Kategorie Energie - 2. August 2022
Gasspeicher in Österreich »nahezu einzigartig in Europa«
Speicherkapazität seit 2007 fast verdoppelt – Mehr als Hälfte des Jahresverbrauchs bereits eingespeichert – Strategische Reserve wird nun auch im Speicher Haidach angelegt
Nicht erst seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine, schon seit dem ersten Aufflammen des Gasstreits beider Länder wurden die Erdgasspeicher in Österreich massiv ausgebaut. Der russisch-ukrainische Gasstreit war bereits vor dem Krieg ein seit etwa 2005 über viele Jahre hinweg immer wieder aufkeimender Konflikt, der sich um die Fragen der Erdgaslieferungen an die Ukraine und die Fragen des Transits nach Europa dreht.
Währenddessen wurde die Speicherkapazität in Österreich seit dem Jahr 2007 auf 95,5 Terawattstunden (TWh) fast verdoppelt. Das entspricht etwa dem österreichischen Jahresverbrauch und ist „nahezu einzigartig in Europa“, wie E-Control-Vorstand Alfons Haber in einem Gespräch mit der APA betont. Eigentümer des gespeicherten Gases sind Versorger österreichischer Endkunden, aber auch internationale Gashändler und Industriebetriebe.
„Grundsätzlich gehört das Gas immer dem, der es gekauft und eingespeichert hat“, erklärte Haber im Gespräch mit der APA. „Der größte Teil des eingespeicherten Gases ist nicht bestimmten nationalen Märkten zugeordnet. Die Händler und Unternehmen, denen das eingelagerte Gas gehört, verkaufen es zum Teil nach bereits abgeschlossenen Lieferverträgen, zum Teil aber auch nach Preis und Nachfrage.“ Ende 2021 gab es 74 Speicherkunden, denen das Gas in den Speichern gehörte, und in der Vergangenheit gab es keinen Zweifel daran, dass für die Endkunden in Österreich ausreichend Gas zur Verfügung steht.
Durch den russischen Krieg ist das nun aber in Frage gestellt: Einerseits drohen die EU-Staaten Russland damit, im Zuge von Wirtschaftssanktionen auch russisches Gas zu boykottieren, andererseits hat der russische Gazprom-Konzern seine Gaslieferungen nach Westen deutlich reduziert.
Die österreichische Regierung hat deshalb Mitte März angekündigt, eine strategische Gasreserve anzulegen, deren Eigentümer der österreichische Staat ist. „Diese per Ausschreibung zu beschaffenden 20 TWh stehen für den Notfall nur für österreichische Verbraucher zur Verfügung“, erläuterte der Energieregulator. „Diese Menge entspricht dabei rund dem durchschnittlichen Gasverbrauch Österreichs von zwei Wintermonaten.“
Insgesamt sind die Speicher in Österreich bereits zu mehr als 50 Prozent gefüllt. „Damit sind wir im europäischen Vergleich sehr weit vorne“, betonte Haber. „Andere Länder, wie zum Beispiel Deutschland, haben einen höheren Befüllungsgrad, aber der Anteil am Jahresverbrauch liegt bei nur 16 Prozent.“ In anderen Ländern rund um Österreich sehe es ähnlich aus, so entspreche etwa das derzeit in Italien gespeicherte Gas nur 18 Prozent des dortigen Jahresverbrauchs. Das ist der gleiche Wert wie für ganz Europa. „18 Prozent des europäischen Verbrauchs sind eingespeichert.“ Österreichs südlicher Nachbar Slowenien hat gar keinen eigenen Gasspeicher sondern lagert in Österreich Gas ein, das sei aber nur ein kleiner Teil der österreichischen Speicherkapazität, „ein kleiner einstelliger Prozentwert“, so Haber.
Technisch betrieben werden die österreichischen Gasspeicher von der OMV Austria Exploration & Production und der RAG Austria. Dabei handelt es sich um ausgeförderte Gasfelder, die umgerüstet wurden. Sie liegen im Marktgebiet Ost, „das sind sieben Bundesländer, die über ein zusammengeschaltetes Gasnetz verfügen“, erklärte Haber, nämlich ein Fernleitungs- und Verteilnetz. Tirol und Vorarlberg werden über Deutschland mit Erdgas versorgt.
Vermarktet werden die Speicherkapazitäten von fünf Speicherunternehmen: OMV Gas Storage GmbH (OGS), RAG Energy Storage GmbH (RES), Uniper Energy Storage Austria, Astora GmbH und GSA. Auf die OMV alleine entfallen ungefähr 26 Prozent (25,3 TWh) des Speichervolumens in Österreich und 40 Prozent der an das Marktgebiet Ost angebundenen Speicher.
Die Gazprom-Töchter Astora und GSA haben den Gasspeicher in Haidach vermarktet, der nur an das deutsche Gasnetz angebunden ist. Der Teil von Haidach, der von GSA vermarktet wird, sei seit Sommer 2021 kaum genutzt worden, sagte Carola Millgramm, Leiterin der Gasabteilung der E-Control. GSA habe den Speicher selbst nicht befüllt, aber auch anderen nicht ermöglicht, dort Gas einzulagern.
„Es gab eine konkrete Anfrage, die uns bekannt ist, die abschlägig beantwortet wurde“, sagte Haber. „Mit dem Use-it-or-lose-it-Prinzip wurde nun vom Gesetzgeber eine Möglichkeit geschaffen, die verhindert, dass Kapazitäten lediglich gehortet werden.“ Seit dem gestrigen 1. August werde dieser Speicher nun wieder befüllt, für die Vermarktung sei nun die RAG zuständig. Befüllt werden soll der Speicher mit der staatlichen strategischen Reserve, die 22 bis 23 Prozent des österreichischen Jahresverbrauchs entspricht.
Insgesamt fasst der Speicher Haidach gut 32 TWh Gas, er gehört damit zu den größten Mitteleuropas. Von den Kapazitäten entfallen auf Astora über 11 TWh und auf GSA etwa 21 TWh. 14 TWh des GSA-Speichers werden jetzt von der RAG vermarktet.
Die jüngste Novelle des Gaswirtschaftsgesetzes (GWG) habe unter anderem zur Folge, dass auch Haidach – wie alle Speicher, die auf österreichischem Gebiet liegen – an das österreichische Gasnetz angeschlossen werden muss. Außerdem ist mit der GWG-Novelle die Option eines Market Makers zur Bereithaltung von Gasmengen zur Sicherung der Versorgungssicherheit geschaffen worden. Über die vorzuhaltenden Mengen und den Einsatz dieser Mengen als Ausgleichsenergie entscheidet das Klimaschutzministerium (BMK), die Market Maker werden über eine Ausschreibung ausgewählt und die Kosten werden aus Bundesmitteln gedeckt. „Damit wird erreicht, dass Speichermengen im Speicher vorgehalten werden und als Ausgleichsenergie z.B. in den verbrauchsstärksten Monaten Jänner und Februar gesichert zur Verfügung stehen“, erklärte Haber.
Ebenfalls neu ist, dass Versorger von geschützten Kunden, das sind Haushalte und grundlegende soziale Dienste, der E-Control nun einmal jährlich nachweisen müssen, dass sie genügend Gas für 30 Wintertage eingespeichert haben. Bisher waren für diesen Nachweis auch Gas-Kaufverträge ausreichend.
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