Kategorie Innovation & Technologie - 19. November 2019

Apollo 12: Die dramatische Rückkehr zum Mond vor 50 Jahren

Dieses Jahr feiert viele große Jubiläen, aber 2019 steht selbstverständlich ganz besonders im Zeichen Mondes. Im Juli wurde dem 50. Jahrestag der ersten bemannten Mondlandung von Raumfahrtenthusiasten, Museen und Wissenschaftsredaktionen auf der ganzen Welt vielerorts euphorisch gedacht und medial wiederauferlebt. Es war ein für damalige Verhältnisse unfassbares Vorhaben, welches noch bis heute nachwirkt, mannigfaltigen Einzug in die Popkultur erlangte, die verrücktesten Verschwörungstheorien provozierte und schlicht als Jahrhundertereignis zu bezeichnen ist.

Und auch die nachfolgenden Mondlandungen sind absolut legendäre, teils hochdramatische, auf jeden Fall herausragende wissenschaftshistorische Ereignisse. Heute, 19. November, vor 50 Jahren landete die Apollo 12 Mission auf dem Mond und sorgte nach nur wenigen Monaten für eine Rückkehr der Menschen dort oben.

Während der Apollo 12 Mission entstand auch dieses Bild der Erde – vielleicht eine der schönsten Aufnahmen unseres Planeten überhaupt. © NASA

Nach dem großartigen Erfolg der ersten Mondlandung mit Apollo 11 im Juli 1969 schaltete die NASA auf Verlangen der US-Regierung zunächst einen Gang zurück: Bereits im Herbst desselben Jahres kam es zu Budgetkürzungen im Apollo-Programm und zu einer Beschränkung auf – zunächst noch vorgesehene – neun Missionen und nur noch maximal zwei Mondflüge pro Jahr. Beschlossen wurde auch, dass Apollo 17 die letzte Mondlandung sein sollte, wodurch aber immerhin noch Weiterentwicklungen am Fluggerät und an der Ausrüstung der Astronauten möglich waren.

Ein oft etwas verblichenes Faktum in den darauffolgenden Jahrzehnten: Das Apollo-Programm mit all seinen Missionen wurde in kürzester Zeit abgewickelt, folgte einem unglaublichen Takt. Nach der ikonischen ersten Landung mit den ersten Menschen auf dem Erdtrabanten starteten die anschließenden Mondmissionen mit dem Apollo-Emblem in recht kurzer Abfolge. Zwischen Apollo 1 und Apollo 17 vergingen lediglich fünf Jahre (1967-1972). Zwölf Menschen betraten in dieser Zeit den Mond.

© NASA

Mit der Euphorie von Apollo 11

Apollo 12 würde die erste von zunächst drei geplanten H-Missionen sein, die nicht nur das Ziel hatten, auf dem Mond zu landen und danach möglichst schnell wieder zur Erde zurückzukehren, sondern einen etwas längeren Aufenthalt auf dem Mond vorsahen. Auch würden Umfang und Anspruch der Experimente und geologischen Untersuchungen einen größeren Umfang haben. Für den Start wurde die Saturn V-Trägerrakete mit der Seriennummer SA-507 vorbereitet, das Raumschiff und die Mondfähre waren nahezu baugleich zu jenen von Apollo 11. Euphorisiert vom Erfolg Apollo 11 arbeitete die NASA mit demselben Elan auf die zweite, für November 1969 terminierte Landung auf dem Mond hin.

Bereits am 10. April 1969, kurz nach dem erfolgreichen (Test)Flug von Apollo 9, gab die NASA die Besatzung für Apollo 12 bekannt. Ein Quasi-Ersatzteam für Apollo 11, denn sollte deren Versuch einer bemannten Mondlandung fehlschlagen, würde Apollo 12 diesen Versuch wiederholen.

Als Kommandant war Pete Conrad nominiert, der bereits zwei Raumflüge absolviert hatte und ein erfahrener und im Astronautenkorps hoch geschätzter Kollege war. Pilot der Kommandokapsel wurde Richard Gordon, der ebenfalls schon einmal mit Conrad im All war. Das Trio wurde durch den Weltraumneuling Alan Bean komplettiert, den letzten Astronauten der dritten Auswahlgruppe, der noch auf seinen Einsatz wartete. Er wurde zum Piloten der Mondfähre erkoren.

 

Die einzelnen Stufen der Saturn-V-Rakete AS-507 wurden zwischen März und Mai 1969 im Kennedy Space Center angeliefert. Das Apollo-Raumschiff CSM-108 erhielt den Namen Yankee Clipper, die Mondlandefähre LM-6 den Namen Intrepid (engl. unerschrocken/furchtlos).

Das Missionsabzeichen von Apollo 12 zeigt ein Segelschiff (Clipper), Ausdruck der Zugehörgkeit aller drei Astronauten zur US-Marine. Im Hintergrund sind vier Sterne zu sehen, die die drei Besatzungsmitglieder symbolisieren, sowie den Astronauten Clifton Williams, der als Mondfährenpilot vorgesehen war, aber am 5. Oktober 1967 bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam und durch Alan Bean ersetzt wurde.

