Kategorie Klima- & Umweltschutz - 19. September 2024

Wie das Hochwasser in Österreich mit dem Klimawandel zusammenhängt

Nach dem katastrophalen Hochwasser, dass besonders im Osten Österreichs für zahlreiche überschwemmte Ortschaften sorgte, gehen die Pegel nun langsam zurück und sorgen für leichte Entspannung in den betroffenen Gebieten. Besonders kritisch war die Situation in Niederösterreich, wo auch 800 Mitglieder des Bundesheeres im Katastrophengebiet gegen die Fluten und 20 Dammbrüche kämpften. Auch mit ihrer Hilfe konnten mehr als 2.000 Objekte evakuiert, über 2.400 Personen teils mit Hubschraubern gerettet werden. Fünf Menschen konnten nur noch tot geborgen werden, darunter auch ein Feuerwehrmann.

Die Schäden des Jahrhunderthochwassers sind massiv und verheerend. Die Summe aller Schäden ist jedoch noch nicht abschätzbar. Angesichts dieser Hochwasserkatastrophe hat die Bundesregierung ein Maßnahmenpaket zur Soforthilfe präsentiert, um die Folgen bestmöglich abzufedern. Dazu werden etwa die Mittel des Katastrophenfonds auf eine Milliarde Euro aufgestockt. Für Menschen, die vorübergehend oder länger ihr Zuhause nicht bewohnen können, werde zudem der Wohnschirm geöffnet. Als steuerliche Maßnahme sollen Kosten zur Beseitigung der Schäden und zur Durchführung von Reparaturen steuerlich absetzbar werden. Betroffene Betriebe sollen die Möglichkeit zur Steuerstundung erhalten.

Der Chef des Forschungsinstituts Wifo, Gabriel Felbermayr geht davon aus, dass die Überflutungen der vergangenen Tage die teuerste Naturkatastrophe war, die Österreich je erlebt hat. Noch gibt es zwar keine genauen Zahlen zu den entstandenen Schäden und auch nicht dazu, welcher Teil der Kosten auf Haushalte, Versicherungen, Unternehmen und den Staat entfallen wird. Aber aus Erfahrungen der vergangenen Jahre lasse sich ableiten, dass die Fluten den Staat mehrere Milliarden Euro kosten würden, so Felbermayr.

Während also die Aufräumarbeiten in den Hochwassergebieten auf Hochtouren laufen, kommen immer mehr Schäden an öffentlicher Infrastruktur von Fernwärme oder Stromversorgung bis hin zum Straßen- und Bahnnetz ans Tageslicht. Schäden, die zweifelsohne auch unter Klimawandelfolgekosten zu verbuchen sind.

Der Klimawandel hat bei den aktuellen Unwettern, die nicht nur Österreich, sondern viele weitere Länder Zentral- und Osteuropas trafen, eine große Rolle gespielt. Darin sind sich die Expertinnen einig. Auch wenn ein Einzelereignis selbst nicht vollständig durch den Klimawandel verursacht wird, hat sich die menschengemachte Erderhitzung bei den gerade erlebten Unwettern deutlich verschärfend ausgewirkt und wäre ohne menschliches Zutun so nicht möglich gewesen, wie etwa ORF-Meteorologe Marcus Wadsak auf X festhielt.

Es ist unstrittig, dass die Auswirkungen des menschengemachten Klimawandels die Zahl der Katastrophen und die daraus resultierenden Schäden nicht nur in den letzten Jahren massiv ansteigen lassen haben, sondern uns auch künftig mit häufigeren und intensiveren Extremwetterereignissen sowie entsprechenden Schäden an öffentlicher Infrastruktur heimsuchen werden.

 

Die Ursache für eine solch historische Wetterlage, wie sie Österreich nun mehrere Tage lang in Atem hielt, speist sich aus mehreren Faktoren. Herunterbrechen lässt es sich auf einen Mix aus sehr kalter Luft aus der Arktis und warmer, extrem feuchter Luft aus dem Mittelmeerraum.

Besonders Letztes ist auf die Klimaerwärmung zurückzuführen, betont Douglas Maraun, Leiter der Forschungsgruppe Regionales Klima am Grazer Wegener Center for Climate and Global Change. Generell führe ein wärmeres Klima zu stärkeren Extremniederschlägen, weil warme Luft deutlich mehr Feuchtigkeit aufnehmen kann – pro Grad Celsius sieben Prozent mehr.

Die extrem hohen Meeresoberflächentemperaturen im nördlichen Mittelmeer, die teils die 30°-Grenze überschritten, ermöglichten der darüber ziehenden Luft, mehr Wasserdampf als sonst aufzunehmen. Diese enormen Wassermassen haben sich dann in Form von Starkregen, ab mittelhohen Lagen auch als Schneefälle, über weiten Teilen Österreichs entladen. Hinzu kam, dass diese Wetterlage im sogenannten Nordstau der Alpen über Tage in Ostösterreich verharrte.

