Kategorie Mobilität - 17. Mai 2016

Damit der Hirsch zur Hirschkuh kommt

Viele schimpfen über sie, finden sie sinnlos und zu teuer. Die Grünbrücken. Das sind jene begrünten und bewaldeten Brücken, die es Tieren ermöglichen, über Verkehrswege wie Autobahnen und Schnellstraßen hinweg zu wandern. Viktoria Reiss-Enz ist stellvertretende Leiterin der Abteilung Planung und Umwelt im bmvit und erklärt, warum sich die Investition lohnt und Tiere wie Menschen diese Grünbrücken brauchen:

Es gibt zwei Gründe für Grünbrücken: Zum einen geht es um die Vermeidung von Wildunfällen und die Verkehrssicherheit für uns Menschen. Und zum anderen natürlich um den Schutz und das Leben der Wildtiere.

 

Wildtierkorridore sind so etwas wie „Verkehrswege“ für Tiere. Und Mobilität ist für Wildtiere besonders wichtig. Manche Arten wechseln saisonal vom Sommer- in den Winterlebensraum, andere pendeln zwischen Ruheplatz und Nahrungsquelle. Durch wachsende Siedlungen, die Widmung von Betriebsgebieten und durch den Ausbau des Verkehrsnetzes werden diese Wege abgeschnitten. Das hat nicht nur kleinere Lebensräume zur Folge, sondern führt auch dazu, dass sich die Tiere nicht mehr mit Tieren aus unterschiedlichen Populationen paaren können. Diese Tierwanderwege dienen also auch dem genetischen Austausch der Arten – es sind „Genflusskorridore“.

Wie sieht eine Grünbrücke aus?

Es gibt drei Kategorien – A, B und C – von Brücken. Die größten Grünbrücken der Kategorie A werden beispielsweise  in Gebieten mit Großwild und überregionalem Wildwechsel errichtet. Wie groß und breit eine Brücke sein muss, hängt von der Tierart und dem Standort ab. Zum Beispiel müssen Grünbrücken, die von stärker waldgebundenen oder störungsempfindlichen Großwildarten genutzt werden, wie zum Beispiel von Braunbär, Luchs oder Rotwild, 80 Meter breit sein.

Zuerst muss man wissen, welche Tiere diesen Weg gehen. Sind es Rothirsche, Rehe, Bären, Wölfe, Hasen oder Wildschweine, die diese Strecke gehen? Erst danach kann man die Grünbrücke planen. Für Rehe ist die genaue Lage der Brücke nicht so wichtig, sie sind flexibel bei der Wahl ihrer Wege.  Aber ein Rothirsch zum Beispiel ist sehr empfindlich: Liegt die Brücke nicht genau auf seinem Weg, benutzt er sie nicht und der Hirsch und die Hirschkuh werden durch die trennende Straße nicht mehr zueinander finden.

 

INFObox: Die ASFiNAG (Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft) plant, finanziert, baut, erhält, betreibt und bemautet im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie (bmvit) das gesamte hochrangige Straßennetz in Österreich. Sie ist ebenso für die Errichtung und Instandhaltung von Grünbrücken verantwortlich. Bis 2027 errichtet die ASFiNAG insgesamt 16 Grünbrücken auf bereits bestehenden Streckenabschnitten.