Kategorie Innovation & Technologie - 29. April 2024

ESA-Phi-Lab Austria: Weltraumtechnik-Hub in Wien-Schwechat gestartet

Die Europäische Weltraumorganisation ESA plant zwölf Exzellenzzentren in Europa, in denen technische Prototypen entwickelt werden. Österreich macht mit einzigartigem Konzept „Phi-Lab Austria“ den Auftakt

Die europäische Raumfahrtagentur ESA, das Klimaschutzministerium (BMK) und das Land Niederösterreich haben mit dem ESA Phi-Lab Austria“ ein neues Konzept am Standort Flughafen Wien in Schwechat (NÖ) aus der Taufe gehoben. Es sieht vor, einen „Weltraum-Hub“ für Technik, die außerhalb der Atmosphäre zum Einsatz kommt (Upstream-Technologie), zu etablieren und Raumfahrtfirmen bei der Prototyp- und Produktentwicklung unter die Arme zu greifen. 11,2 Mio. Euro gibt es dafür in den ersten vier Jahren.

Ein „Zentrum für Innovation, Design und die Herstellung von Weltraum-Hardware“ soll das österreichische „Lab“ werden, heißt es seitens der ESA. „Das ‚Phi-Lab Austria‘ ist das erste solche Lab außerhalb der ESA selbst“, erklärte der aus Tirol stammende ESA-Generaldirektor Josef Aschbacher im Rahmen der Eröffnung der neuen Einrichtung im Gespräch mit der APA. Man wolle damit – angelehnt an das US-amerikanische Silicon Valley – die Industrie, den Hochschulbereich und verschiedene Agenturen zusammenführen, „um wirklich ganz neue Ideen und Produkte zu kreieren“ und in weiterer Folge auf den Markt zu bringen.

Das erste derartige „Exzellenzzentrum“ für Upstream-Technologien für die Weltraumindustrie in Europa, auf das in anderen Ländern elf weitere folgen sollen, wurde am Freitag von Vertretern aus der Politik in den Räumlichkeiten der niederösterreichischen Weltraumtechnologiefirma Enpulsion am Flughafen Wien-Schwechat vorgestellt. Den inhaltlichen Schwerpunkt werde man auf die möglichst rasche Umsetzung von Prototypen auf seriennahem Niveau in den Bereichen neue Materialien, innovative Bauteile oder Antriebssysteme im Rahmen der Raketen-, Raumfahrzeug- und Satellitenentwicklung legen.

„Österreich ist ein tragendes Mitglied der internationalen Weltraumcommunity, und wir wollen diesen Sektor stärken“, betonte Klimaschutzministerin Leonore Gewessler, deren Ressort auch als Weltraumministerium fungiert. „Das BMK verfolgt bei der Beteiligung an den ESA-Programmen ein ganz klares Ziel: Österreich soll seinen innovativen und wettbewerbsfähigen Weltraumsektor, der die Nachhaltigkeit auf der Erde und im Weltall unterstützt, weiter stärken und festigen. Ein zentrales Anliegen dabei ist, dass neue Akteure in den Weltraumbereich einsteigen, neue Ideen und Innovationen kommerziell umgesetzt werden und diese Start-ups auch wachsen und so Wertschöpfung und Arbeitsplätze in Österreich geschaffen werden.“ Der Bund steuere daher sechs Millionen Euro zu der neuen Initiative bei.

 

Als Schirmherr des „Phi-Lab Austria“ fungiert die ESA, das Land NÖ ist mit seinem auf Ausgründungen aus dem Forschungsumfeld – sogenannte „Spin-offs“ – fokussierten Technologie-Inkubator accent und der Technologietransfer-Agentur tecnet equity mit an Bord, die die Einrichtung managen. Dazu kommen als weitere Partner aus Österreich die Wiener Beratungsfirma Brimatech und der Flughafen Wien.

Österreichische Unternehmen, aber auch Hochschulen und andere Forschungseinrichtungen können sich beteiligen. Mit Förderungen für vier bis sechs Projektteams pro Jahr zwischen 200.000 und 500.000 Euro über bis zu zwei Jahre hinweg, will man der heimischen Weltraumtechnologie als Anlaufstelle dienen. Interessenten werden bald Anträge stellen können, der erste Auswahlprozess soll im Juni über die Bühne gehen.

Für die erfolgreichen, mitunter neu gegründeten Unternehmen gebe es dann auch Unterstützung in den Bereichen Unternehmensführung, Schutz von geistigem Eigentum und bei der Markteinführung von Entwicklungen. Die Europäische Raumfahrtagentur wird sich u.a. in die zwei Mal im Jahr geplante Auswahl der Projektteams einbringen und diese dann mit Experten-Kontakten innerhalb des ESA-Netzwerkes versorgen.

Die Initiative zu den „Phi-Labs“ hatte Aschbacher, der seit 2020 als ESA-Generaldirektor fungiert, im Jahr 2017 noch in seiner damaligen Funktion als Direktor für die Erdbeobachtungsprogramme der Agentur gestartet. Der Fokus der bisher einzigen Einrichtung in Italien liegt auf der Unterstützung von Unternehmen bei der Nutzung der vielfältigen Erdbeobachtungsdaten in neuartigen Produkten. Mit der Eröffnung des „Phi-Lab Austria“ weite man dieses Konzept auf andere Bereiche der Weltraumtechnologie und deren Vermarktung aus.

Die Einrichtung vor den Toren Wiens biete einige Vorteile: Mit Enpulsion sei auch bereits eine Vorreiterfirma – das Unternehmen baut hier Ionenantriebe, mit denen bereits zahlreiche Satelliten gesteuert werden – angesiedelt. Die Anbindung an die Verkehrsinfrastruktur sei „exzellent“, betonte Aschbacher. „Wir haben auch noch mehr Platz“, sagte der Vorstand der Flughafen Wien AG, Günther Ofner, im Hinblick auf mögliche weitere Start-up-Ansiedlungen in Flughafen-Nähe.