In den besonders betroffenen Gebieten im Bundesland Niederösterreich gab es allein in den fünf Tagen des Starkregens zwischen 120 und 160 Prozent mehr Niederschlag als bei vergangenen vergleichbaren Extremereignissen seit 1961. Viele Meteorologen haben übrigens bereits im Sommer auf die Möglichkeit solcher Ereignisse im Zuge des Rekordsommers hingewiesen und vor solchen Gefahren für den Herbst gewarnt.

Das aktuelle Starkregenereignis folgte nämlich einer langen Periode mit Hitze und Trockenheit. Für die verheerenden Überschwemmungen sorgte dann die Kombination aus katastrophalen Niederschlägen, die auf eine teilweise geschädigte Vegetation und sehr trockenen Böden traf, welche die Wassermassen nicht mehr aufnehmen konnten.

Diese wachsende Gefahr von Überschwemmungen und Murenabgängen bedroht neben Menschenleben nicht nicht nur unsere Verkehrs- und Energieinfrastrukturen, sondern auch die Landwirtschaft und damit unsere Ernährungssicherheit. Verschärfender Faktor auch hier: die in Österreich nach wie vor hohe Bodenversiegelung, da durch sie wertvolle natürliche Wasserspeicher verloren gehen. Besonders problematisch ist der Verlust von sogenannten Retentionsflächen, auf denen überschüssiges Wasser sicher gesammelt werden kann.

Um besser auf künftige Extremwetterereignisse vorbereitet zu sein, sind gezielte Maßnahmen der Anpassung an die bereits veränderten Klimabedingungen unverzichtbar. Dazu gehören auch Schutz und Erhaltung unversiegelter Böden, um den natürlichen Wasserhaushalt zu bewahren und einen nachhaltigen Hochwasserschutz sicherzustellen.

Besonders wichtig – und auch darin herrscht in der Klimawissenschaft Einigkeit – ist es, die Treibhausgas-(THG)-Emissionen weiter zu reduzieren, um die weitere Destabilisierung des globalen Klimasystems zu verhindern und das Überschreiten der Anpassungsfähigkeit sowie von Kipppunkten im Klimasystem zu vermeiden.

Aus österreichischer Sicht gibt es dazu durchaus erfreuliche Nachrichten: aktuelle Berechnungen des Umweltbundesamtes bestätigen nämlich, dass Klimaschutzmaßnahmen hierzulande bereits wirken und klimaschädliche Treibhausgase in Österreich laut „Nowcast“-Prognose im Jahr 2023 weiter gesunken sind – sogar deutlicher, als zuletzt vorhergesagt. Der Rückgang der klimaschädlichen Treibhausgas-Emissionen fällt mit minus 6,4 Prozent höher aus als ursprünglich prognostiziert und entspricht einem Rückgang von 4,7 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten.

Damit ist Österreich weiter auf dem Weg Richtung Klimaneutralität 2040 und hat auch mit zahlreichen Initiativen des Klimaschutzministeriums (BMK) bewiesen, dass mit einem konsequenten Ausbau der erneuerbaren Energien, einer wirksamen Sanierungsoffensive und dem erfolgreichen KlimaTicket zur Verkehrswende, THG-Emissionen nachhaltig zu reduzieren sind.

Zurück zum Hochwasserschutz: Da sind Renaturierungsmaßnahmen und ähnlich naturbasierter Hochwasserschutz langfristige win-win-win Lösungen zum Schutz von Menschen und Umwelt. Über Renaturierungen können Überschwemmungsflächen zurückgewonnen und Hochwasserrisiken verringert werden. Die Pläne, von geschädigten Gewässern bis 2030 EU-weit mindestens 25.000 Flusskilometer in frei fließende Flüsse rückzuverwandeln, betreffen selbstverständlich keine Bauten, die dem Hochwasserschutz dienen. Das muss an dieser Stelle aufgrund sehr vieler Falschmeldungen dazu auch noch einmal klar geäußert werden. Ebenso wenig beträfe es Einrichtungen für die Produktion erneuerbarer Energie, für die Binnenschifffahrt oder die Wasser-Bereitstellung.

Vielmehr geht es um die natürliche Vernetzung von Oberflächengewässern, damit zum Beispiel natürliche Überflutungsflächen wieder angebunden werden. Auch sollen wieder Auen geschaffen werden, die neben dem ökologischen Wert auch Pufferzonen für Hochwasser darstellen. Zudem kann durch die Revitalisierung von Flussläufen und die Wiederherstellung von Mäandern die Fließdynamik verbessert werden.

Fest steht, dass Österreichs Regionen und Gemeinden bereits heute massiv durch die Folgen des Klimawandels betroffen sind. Damit neben allen Klimaschutzmaßnahmen auch direkte Folgen der Klimakrise wie etwa Starkregenereignisse, umsichtig und ohne negativen Auswirkungen auf andere Bereiche, gelöst werden können, unterstützt das BMK mit dem KLAR! Programm des Klima- und Energiefonds schon jetzt 91 österreichische Regionen mit über 800 Gemeinden und mehr als 2,2 Millionen Einwohnerinnen dabei, Schäden durch Klimafolgen – wie beispielsweise Hochwasser – zu vermindern.

https://infothek.bmk.gv.at/renaturierungsgesetz-nature-restoration-law/