Was kann eigentlich alles schiefgehen?

Am 8. September 1969 wird die Rakete zur Startrampe gerollt. Auftakt für eine ganze Reihe von Aufregungen im Verlauf von Apollo 12, der teils viel dramtischer verlief als bei der Vorgängermission. Symptomatisch: Zwei Tage vor dem Start wird in einem Sauerstofftank des Servicemoduls ein Leck entdeckt. Ein Ersatztank muss aus dem für Apollo 13 vorgesehenen Servicemodul ausgebaut und in die schon auf der Startrampe bereite Rakete eingebaut werden.

Der Start erfolgt am 14. November 1969 um 11:22 Uhr Ortszeit. Schon während des Countdowns zog ein mächtiges Gewitter über Cape Canaveral hinweg. 36 Sekunden nach dem Start passiert es. Ein Blitz trifft die Rakete, springt von dort auf den Startturm über, nur 16 Sekunden später schlägt ein Zweiter ein, im Apollo-Raumschiff fliegen die Sicherungen raus, die meisten elektrischen Systeme fallen aus. Gordon per Funk: „What the hell was that?”

 

Nahezu alle Alarmsignale leuchten an Bord gleichzeitig auf, sie laufen jetzt auf Ersatzbatterie. Alan Bean erinnert sich später: „Ich habe noch niemals so viele Lichter gesehen!“ Im Kontrollraum am Kennedy Space Center herrscht Aufregung und Ratlosigkeit. Und auch im Kontrollzentrum in Houston herrscht Alarmstimmung.Dort zeigen die Computer keine Telemetriedaten mehr an, stattdessen flirren rätselhafte Datenmuster über die Bildschirme.

Was soll Gerry Griffin, der Flugdirektor in Houston, tun? Den Start abbrechen? Ein Notfallsystem aktivieren? Das bedeutete, es würde eine an der Spitze angebrachte Hilfsrakete, welche nie zuvor zum Einsatz kam, das Raumschiff aus der Gefahrenzone befördern und die Saturn-V-Rakete kontrolliert sprengen. Doch die Rakete selbst fliegt unbeirrt weiter. Ihre elektrischen Systeme sind völlig unabhängig vom Raumschiff.

Flugkontrolleur John Aaron ahnte, was passierte, da er ein Jahr vorher bei einer Simulation eine Anomalie beobachtet hatte, als durch einen Spannungsabfall die Bordelektronik ausgefallen war. Als er dem Flugdirektor Griffin die Empfehlung „Flight, try SCE to AUX“ mitteilt, hat dieser keine Ahnung, wovon er spricht. Auch Conrad hat im Cockpit keine Ahnung, was gemeint sein könnte. Glücklicherweise ist Alan Bean vertraut mit der Position des SCE-Schalters. Bean schaltet den Schalter auf AUX – und sofort war die Telemetrie wieder hergestellt, die Mission konnte fortgesetzt und ein Abbruch verhindert werden. Apollo 12 ist weiterhin auf dem Weg zum Mond.

 

Das Einschwenken am 17. November in die Transferbahn zum Mond und das dortige Einbremsen in eine Umlaufbahn etwa 110 Kilometer über dem Äquator verlaufen reibungslos. Früher als geplant steigen Conrad und Bean durch den Tunnel in die Mondfähre und untersuchten gewissenhaft, ob die Blitzschläge beim Start irgendwelche Schäden an Intrepid hinterlassen hatten. Am 19. November koppeln sie sich um 4:17 Uhr MEZ vom Mutterschiff ab und nähern sich, wie schon Apollo 11, in Ost-West-Richtung entlang des Äquators ihrem Ziel, dem Oceanus Procellarum, dem Ozean der Stürme, auf der westlichen Mondvorderseite.

„Boy, that is beautiful.“

Der Landeplatz wurde so gewählt, dass es möglich war, Teile von der am 20. April 1967 auf dem Mond gelandeten Raumsonde Surveyor 3 auszubauen und anschließend wieder zurück auf die Erde zu bringen. Conrad schaltet wie geplant für die letzten 400 Fuß (122 Meter) des Abstiegs auf Handsteuerung um, suchte eine geeignete Stelle neben Surveyor und landete trotz der von den Bremstriebwerken aufgewirbelten Staubwolken, die ihm vollständig die Sicht nahmen, die Intrepid am 19. November 1969 um 7:54 und 36 Sekunden MEZ sicher auf dem Mond – nur 163 Meter entfernt von der Sonde.

 

Conrad kann das Apollo-Raumschiff mit bloßem Auge erkennen, als es bei der nächsten Mondumkreisung über die Landestelle fliegt. Ebenso kann Gordon aus dem Mutterschiff bei der folgenden Umkreisung sowohl Surveyor 3 als auch Intrepid sichten. Die Entfernung beträgt circa 110 km.

