierten elektronischen Assistenzysystemen sollen ältere Menschen künftig bei der Bewältigung des Alltags unterstützt werden. Alle Vorzüge der vielbeschworenen Smart Homes werden künftig die unter dem Fachbegriff Active & Assisted Living (AAL) bekannten Technologien, Älteren zu einem gesunden, aktiven und sicheren Leben, möglichst im gewohnten Umfeld verhelfen.

© Bohmann/Andrew Rinkhy

Die steigende Lebenserwartung bei sinkenden Geburtenziffern verschieben die Altersstruktur unserer Gesellschaft kontinuierlich: Der Anteil jüngerer Menschen sinkt, die Zahl älterer nimmt zu.  Die Zahl der über 65-jährigen wird in den kommenden Jahrzehnten von derzeit etwa 1,6 Millionen auf 2,6 Millionen Personen (2050) anwachsen. Prognosen der Versicherungen kommen außerdem zu dem Schluss, dass künftig jeder Dritte der Über-65-Jährigen pflegebedürftig sein wird.

Viele Seniorinnen und Senioren wollen ihren Lebensabend jedoch lieber in den eigenen vier Wänden verbringen als in einem Pflegeheim. Oftmals werden diese aber aus Angst vor Unfällen wie Stürzen oder wegen anderer Probleme im Alltag aufgegeben.

Selbstbestimmtes Leben im Alter

Forschungsprojekte zu dieser gesellschaftlich äußerst wichtigen Materie werden vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) im Progamm IKT der Zukunft gefördert. Der Name des Instruments darin: benefit – demografischer Wandel als Chance. Dieses soll seinem Namen alle Ehre machen und unterstützt die Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen, die auf die Erhaltung und Verbesserung der Lebensqualität älterer Menschen abzielen. So sollen alle gängigen und extra dafür (weiter)entwickelten Smart Home Funktionen vertreten sein – von der Sprachsteuerung der Technik, über Präsenzdetektoren bis hin zu Lernhilfen und Gedächtnistraining. Alles in allem sehr viel mehr als nur eine Spielerei per Tablet.

„Der demografische Wandel stellt die Gesellschaft vor große Herausforderungen. Daher werden schon jetzt Lösungen entwickelt, die den Menschen im Alltag unterstützen. Die Technik soll dort ankommen, wo sie gebraucht wird. Das geht nur gemeinsam mit den Älteren, die in den Prozess mit einbezogen werden“, so Kerstin Zimmermann, benefit-Programmverantwortliche im BMVIT.

Inzwischen gibt es in ganz Österreich acht im Rahmen des Programms benefit geförderte AAL-Testregionen. Seit mehr als 10 Jahren existieren die österreichischen Forschungs ‐ und Entwicklungsprogramme und auch auf europäischer Ebene folgte der Zusammenschluss von Projektpartnern, Institutionen und Forschungseinrichtungen, um die AAL‐Aktivitäten auf kontientaler Ebene voranzubringen.

Dort hat sich Österreich von Beginn an aktiv in die Gestaltung des europäischen AAL Programme eingebracht. Mit der Innovationsplattform AAL AUSTRIA sollen dort die Interessen österreichischer Beteiligter vertreten sowie die Praxistauglichkeit und Akzeptanz von AAL-Lösungen oder die bessere Zusammenarbeit und der Wissensaustausch unterschiedlicher mit AAL befasster Berufsgruppen erörtert werden. Ziel der AAL-Programme ist es jedenfalls, dass verwendete Techniken und Technologien nutzerzentriert sind, also auf den Menschen ausgerichtet sind und sich in dessen direktes Lebensumfeld integrieren lassen.

Musterwohnung zu besichtigen

Die Wiener AAL TestRegion WAALTeR setzt bei diesen demografischen und gesundheitspolitischen Herausforderungen an und verbindet die allgegenwärtige Digitalisierung des Alltags mit den Anforderungen der altersgerechten Appartements.

