Kategorie Klima- & Umweltschutz - 23. Mai 2023

Extreme: 11.778 Klima-bedingte Katastrophen zwischen 1970 & 2021

Zuerst plagte Norditalien eine historische Dürre mit ausgetrockneten Flussbetten und schwindenden Seen. Nun haben sintflutartige Regenfälle und Überschwemmungen in der italienischen Adria-Region Emilia-Romagna das Bild ins Gegenteil gekehrt – mit dramatischen Folgen. 14 Todesopfer seien zu beklagen, mehr als 36.000 Evakuierte und an die 100 betroffenen Gemeinden.

Die Schäden durch das auf trockensten Untergrund treffende Unwetter samt Überflutungen und massiven Erdrutschen lassen sich schon jetzt auf einige Milliarden Euro beziffern, wie die Behörden der Emilia-Romagna am Wochenende mitteilten. Ersten Schätzungen gehen von fünf Milliarden Euro aus. An manchen Orten müsse das „Straßennetz komplett neu aufgebaut werden“.

Zahlreiche Ortschaften in Oberitalien, hier Lugo, in der Emilia Romagna sind überflutet. © apa/dpa

Diese aufeinanderfolgenden Extreme sind keine Seltenheit und passen zu einem Trend, den die Weltwetterorganisation (WMO) in einem am Montag veröffentlichten Bericht nachzeichnet. Demnach haben Extremwetter und klima- bzw. wasserbedingte Ereignisse zwischen 1970 und 2021 insgesamt 11.778 Katastrophen verursacht. Dabei kamen weltweit mehr als zwei Millionen Menschen ums Leben, der ökonomische Schaden lag bei 4,3 Billionen US-Dollar (3,98 Billionen Euro). Die gute Nachricht jedoch: Frühwarnsysteme und ein koordiniertes Katastrophen-Management lassen die Opferzahlen sinken.

Der Bericht wurde zur Eröffnung des alle vier Jahre stattfindenden Kongresses der WMO veröffentlicht. Die Bilanz ist erschreckend und wenig verwunderlich: Mehr als 90 Prozent der Todesfälle durch klima- oder wetterbedingte Katastrophen sind in Entwicklungsländern zu beklagen. Die wirtschaftlichen Verluste hingegen betreffen in erster Linie Industriestaaten, allen voran die USA, die allein 1,7 Billionen US-Dollar oder 39 Prozent der wirtschaftlichen Gesamtverluste durch derartige Naturereignisse abschreiben musste. Aber die WMO wies darauf hin, dass die am schlechtesten entwickelten Staaten und kleine Insel-Entwicklungsstaaten überproportional hohe Kosten im Verhältnis zur Größe ihrer Wirtschaft zu verzeichnen haben.

Die WMO hat sich zum Ziel gesetzt, dass bis Ende 2027 weltweit alle Menschen über Frühwarnsysteme erreicht werden können. Wege und Mittel zu finden, wie dies am besten zu bewerkstelligen ist, wird die Kongressteilnehmer unter anderem beschäftigen. Es wurde bereits eine Frühwarn-Initiative gestartet, über die entsprechende Systeme in den Staaten installiert werden sollen. In einer ersten Runde wurde 30 Staaten designiert, in denen die Initiative bereits 2023 umgesetzt werden soll.

Frühwarnung rettet Leben

„Die am stärksten verletzlichen Gesellschaften tragen unglücklicherweise die Hauptlast von wetter-, klima- und wasserbedingten Gefahren“, sagte WMO-Generalsekretär Petteri Taalas. „Der extrem starke Zyklon ‚Mocha‘ zeigt dies. Er verursachte weiträumige Zerstörung in Myanmar und Bangladesch und traf die Ärmsten der Armen. In der Vergangenheit hatten sowohl Myanmar als auch Bangladesch Todeszahlen in den Zehn- oder sogar Hunderttausenden zu beklagen. Dank der Frühwarnungen und des Katastrophenmanagements sind diese horrenden Sterberaten nun glücklicherweise Geschichte. Die Frühwarnung rettet Leben.“

2020 und 2021 starben insgesamt 22.608 Menschen bei klima- und wetterbedingten Katastrophen. Das zeigt einen weiteren Rückgang bei der Sterblichkeit durch solche Ereignisse gegenüber dem Schnitt der vorangegangenen Dekade. Die wirtschaftlichen Verluste stiegen hingegen, vor allem im Zusammenhang mit Stürmen.

Der Bericht zeigt auch, dass mehr als 60 Prozent der wirtschaftlichen Schäden durch Wetter- und Klimakatastrophen entwickelte Länder betreffen, dort aber meist weniger als 0,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) ausmachen. Das gilt für mehr als 80 Prozent der Ereignisse. Es gab keine Katastrophen, deren Schäden mehr als 3,5 Prozent des jeweiligen BIP ausmachten.

In Österreich ebenfalls Milliarden-Schäden

Auch in Österreich verursachen Naturkatastrophen pro Jahr landesweit Schäden in Höhe von rund einer Milliarde Euro. Das teilte zuletzt der Verband der Versicherungsunternehmen Österreichs (VVO) mit, der jedoch mit einer „dramatischen Zunahme von Schadensereignissen“ rechne.

Nach dem Jahrhunderthochwasser 2002 in Österreich habe die Schadenssumme noch zwischen 300 und 400 Millionen Euro gelegen. Nun sei man mit rund einer Milliarde Euro pro Jahr „auf einem konstant hohen Niveau“ angekommen.

Die Zunahme von Naturkatastrophen aufgrund des Klimawandels sei evident. Österreich müsse sich auch auf solche Ereignisse wie die starken Überschwemmungen in Italien rüsten. „Jedes Bundesland hat Potenzial für Naturkatastrophen“, so VVO-Generalsekretär Christian Eltner.

Im Zuge des menschengemachten Klimawandels zeigten sich in Österreich bereits Änderungen bei den extremen Wetterereignissen, erklärte Klimaforscher Marc Olefs von Geosphere Austria (ehemals ZAMG). „Zum Beispiel nahm in den letzten Jahrzehnten die Anzahl der Tage mit sehr großen Regenmengen im Sommer um rund 30 Prozent zu. Tage mit wenig Regen wurden hingegen seltener“, sagte Olefs. „Hier gibt es einen direkten Zusammenhang mit der Klimaerwärmung. Denn pro Grad Erwärmung kann die Atmosphäre sieben Prozent mehr Wasserdampf aufnehmen, bei Gewittern sogar bis zu 15 Prozent mehr.“

APA / RED