Als Conrad den Mond betritt, sagte er: „Whoopie! Man, that may have been a small one for Neil, but that’s a long one for me.“ auf deutsch etwa „Hoppsa! Mensch, das war vielleicht ein kleiner (schritt) für Neil, aber für mich ist das ein großer!“, womit er auf seine kleine Statur anspielte. Bestens gelaunt folgte kurz darauf Alan Bean. Überhaupt war die Stimmung sehr viel entspannter als bei der ersten Mondlandung und vom Start weg alles von viel Humor begleitet.

 

Apollo 12 hatte auch erstmals eine Farb-TV-Kamera im Gepäck, deren lichtempfindliche Röhre Bean beim Einschalten genau gen Sonne richtete, sie so blendete und zerstörte, da die Röhre nicht geschützt war – die geplanten TV-Farbbilder mussten ausfallen. Die amerikanische Flagge wurde dieses Mal in größerer Entfernung zur Mondfähre aufgestellt, da sie bei Apollo 11 beim Rückstart durch den Triebwerksstrahl umgeworfen wurde – etwas, das sich nicht wiederholen sollte.

Die Wissenschaft rückt bei dieser Mission stark in den Vordergrund. Ein umfangreiches Paket an physikalischen Experimenten, das ALSEP (Apollo Lunar Surface Experiment Package), wird installiert. Als Alan Bean die verklemmte Radioisotopenbatterie des ALSEP mit ein paar festen Hammerschlägen aus ihrer Verankerung lösen muss, sagt er: „flieg’ niemals ohne Hammer zum Mond…!“

Das Seismometer war so empfindlich, dass es bereits die Schritterschütterungen der zurücklaufenden Astronauten registrierte und zur Erde funkte. Daneben gehören zum Umfang ein Magnetometer sowie das schon bei Apollo 11 mitgeführte Sonnenwindexperiment. Nach viereinhalb Stunden Außenbordeinsatz und nur vier Stunden Schlaf wird die zweite Exkursion vorbereitet.

Entlang einer 1.300 Meter langen Strecke werden an sieben Stationen Aufgaben erledigt, hauptsächlich Steine und Bodenproben gesammelt. Die Crew war gut trainiert, der Puls wurde nie in kritische Höhen getrieben. Höhepunkt war der Gang zur Sonde Surveyor 3. Die Astronauten entfernen die Kamera und einige Metallteile für Untersuchungen auf der Erde und kehren in ihre Mondfähre zurück.

Rückflug und Landung

Conrad und Bean starten die Aufstiegsstufe der Mondfähre und lassen das Triebwerk über sieben Minuten lang laufen. Der Aufenthalt auf dem Mond hat 31 Stunden, 31 Minuten und 11 Sekunden gedauert, wovon die Astronauten insgesamt knapp acht Stunden außerhalb der Mondfähre verbrachten. Neben der nicht mehr benötigten Ausrüstung lassen die Astronauten versehentlich auch mehrere Magazine mit belichteten Filmen zurück, darunter alle Farbaufnahmen der zweiten EVA – sie liegen noch heute auf dem Mond.

Mehrere Kurskorrekturen sind notwendig, bis Intrepid an Yankee Clipper ankoppeln kann. Nach dem Umsteigen wird die Mondfähre abgekoppelt und gezielt auf Kollisionskurs mit dem Mond gebracht. Intrepid schlägt mit etwa 1,5 km/s Geschwindigkeit etwa 72 km entfernt vom Seismometer auf. Die Daten des folgenden Mondbebens werden vom ALSEP direkt an die Erde gefunkt.

© NASA

Apollo 12 bleibt noch einen vollen Tag im Mondorbit, um die fotografische Kartierung des Mondes zu ergänzen.Die Kommandokapsel Yankee Clipper wassert am 24. November 1969, 10 Tage, 4 Stunden, 36 Minuten und 24 Sekunden nach dem Start. Der Aufprall war relativ hart, und Alan Bean wurde von einer herabfallenden Kamera getroffen. Dabei zog er sich eine Gehirnerschütterung und eine Platzwunde über einer Augenbraue zu. Wie Apollo 11 lag die Landekapsel zuerst mit der Spitze nach unten, richtete sich aber bald auf.

Die biologischen Vorsichtsmaßnahmen entsprachen denen von Apollo 11: Die Astronauten werden in einen Quarantäne-Container an Bord des Flugzeugträgers USS Hornet gebracht. Fünf Tage später werden die Astronauten samt Container von Hawaii nach Houston geflogen, wo sie nach insgesamt 16 Tagen die Quarantäne verlassen dürfen.

INFObox: Das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) investiert als Weltraumministerium jährlich rund 70 Millionen Euro in den Weltraumsektor. Unter Einrechnung der EU-Flagschiffprogramme Copernicus, Galileo/EGNOS und H2020 liegt Österreichs Beitrag bei etwa 100 Millionen Euro pro Jahr. Österreich finanziert Programme der ESA mit und ermöglicht österreichischen Betrieben so, sich für Aufträge im Rahmen der ESA-Missionen zu bewerben.