Kategorie Innovation & Technologie - 12. Juli 2022

Historischer Blick in die Tiefen des Alls: Erste Bilder des James-Webb-Teleskops veröffentlicht

Die „tiefste und schärfste bislang aufgenommene Infrarot-Sicht auf das Universum“ wurde vor kurzem der Öffentlichkeit präsentiert. Auf den ersten Aufnahmen des vor rund einem halben Jahr gestarteten Weltraumteleskops „James Webb“ sind Sterne und Galaxien zu sehen.

Unter den zunächst fünf Aufnahmen, die einige der spannendsten Gebiete der modernen astronomischen Forschung abdecken, ist eine Deep-Field-Aufnahme eines Galaxienclusters, umgeben von verzerrten Abbildern von noch weiter entfernten, rötlichen Galaxien im Hintergrund. Einige von ihnen existierten bereits, als das Universum gerade mal einige hundert Millionen Jahre alt war.

 

Ein zweites Bild zeigt des James Webb Space Telescope erinnert – vermutlich nicht aus Zufall – an eines der ikonischsten Hubble-Bilder. Es zeigt den rund 7600 Lichtjahre entfernten Carinanebel in beispiellosen Details, eine Region mit dichten Wolken aus Gas und Staub, die zu neuen Sternsystemen kollabieren. Anders als in früheren Bildern sind Dutzende neu gebildete Sterne zu sehen, ebenso wie die Staubfilamente und blasenförmigen Hohlräume, die heftige Sternwinde in die Staubwolke reißen.

Der Planetarische Nebel NGC 3132: Staub und Gas bilden konzentrische Schalen um diesen Doppelstern. Der dunklere der beiden Sterne im Zentrum stößt seit Jahrtausenden Staub und Gas aus, die vom Sternenlicht einerseits hell beleuchtet werden, es andererseits aber auch zurückhalten. Das Bild täuscht allerdings, der Nebel bildet keineswegs eine etwa runde Gasblase. Dreidimensional betrachtet, ist der Nebel uhrglasförmig. Der helle Streifen links oben im Bild ist eine weit entfernte Hintergrundgalaxie. © NASA

Das dritte Bild zeigt den Planetarischen Nebel NGC 3132 – die Staubwolke um einen Riesenstern, der Teile seiner Masse in den umgebenden Weltraum bläst. Das Innere der ihn umgebenden Staubwolke wird von den beiden Zentralsternen – dem hier rötlich erscheinenden Riesenstern und seinem Partner – extrem aufgeheizt und erscheint in der Infrarotaufnahme als diffuses Leuchten im Inneren der Staubhüllen.

Auf einem weiteren Bild fand das Teleskop eindeutige Anzeichen von Wasser auf dem außerhalb unseres Sonnensystems gelegenen Gasplaneten „Wasp-96 b“. Es gebe Hinweise auf Wolken und Nebel in der Atmosphäre, teilte die NASA mit. Diese Beobachtung sei die bisher genaueste ihrer Art und zeige die beispiellose Fähigkeit des Teleskops, Atmosphären zu untersuchen, die Hunderte Lichtjahre entfernt sind.

Erste Testbilder hatte das Teleskop bereits vor einigen Monaten zur Erde geschickt, darunter Fotos von einem Stern und ein Selfie. Bei den noch etwas verschwommenen Bildern hatte es sich ebenfalls um Testbilder gehandelt, mit denen bewiesen werden sollte, dass die Kamera und die 18 Spiegelsegmente des Teleskops grundsätzlich funktionieren.

Internationale Koproduktion

„James Webb“ war am 25. Dezember an Bord einer Ariane-Trägerrakete vom europäischen Weltraum-Bahnhof Kourou in Französisch-Guayana ins All gestartet – nachdem es zuvor Kostenexplosionen und immer neue Verschiebungen gegeben hatte. Die Weltraumagenturen der USA, Kanadas und Europas kooperieren bei dem Projekt.

Das „James Webb Space Telescope“ (JWST) wurde rund 30 Jahre lang entwickelt und kostete schlussendlich etwa 10 Mrd. Dollar (rund 8,8 Mrd. Euro). Es folgt auf das Teleskop „Hubble“, das seit mehr als 30 Jahren im Einsatz ist. Während „Hubble“ im optischen und ultravioletten Bereich arbeitet, untersucht „James Webb“ im infrarotnahen Bereich.

„James Webb“ soll rund 1,5 Millionen Kilometer weit ins All fliegen und unter anderem mit Hilfe eines 25 Quadratmeter großen Spiegels neue Bilder aus dem frühen Universums liefern. Wissenschafter:innen erhoffen sich von den Aufnahmen des Teleskops unter anderem Erkenntnisse über die Zeit nach dem Urknall vor rund 13,8 Milliarden Jahren. Sie hoffen auf Bilder von Sternen, die älter sind als unser Sonnensystem und vielleicht nicht mehr existieren – und möglicherweise sogar auf Hinweise auf eine zweite Erde. Die Lebensdauer von „James Webb“ ist dabei erstmal auf zehn Jahre angelegt.

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