 

Um solches Wohnen mit hoher Lebensqualität zu garantieren, entwickelt WAALTeR Servicepakete, die auf die Bedürfnisse der Nutzerinnen und Nutzer zugeschnittenen sind. Diese umfassen die Bereiche Gesundheit, soziale Teilhabe, Autonomie, Mobilität, Pflege und Unterstützung. Seit Anfang 2018 wurden 83 Wiener Testhaushalte mit dem integrierten WAALTeR System ausgestattet und evaluiert. Auch eine WAALTeR Musterwohnung in der Johanniter Residenz Schichtgründe im 21. Wiener Gemeindebezirk steht Interessierten für Besichtigungen zur Verfügung. Auch die Integration von Familienmitgliedern, Freunden und Bekannten soll dort im Mittelpunkt stehen.

Ein Rundgang durch die Wohnung:

Die Wohnung ist mit allerlei Technik ausgerüstet und bietet Platz für Testungen von fix in der Wohnung installierten AAL-Technologien. Die Anwendungsmöglichkeiten reichen dabei von Lifestyle-Technologien über konkrete Hilfsmittel zur Bewältigung des Haushalts bis hin zu Sicherheitstechnik unter Einbeziehung externer Personen.

Dazu zählen unter anderem die automatische Abschaltung des Herdes bei Abwesenheit, Schutzmaßnahmen gegen Einbrüche sowie kontextabhängige Beleuchtungs-, Raumtemperatur- oder Musiksteuerung, welche den Gewohnheiten des Nutzers angepasst werden können. Die Möglichkeit, per Tablet oder Telefon direkt die Smart Home Funktionen sämtlicher Lampen, Heizungen und anderer Elektrogeräte zu steuern ist ebenfalls von großer Bedeutung bei modernen AAL-Anwendungen.

Auch das Aufstehen kann hilfebedürftigen Menschen erleichtert werden, in dem sich Rollläden automatisch öffnen und die Heizung zu fest definierten Zeiten in Betrieb geht. Puncto Sicherheit ließen sich intelligente Rauchmelder installieren, bei Brandverdacht aber auch zusätzlich Verwandte oder Nachbarn informieren. Bewegt sich nachts etwas um die Wohnung oder das Haus, wird mit Musik, Licht und Fernsehen simuliert, dass jemand zu Hause ist. Auch spezielle Rollatoren gehören in einigen AAL-Konzepten zur Ausrüstung solcher Wohnungen.

Solche modularen und mitdenkenden Systeme sollen Bewohnerinnen und Bewohner bei Gefährdung oder Überforderung altersgerechte Hilfestellung anbieten, Vorschläge zur Problemlösung machen, oder gegebenenfalls externe Dienstleister (von der Familie bis zum Sicherheits- oder Pflegepersonal) einbinden, im Notfall sogar eine Hilfemeldung aussenden.

Service: Sämtliche im Forschungsprojekt WAALTeR enthaltenen Technologien können in der Musterwohnug besichtigt und ausprobiert werden und es stehen auch ergänzende Technologien und Smart Home Geräte zum Ausprobieren bereit.

Im Forschungsprojekt i-evAALution suchen die Johanniter noch Menschen ab 65 Jahren, die 12 Monate lang gemeinsam mit Angehörigen oder befreundeten Personen verschiedene technische Komponenten in ihrem Alltag testen. i-evAALution steht für Integration und Evaluation von AAL Lösungen und startet im Juni 2019 mit Testungen in mehreren europäischen Ländern.

INFObox: Im Zentrum des Förderungsprogramms „benefit – demografischer Wandel als Chance“ des BMVIT steht die Bewältigung zentraler gesellschaftlicher Herausforderungen durch Forschung, Technologie und Innovation im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT). Seit 2012 fördert das BMVIT mit IKT der Zukunft neue IKT-Lösungen und Dienstleistungen für mehr Lebensqualität im Alter.